FC Liverpool:Von Mourinho erfolgreich zerstört

Manchester United v Liverpool - Premier League

José Mourinho (Mitte) spricht mit Marcus Rashford, Jürgen Klopp sieht zu.

(Foto: Getty Images)
  • Der FC Liverpool verliert 1:2 gegen Manchester, der überragende Lauf des Klopp-Teams ist damit gestoppt.
  • ManUnited-Coach Mourinho ist einmal mehr mit seiner Zerstörungstaktik erfolgreich.
  • Hier geht es zur Tabelle in England.

Von Daniel Wagner

So sieht man ihn selten. Es war noch nicht einmal die erste Halbzeit im Old Trafford zu Ende gespielt, da stand Jürgen Klopp schon regungslos am Spielfeldrand. Er blies von Zeit zu Zeit die Wangen auf, während er mit leerem Blick kleine Schlucke aus seiner Wasserflasche nahm. Er wirkte fast resigniert. Da war nichts von der typischen Klopp-Attitüde: kein Zähnefletschen, wildes Gestikulieren oder lautstarkes Antreiben. 2:0 stand es bereits, nach 24 Minuten war es Manchester United schon gelungen, zwei Chancen in zwei Tore zu verwandeln.

Die Effizienz bestätigte jene Beobachter, die vom typischen Mourinho-Fußball sprechen: den Gegner seiner Stärken berauben, kompakt stehen, Chancen nutzen. Der Mourinho-Fußball sollte am Ende für einen 2:1-Sieg reichen, und er sollte eine beachtliche Aufholjagd des FC Liverpool vorerst stoppen.

Die Schwäche auf der rechten Abwehrseite

Die englische Meisterschaft wird in dieser Saison an Pep Guardiolas Manchester City gehen, das bezweifelt niemand mehr. Das 200. Derby zwischen United und Liverpool war also der Kampf um Platz zwei. Im Vorfeld des Derbys war auf der Insel intensiv über das Duell der Systeme debattiert worden. Das Duell also zwischen Klopp mit seinem auf extremes Gegenpressing und schnelle offensive Außen ausgerichtetes Spiel, das er selbst "Heavy-Metal-Fußball" nennt, und dem Defensiv-Fetischisten José Mourinho. Zudem ist Mourinho dafür bekannt, seine Teams so einstellen zu können, dass diese an guten Tagen die Schwächen des Gegners eiskalt auszunutzen vermögen.

Eine Schwäche hatte der Portugiese offensichtlich in Liverpools rechter Abwehrseite in Person von Trent Alexander-Arnold ausgemacht. So fiel das 1:0: Nach weitem Abschlag von David de Gea verlängerte Romelu Lukaku per Kopf auf Stürmer Marcus Rashford, der in den Strafraum eindrang, Alexander-Arnold austanzte und trocken ins lange Eck vollstreckte (14.). Das 2:0 fiel ähnlich: Wie schon vor dem ersten Treffer ging dem Tor ein Abschlag von Torwart David de Gea voraus, Lukaku behauptete den Ball zentral vor dem Strafraum und spielte Juan Mata an. Der zog ab, dessen Schuss wurde geblockt, doch Rashford verwertete den Nachschuss (24.).

In der zweiten Halbzeit war nicht unbedingt am Spiel, aber immerhin am Einsatz der Reds zu erkennen, dass sie unbedingt den Anschlusstreffer erzielen wollten. Jürgen Klopp näherte sich ebenfalls seiner üblichen Betriebstemperatur an, indem er seinen Spielern und dem Schiedsrichtergespann lautstark seine Meinung mitteilte. Die Reds waren unter der Woche ins Champions-League-Viertelfinale eingezogen und hatten vor dem Spiel gegen Manchester in 20 Ligaspielen nur einmal verloren. Der wegen der hohen Ablösesumme von rund 80 Millionen Euro skeptisch betrachtete Wintertransfer Virgil van Dijk hatte die in der Hinrunde so anfällige Abwehr stabilisiert, Stürmer Mohamed Salah traf regelmäßig, es lief gut für Klopp. "Wir entwickeln uns im Moment gut. Jetzt müssen wir so weiter machen", hatte er gesagt. Doch das Spiel am Samstag war ein kleiner Schritt zurück.

Hätte Liverpool einen Elfmeter bekommen müssen?

Obwohl sie etwas zwingender wurde, erspielte sich Klopps Elf auch in der zweiten Halbzeit keine klaren Torchancen. So fiel das 1:2 eher überraschend: Nach einer unplatzierten Flanke von Sadio Mané lenkte Manchesters Innenverteidiger Eric Bailly den Ball mit der Hacke ins eigene Tor. Es gelang Liverpool kaum, in die gefährlichen Zonen zu gelangen. Eine große Rolle spielte dabei, dass ManUnited, ohne den verletzten Paul Pogba angetreten, permanent mit langen Bällen operierte und dadurch die Zonen mied, in denen Liverpools Spieler Dynamik und Tempo entwickeln können. Somit gelang es den Reds so gut wie nie, ihr schnelles Gegenpressing auszuspielen. Manchester nahm Liverpool den Spielrhythmus, und das genügte. Jürgen Klopp war allerdings nach dem Spiel der Ansicht, dass seine Mannschaft in der Schlussphase von Schiedsrichter Craig Pawson ein Elfmeter verwehrt wurde: "Das war ein ganz klares Foul von Fellaini an Sadio Mané."

José Mourinho war hingegen mit der Aggressivität seiner Spieler sehr zufrieden: "Liverpool hatte dann zwar viel Ballbesitz in der zweiten Halbzeit, doch ich kann mich an keine einzige wirklich gefährliche Situation des Gegners erinnern", sagte er. In der Öffentlichkeit ist Mourinho schon häufig dafür kritisiert worden, dass seine Taktik nur auf Spielzerstörung ausgerichtet sei. Doch er war damit mal wieder erfolgreich.

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