FC Bayern spielt Remis gegen Gladbach:Zufrieden - und doch ein bisschen böse

Lesezeit: 3 min

Spieler des FC Bayern: Grüße an die Fans. (Foto: dpa)

Der FC Bayern archiviert das Unentschieden gegen Borussia Mönchengladbach recht schnell und spricht lieber über die äußerst gelungene Bundesliga-Hinrunde. Bei Javi Martínez gibt es mittlerweile Entwarnung - nur die Aktionen von Jérôme Boateng trüben die vorweihnachtliche Zufriedenheit.

Von Jürgen Schmieder

Sportjournalisten sind mittlerweile daran gewöhnt, dass Uli Hoeneß - seit er Präsident des FC Bayern ist und nicht mehr Manager - nach den Spielen seines Vereins nichts sagen will. Er schlendert nach dem Besuch der Mannschaft in der Kabine durch die Mixed Zone und wehrt sämtlich Anfragen freundlich oder genervt oder freundlich-genervt ab. Dann lächelt er und verlässt den Raum.

Umso erstaunlicher war, dass Hoeneß nach dem Unentschieden gegen Borussia Mönchengladbach tatsächlich nicht abwehrte, sondern stehenblieb und sprach. Er war auch nicht freundlich oder genervt. Nein, der Präsident war entspannt. Ja, wirklich: entspannt. Genau das sagte er auch: "Wir können total gelassen und sehr, sehr zufrieden in die Winterpause gehen."

Hoeneß wirkte derart zufrieden, als hätte er vor dem Spiel kein Gespräch mit den Fans des FC Bayern gehabt, sondern mit dem Fußballgott höchstselbst - und als hätte dieser Fußballgott versprochen, dass der FC Bayern am Ende der Saison nicht nur die Deutsche Meisterschaft gewinnt, was angesichts von mindestens neun Punkten Vorsprung noch wahrlich keine forsche Prophezeihung wäre. Sondern als hätte dieser Gott auch noch den DFB-Pokal und die Champions League draufgelegt und den Weltpokal noch mit dazu.

Die anderen Verantwortlichen wirkten ähnlich gelassen wie Hoeneß: Trainer Jupp Heynckes sagte: "Ich bin sehr zufrieden." Vereinsboss Karl-Heinz Rummenigge sagte: "Wir stehen nach wie vor mit großem Vorsprung an der Spitze, wir können sehr zufrieden sein, wir haben die Voraussetzung dafür geschaffen, dass wir auch am Ende vorne stehen." Sportdirektor Matthias Sammer sprach über seine Emotionen am Spielfeldrand ("Man muss das gar nicht inhaltlich bewerten") und seine Fitness ("Der Speck setzt langsam an, aber ich hab's im Griff"), aber auch er gab zu, wenigstens "nicht unzufrieden" zu sein.

Über die Partie gegen Gladbach sprach kaum jemand beim FC Bayern. Warum auch? Man mühte sich, dieses 1:1 schnell zu archivieren und nur nicht allzu tief zu analysieren - denn das hätte die allgemeine Zufriedenheit wohl ein wenig getrübt. Es war nämlich so, dass die Gladbacher lange Zeit die forschere, kreativere und spielstärkere Elf war an diesem Abend, während die Bayern eher den interessierten Zuseher gaben. Oder wie Kapitän Philipp Lahm es formulierte: "Die erste Halbzeit haben wir verschlafen."

Die Münchner hatten kaum Gelegenheiten im ersten Abschnitt, sie mussten gar den Rückstand hinnehmen, weil Jérôme Boateng den Ball im Strafraum an die Hand bekommen hatte und Thorben Marx den Strafstoß recht humorlos verwandelte. Die Münchner verloren darüber hinaus Javi Martínez, der nach einem unabsichtlichen Zusammenstoß mit Martin Stranzl ins Krankenhaus gebracht werden musste. "Er hat einen Bluterguss und kann aktuell auf dem linken Auge nichts sehen", sagte Heynckes nach dem Spiel.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Vor der Lasershow noch einen Boateng hinlegen

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Aus dem Stadion von Jürgen Schmieder

Mittlerweile hat der Verin Entwarnung gegeben: Martínez habe eine Quetschung des Augapfels sowie eine leichte Verletzung der Hornhaut erlitten, er soll bereits am Montag wieder trainieren können. Aus medizinischer Sicht soll auch einem Einsatz im Achtelfinale des DFB-Pokals am Dienstagabend beim FC Augsburg nichts im Wege stehen.

Javi Martinez: Verletzung am Auge. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Erst nach dem Wechsel wehrten sich die Münchner, sie erspielten sich Torchancen und kamen durch eine schöne Aktion von Xherdan Shaqiri zum Ausgleich. "Ich habe darauf spekuliert, dass ein Fehler passiert, dann habe ich den Ball abgeluchst und ihn ins Tor geschossen", kommentierte der Schweizer Dribbler seinen ersten Bundesliga-Treffer.

Zum Siegtreffer indes reichte es nicht mehr, was auch daran lag, dass Gladbachs Torhüter Marc-André Ter Stegen einen herausragenden Abend erwischt hatte. "Er war der beste Mann auf dem Platz. Er hat überragend gehalten", sagte Heynckes danach, "Wir hatten viele Torchancen, aber wir haben es nicht geschafft, die zu nutzen. Ich mache meiner Mannschaft keinen Vorwurf."

Die Spieler des FC Bayern wussten nach der Partie auch nicht wirklich, was sie mit ihr anfangen sollten. Die Einschätzungen schwankten deshalb auch von "sehr ärgerlich" (Jérôme Boateng) bis hin zu "auch mal mit einem Punkt zufrieden sein" (Philipp Lahm). Die Spieler sprachen lieber über die Bundesliga-Hinrunde (Tenor: "sehr zufrieden"), die anstehende Weihnachtsfeier (Tenor: ein Glas Alkohol ist erlaubt) und die DFB-Pokal-Partie in Augsburg am Dienstag (Tenor: volle Konzentration).

Und natürlich ging es schon um die Rückrunde, die am 2. Januar mit dem traditionell härtesten und besten Trainingslager aller Zeiten beginnt und natürlich auf dem Rathausbalkon mit möglichst vielen Trophäen in der Hand enden soll. "Wir müssen so weitermachen wie bisher", sagte etwa Shaqiri.

Sie waren also alle sehr zufrieden beim FC Bayern. Obwohl, das stimmt dann doch nicht. Die Situation, die zum Elfmeter-Gegentor geführt hatte, die ärgerte die Münchner dann doch. Nein, es beschwerte sich nur einer darüber, dass Schiedsrichter Tobias Welz auf Strafstoß entschieden hatte. Das war Jérôme Boateng: "Ich weiß nicht, wie er auf die Idee kommt, da Elfmeter zu pfeifen."

Die Verantwortlichen Heynckes, Rummenigge und Sammer dagegen akzeptierten die Entscheidung - Hoeneß ging sogar einen Schritt weiter: "Wenn ich so hingehe, darf ich mich nicht wundern, wenn der Schiedsrichter pfeift." Ähnliche Worte hatte der Präsident auch schon nach Boatengs Feldverweis in der Champions League verwendet - und es war der einzige Moment an diesem Abend, an dem Hoeneß genervt wirkte.

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Boateng darf das durchaus als Botschaft verstehen, dass er mit seinen Aktionen zuletzt die vorweihnachtliche Zufriedenheit beim FC Bayern doch ein wenig gestört hat.

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