Fußball:Schalke 04 hat ein Manager-Problem

FC Schalke 04 v FC Ingolstadt - Bundesliga

"Ich bin aufrecht hier reingekommen und werde aufrecht wieder rausgehen", sagt der derzeitige Schalke 04 Manager Horst Heldt.

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Der Schalker Sportmanager Horst Heldt leitet noch bis Sommer die Geschäfte, obwohl er in ein paar Monaten vom Mainzer Christian Heidel ersetzt wird.
  • Held sagte zwar, dass er aufrichtig gehen möchte. Dennoch packt er einige wichtige Themen nicht mehr an.
  • Gerüchte sagen, dass Heidel schon im April seinen neuen Posten auf Schalke übernimmt.

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Der unvergleichliche Fritz von Thurn und Taxis geriet am Freitagabend auf seine unvergleichlich liebenswürdige Art ins Schwärmen, als der Mainzer Offensivspieler Christian Clemens mit dem Ball durchs Bild lief. "Sssennnnnsationelles Tor neulich gegen Mönchengladbach", rief der Sky-Reporter in Erinnerung, während sich Clemens mühte, mit seinen Mainzern einen Angriff auf das Tor von Schalke 04 zu starten.

Nicht erwähnt hat Thurn und Taxis allerdings, dass dieser Clemens in den bilateralen Beziehungen zwischen Mainz 05 und Schalke 04 eines von mehreren schwierigen Themen darstellt. Der 24-Jährige ist als Schalker Leihgabe in Mainz aktiv, im Sommer tritt wieder sein Vertragsverhältnis in Gelsenkirchen in Kraft. Zwar könnten die Mainzer von einer Kaufoption Gebrauch machen und den Stammspieler Clemens fest übernehmen. Die vor anderthalb Jahren zwischen den Klubs vereinbarte Transfersumme liegt laut kicker bei rund drei Millionen Euro. Aber so einfach ist das nicht.

Bei der Entscheidung über den Verbleib von Clemens befindet sich der zuständige Mainzer Sportchef Christian Heidel unweigerlich im Zwiespalt, denn bekanntlich soll Heidel spätestens im Sommer die sportlichen Geschäfte in Schalke übernehmen. Schon die Etikette erlaubt es ihm nicht, den Kaufbeschluss zu treffen: Im Namen seines alten Arbeitgebers gäbe er Geld aus, das seinem neuen Arbeitgeber zugute käme. Also wird einstweilen abgewartet, bis sich die Fronten geklärt haben.

Heidels Verpflichtung in einer englischen Woche zu verkünden, ist riskant

Dies soll nun am Sonntag geschehen, dann kommt Schalkes Aufsichtsrat vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart zusammen und beschließt satzungsgemäß den anstehenden Wechsel in Vorstand und Geschäftsführung. Heidel, 52, soll dann an die Stelle von Horst Heldt, 45, treten, dessen Vertrag im Sommer ausläuft. Mainz hat seine Nachfolgelösung bereits arrangiert: Rouven Schröder, 40, bisher Sportmanager bei Werder Bremen, soll angeblich schon im April die Arbeit aufnehmen.

Dass die Schalker Aufsichtsräte die prominente Personalie mitten in einer englischen Woche (am Donnerstag spielt Schalke in der Europa League bei Schachtjor Donezk) an einem Spieltag abhandeln wollen, kann man durchaus für gewagt halten. Im Falle zweier Niederlagen ist hochgradig gesteigerte Aufregung garantiert, wie üblich wird wieder vom Chaosklub die Rede sein. Doch auch wenn die zentralen Fragen geklärt und die Formalitäten erledigt sind, bleibt die Übergabe der Amtsgeschäfte in Gelsenkirchen schwierig.

Im Herbst - als der Wechsel im Schalker Management bekannt wurde - hatte sich Heldt vom Aufsichtsrat zusichern lassen, dass er seine Arbeit bis zum Ende der Vertragsfrist mit vollen Kompetenzen fortsetzen dürfe. "Ich bin aufrecht hier reingekommen und werde aufrecht wieder rausgehen", kündigte er an, und damit hat er's ernst gemeint.

Heldt besitzt nicht mehr den vollen Rückhalt im Verein

Oberflächlich betrachtet hat die riskante Konstruktion bisher gehalten. Heldt verpflichtete in der Winterpause zwei Spieler - das Talent Alessandro Schöpf für immerhin fünf Millionen Euro und die Leihgabe Younes Belhanda -, trieb die Arbeit mit Nachwuchsprofis voran und verlängerte die Verträge mit den Überzeugungsschalkern Ralf Fährmann und Benedikt Höwedes. Seine Bemühungen, Verteidiger Joel Matip zu halten, blieben erfolglos, aber das hatte nichts mit der absehbar vergänglichen Stellung als Manager zu tun. Schwieriger ist da schon sein Verhältnis zu Trainer André Breitenreiter. Die volle Autorität eines Vorgesetzten besitzt Heldt nicht mehr.

Andere Personalfragen stoßen ebenfalls an unsichtbare Grenzen: Da scheint sich Heldt zu fragen, ob er noch zuständig ist; oder ob er überhaupt noch zuständig sein möchte. Bei Roman Neustädter etwa, Aushilfsstammspieler in der Innenverteidigung, endet im Sommer der Vertrag. Perspektive? Offen.

Mit Stürmer Eric-Maxim Choupo-Moting und Verteidiger Sead Kolasinac müsste der Verein über den nächsten Vertrag reden, beide sind nur bis 2017 gebunden. Ferner stellt sich die Frage, ob man als Ersatz für Matip einen neuen, erfahrenen Innenverteidiger anschafft; ob und wie das defensive Mittelfeld verstärkt wird; und was aus dem teuren, aber zuletzt nur noch wenig schlagkräftigen Mittelstürmer Klaas-Jan Huntelaar wird. Lauter Themen, die Heldt jetzt anpacken müsste, weil es im Sommer zu spät sein könnte.

Kommt Heidel schon im April?

Idealerweise würde sich Heldt mit Heidel zu diesen Fragen abstimmen, das tut er aber nicht. Was nicht etwa daran liegt, dass er Heidel nicht leiden könnte. "Ich hätte ja kein Problem damit, mit ihm zu reden", versichert Heldt. Doch Heidel kann es sich als Sportchef von Mainz 05 gar nicht leisten, mit dem Manager eines konkurrierenden Klubs personalpolitische Beratungen für die nächste Saison anzustellen. Zumal da Schalke und Mainz derzeit punktgleich dastehen und somit um dieselben Europacupplätze wetteifern.

Fraglich ist, ob Heldt und Heidel unter diesen Umständen tatsächlich bis Saisonende die Arbeit fortsetzen. Gerüchte besagen, dass Heidel schon im April auf Schalke übernehmen soll.

Es ist schon früher vorgekommen, dass ein künftiger Schalker Manager zwischen die Linien geraten ist. Der unvergleichliche Rudi Assauer hat das Problem damals auf seine Art gelöst, wie er später erzählte: Morgens habe er Yasuhiko Okudera für seinen alten Klub Werder Bremen verpflichtet, am Nachmittag Norbert Janzon für Schalke 04. Das waren allerdings andere Zeiten.

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