Bayern-Remis in Gladbach:Null Kratzer am Selbstverständnis

Borussia Moenchengladbach v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Mario Götze (re.): Traf auf ebenbürtige Gegner

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der FC Bayern steht oben, aber der Verfolger ist nah. Das 0:0 in Mönchengladbach lässt den gegenseitigen Respekt der Spitzenklubs wachsen. Die Rolle des "Bayern-Jägers" lehnen die Gladbacher ab - sie wollen selbst gejagt werden.

Von Maik Rosner, Mönchengladbach

Die Laune schien bestens zu sein. Gleich neben dem Spielertunnel plauschten die Assistenztrainer Hermann Gerland und Frank Geideck amüsiert miteinander. Auch Geidecks Mönchengladbacher Kollege, Torwarttrainer Uwe Kamps, lauschte den beiden anderen Fußballlehrern mit erkennbarem Vergnügen.

Einige Meter weiter im Kabinengang lachten die Herren aus den Chefetagen der Borussia und des FC Bayern derart laut, dass der Eindruck entstehen konnte, es sei mindestens ein guter Witz erzählt worden. Sportdirektor Max Eberl jedenfalls prustete wie Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, Präsident Karl Hopfner und dessen Vize Rudolf Schels.

Es ließ sich nicht ermitteln, worum es in den offenbar sehr launigen Gesprächen gegangen war. Aber mit ziemlicher Sicherheit darf nach diesem 0:0 im Topspiel der Bundesliga festgehalten werden, dass die Gladbacher und Münchner gleichermaßen gut mit der Punkteteilung leben konnten.

"Ich bin zufrieden mit diesem Punkt", sagte der Münchner Trainer Pep Guardiola angemessen zurückhaltend. "Der Punkt tut uns nicht weh", sagte Thomas Müller. Und Torwart Manuel Neuer, der seine Mannschaft mit einer Handvoll hochklassiger Paraden vor der möglichen ersten Saisonniederlage bewahrt hatte, resümierte: "Wir sind zufrieden mit unserer Position, wir sind Erster." Auch er grinste vergnügt.

Die Münchner haben wenig Zweifel daran gelassen, weiterhin fest mit diesem Tabellenplatz zu kalkulieren. Müller etwa sprach in Bezug auf die Borussia von einem "aktuellen Konkurrenten". Das Selbstverständnis hatte wenig Schaden genommen, obwohl nach einer überlegen geführten ersten Halbzeit der zweite Durchgang einige Turbulenzen für sie bereitgehalten und vor allem Neuer den Punktgewinn ermöglicht hatte.

Gleichwohl stellen sie sich nun durchaus darauf ein, dass die Borussia dauerhaft als erster Konkurrent im Rückspiegel sichtbar werden könnte, wenngleich mit einigem Abstand. "Gladbach hat es sehr gut gemacht", sagte Müller anerkennend. "Ich glaube nicht, dass sie viele Plätze verlieren werden. Das ist eine sehr, sehr gute Mannschaft", befand Kapitän Philipp Lahm.

Qualitätsprüfung überstanden

Schon vorab hatte Guardiola die Europa-League-Teilnehmer aus Gladbach höflich als "Champions-League-Mannschaft" bezeichnet. Während des Spiels wirkte er angespannt, legte sich in der Nachspielzeit sogar mit der vierten Offiziellen Bibiana Steinhaus an, was jedoch folgenlos blieb. Nach dem mutigen und taktisch geschickten Auftritt der Elf von Trainer Lucien Favre war der Respekt vor dem Zweitbesten noch ein bisschen größer geworden.

Auch die Gladbacher trauen sich zumindest genug Konstanz zu, hinter den Münchnern den Rest der Liga anzuführen. Beim Vergleich am Sonntagabend habe sich die Mannschaft "in der Summe auf Augenhöhe" mit dem FC Bayern bewegt, stellte Sportdirektor Max Eberl stolz fest und lobte eine "unglaubliche Stabilität", nach 15 Saisonspielen ohne Niederlage. Die jüngste Vorstellung der eigenen Elf stufte Eberl zudem als "bemerkenswert" ein. Verblüfft klang er dabei nicht.

Das Selbstvertrauen der Spieler war nach dieser mit Bravour bestandenen Qualitätsüberprüfung sogar noch ein bisschen ausgeprägter. "Nach dem neunten Spieltag lügt die Tabelle nicht", erklärte Christoph Kramer, beinahe im amtlichen Tonfall: "Dann sind wir halt die zweitbeste Mannschaft im Moment in Deutschland, dann ist das halt so." Und wenn Neuer "nicht seinen besten Tag erwischt, dann gewinnen wir das Ding wahrscheinlich", ergänzte Kramer.

Sie hatten ja in der Tat weniger Torchancen zugelassen, als sie sich selbst erkontert hatten. Wie bei André Hahns Flachschuss, der wohl besten Möglichkeit des Spiels. "Ich treffe den Ball perfekt, den hält nicht jeder Torwart, aber er hält den überragend", sagte Hahn und lobte Neuer ein wenig ehrfürchtig: "Er ist der beste Torwart der Welt." Was Gladbachs Schlussmann Yann Sommer einerseits mit seiner Fachexpertise bestätigte; Neuer habe "gezeigt, dass er Weltklasse ist". Zugleich war es ihm ein Anliegen hervorzuheben: "Wir haben sehr viel Qualität."

Nur mit dem Begriff "Bayern-Jäger" kann der Schweizer Nationaltorwart trotz aller Freude über Platz zwei nichts anfangen. "Interessiert uns nicht", sagte er knapp, "ich fühle mich als Gladbach-Spieler." Seine Antwort auf die Nachfrage, ob es denn "Gladbach-Jäger" gebe, zeugt vom neuen Selbstbewusstsein bei der Borussia. Sommer sagte: "Natürlich gibt es 'Gladbach-Jäger'". Der Torwart hat das durchaus ernst gemeint.

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