FC Ingolstadt:Die Anti-Bayern

FC Ingolstadt 04 - Eintracht Frankfurt

Seht her, ich kann schießen! Pascal Groß nach seinem ersten Bundesligator gegen Frankfurt. Meist aber ist er Dienstleister und bereitet die Treffer vor.

(Foto: Armin Weigel/dpa)

Die Minimalisten aus Ingolstadt kämpfen ihre Gegner regelmäßig müde - das klappt jetzt sogar in Heimspielen. Am Ende steht ein 2:0 gegen Frankfurt.

Von Maik Rosner, Ingolstadt

Zwischendurch hatte sich Pascal Groß schon hinter den Kollegen angestellt. Geduldig wartete er zunächst, doch weil die Mitspieler so eifrig und ausführlich über den ersten Heimsieg des FC Ingolstadt in der ersten Bundesliga Auskunft gaben und kein Mikrofon mehr frei war für den Mann des Tages, bog Groß noch einmal unverrichteter Dinge zurück in den Kabinengang. Eine Stunde nach dem Schlusspfiff holte der 24-Jährige die Medienpflichten schließlich nach, und zwar ähnlich genügsam, wie es der Spielweise des Aufsteigers entspricht. In jenen fast zehn Minuten, in denen er über die gleich drei Premieren sprach - über das von ihm erzielte erste Heimtor in der neuen Umgebung, über sein erstes Saisontor und den ersten Dreier im kleinen Sportpark -, in diesen fast zehn Minuten also kam auch ausführlich zum Ausdruck, was die Oberbayern so überraschend erfolgreich macht. Wie etwa beim 2:0 gegen Eintracht Frankfurt durch die Tore von Groß (78.) und Stephan Lex (84.).

"2:0 - das ist für unsere Verhältnisse fast ein Kantersieg."

"Wenn man immer so viel investieren und jedes Spiel verlieren würde, würde man anfangen zu zweifeln. Aber so merkt man einfach, dass es sich lohnt", sagte Groß. Und dann erinnerte er nach dem "Traumstart" mit 14 Punkten an die Verläufe der bisherigen acht Spiele. "Das einzige Mal, dass wir unter die Räder geraten sind, war gegen Dortmund", sagte er und meinte die 0:4-Heimniederlage. "Ansonsten war es gegen jede Mannschaft auf des Messers Schneide", sagte Groß mit einigem Stolz.

Dass es meist sehr eng zugeht in Spielen mit Ingolstädter Beteiligung, hat Methode. Das Ziel steht über dem Stil. Die Ingolstädter zwingen dem Gegner ein körperbetontes, verdichtetes Spiel auf, mit vielen Zweikämpfen, langen Bällen und wenigen Chancen. Sie ermüden den Gegner damit und nutzen ihre wenigen Gelegenheiten erstaunlich kühl. Sie sind gewissermaßen das Gegenmodell zum FC Bayern, der die Konkurrenz müde spielt, nicht müde rumpelt, wie das manche etwas böse für den FCI formulieren. Weil Trainer Ralph Hasenhüttl jedoch weiß, dass spielerische Mittel allein zu einem derartigen Erfolg kaum ausreichen dürften, nennt er es lieber einen "Abnützungskampf". Und in diesem lassen sich die feinfüßigen Gegner auf ein ungewohntes Niveau herunterziehen.

Das ließ sich auch gegen die Frankfurter beobachten, bei denen Verteidiger Marco Russ "das mit Abstand schlechteste Spiel seit langem" erkannte und die Leistung der Eintracht gar als "Frechheit" einstufte. Auch Trainer Armin Veh betrachtet die jüngste Entwicklung mit Sorge. Das spektakuläre 6:2 gegen Köln am vierten Spieltag habe wohl "die Sinne vernebelt"; man müsse nun "sehr wachsam" sein.

In Ingolstadt ließ sich das nicht erkennen, die Eintracht lief in die Falle. Lange war es ja ein zähes, unansehnliches Ringen gewesen, mehr Schwung kam erst in die Partie, als der FCI begann, dosiert die Offensive zu beleben - vor allem dank Groß, der über die Anlagen verfügt, runtergedimmte Spiele mit einem besonderen Moment in die gewünschte Richtung zu lenken. Mit einem wuchtigen Distanzschuss, der vom Innenpfosten ins Netz prallte, hatte der Mittelfeldspieler die Führung erzwungen. Schon in der Aufstiegssaison hatte es Groß auf sieben Tore und herausragende 22 Vorlagen gebracht, die meisten davon nach Standards. Nun sind es bisher ein Tor und zwei Vorlagen, womit Groß an der Hälfte aller Erfolgserlebnisse des FCI beteiligt war. Für die überragende Zwischenbilanz reichten ja sechs Tore, dank dreier 1:0-Auswärtssiege und zweier Remis (0:0 und 1:1) zuvor. Ebenso beachtlich ist, dass die Oberbayern erst in drei der acht Spiele Gegentore hinnehmen mussten - erfolgreicher Minimalismus also.

"Wahnsinn, ein Kantersieg für unsere Verhältnisse", scherzte Groß nach dem 2:0. Das ist wohl das Erfolgsgeheimnis der Ingolstädter: Sie wissen sehr genau, was sie können - und was nicht.

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