FC Bayern:Wo Heynckes' zweite Liebe hinfällt

FC Bayern: Jupp, der junge Hüpfer: Heynckes 1977 in seiner ersten Paraderolle - als Mönchengladbach-Stürmer.

Jupp, der junge Hüpfer: Heynckes 1977 in seiner ersten Paraderolle - als Mönchengladbach-Stürmer.

(Foto: S. Simon/Imago)
  • Jupp Heynckes wird ziemlich sicher bald als neuer Trainer des FC Bayern München vorgestellt.
  • Sein langjähriger Gladbacher Weggefährte Rainer Bonhof traut dem 72-Jährigen die Aufgabe zu.
  • Doch Peter Hermann, Co-Trainer bei Fortuna Düsseldorf, spielt unerwartet eine Schlüsselrolle in der Frage, ob Heynckes zum FC Bayern zurückkehrt.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Rainer Bonhof hat am Donnerstag nicht gleich seinen Freund Jupp Heynckes angerufen, um zu gratulieren. Er wollte erst die offizielle Bestätigung abwarten. "Und dann weiß man ja auch gar nicht, ob man dem Jupp zum neuen Trainerjob gratulieren oder sein Beileid aussprechen soll", sagte Bonhof mit seinem typisch trockenen Humor. "Sich mit 72 noch mal ins heiße Bundesliga-Geschäft beim FC Bayern zu stürzen, das ist ja nicht ganz so einfach." Bonhof ist 65, sieben Jahre jünger als Heynckes. Er würde sich diesen Stress nicht mehr antun.

Genauso alt wie Bonhof ist Peter Hermann. Der frühere Co-Trainer von Heynckes in München ist derzeit Assistent von Friedhelm Funkel, 63, bei Zweitliga-Tabellenführer Fortuna Düsseldorf. Hermann spielt jetzt unerwartet eine Schlüsselrolle in der Frage, ob Heynckes zum FC Bayern zurückkehrt, denn Heynckes will Hermann unbedingt mitnehmen. Das ist eine Hiobsbotschaft für Düsseldorf.

Fortunas Geschäftsführer Robert Schäfer, einst Manager beim TSV 1860 München, hat bereits streng auf Hermanns Vertrag verwiesen. Der ist bis 2018 gültig und wäre nur gegen eine größere Summe kündbar. Dies dürfte dann wohl die höchste Ablöse werden, die im deutschen Fußball je für einen Assistenten bezahlt wurde.

Bonhof und Heynckes, die von 1970 bis 1978 zusammen für Gladbach gespielt haben und viermal Meister, einmal Pokalsieger und einmal Uefa-Cup-Sieger waren, plaudern regelmäßig miteinander über Fußball. Aber wie hätten sie ahnen können, dass mal über die Ablöse für einen 65 Jahre alten Co-Trainer gefeilscht würde? Bonhof und Heynckes diskutieren ja bevorzugt über Gladbach und allgemeine Entwicklungen: "Der Fußball hat sich seit damals gar nicht so sehr verändert", sagt Bonhof, "sie benutzen heute nur andere Begriffe." Ein bisschen Skepsis klingt da durch - und die Frage, ob die jungen Trainer heute wirklich alles besser machen.

Bayern könnte vom ältesten zum jüngsten Ligatrainer wechseln

Bonhof hat jedenfalls keine Sorge, dass sein Freund Jupp noch alles draufhat, was man im Fußball der Moderne braucht: "Es gibt kein 'zu alt' oder 'zu jung' im Fußball - es gibt nur gut oder schlecht." Und da weiß er ganz genau, wo er Heynckes einordnen muss: "Natürlich würden die Bayern einen guten Griff tun."

Mit Interesse würde sich Bonhof dann den Sommer 2018 anschauen, wie die Geschichte in München weitergeht, denn es könnte passieren, dass der FC Bayern vom ältesten Liga-Trainer (Heynckes, dann 73) zum jüngsten wechselt (Hoffenheims Julian Nagelsmann, dann immer noch 30).

Diese Volte hält die Branche für denkbar, weil Nagelsmann bereits als fertiger Trainer gilt. Allerdings legen sie bei Bayern Wert auf die Feststellung, dass Heynckes' Verpflichtung keine Maßnahme ist, um nur dieses Szenario vorzubereiten. Im kommenden Sommer sei alles denkbar. Womöglich gar, dass Heynckes länger bleibt? Unwahrscheinlich. Bonhof wäre jedenfalls baff. Er war ja schon überrascht, dass Heynckes sich den FC Hollywood überhaupt noch ein viertes Mal antun will: "Er hat doch alles erreicht, hat vor vier Jahren das Triple gewonnen." Aus Verzweiflung würde der Pensionär Heynckes, da ist sich Bonhof sicher, nicht zusagen.

In Gladbach gab es damals eine Morddrohung gegen Heynckes

"Der Jupp langweilt sich nicht als Rentner." Heynckes ist auch niemand, der sich oft in der Öffentlichkeit zeigt. Seine Besuche bei Gladbacher Heimspielen lassen sich in jeder Saison an einer Hand abzählen. Nur wenn der Klub ihn braucht für repräsentative Aufgaben, ist er zur Stelle. Im künftigen Vereinsmuseum, das neben dem Stadion errichtet wird und im Rohbau steht, werden Heynckes-Exponate einen exponierten Platz bekommen. Er hat nicht nur in zwei Etappen 14 Jahre für die Borussia gespielt, sondern war auch zweimal Trainer: von 1979 bis 1987 - und ab 2006. Doch diese zweite Phase war nicht von Erfolg gekrönt. Nach 215 Tagen trat Heynckes zurück, mangels Erfolg, aber auch, weil es eine Morddrohung gegeben hatte und er von Zivilpolizisten begleitet werden musste.

Am Morgen nach einem Nullzunull gegen Nürnberg hat Heynckes daher seinen Dienstwagen frisch gewaschen und vollgetankt zurückgegeben und seinen Vertrag ohne Forderungen auflösen lassen.

Zuletzt wollte er nicht mehr viel über sich erzählen, lehnte viele Interviews ab. Der gebürtige Mönchengladbacher lebt auf einem zur Finca umgebauten Bauernhof im Ortsteil Fischeln des Städtchens Schwalmtal; es sind nur 14 Kilometer zum Borussia-Park. Als Heynckes im März 2016 den Ehrenring der Stadt Mönchengladbach bekam, hielt sein frisch aus der Haft entlassener Freund Uli Hoeneß die Laudatio. Hoeneß dankte dabei auch Bonhof für dessen handgeschriebene Briefe ins Gefängnis. Aus Gladbach, sagte Hoeneß seinerzeit, habe er besonders viel Trost erfahren. Heynckes, Hoeneß und Bonhof sind 1974 zusammen Weltmeister geworden.

Und so suchte und fand der Präsident des FC Bayern auch jetzt wieder Zuspruch am Niederrhein. Die Sache mit München und Hoeneß, weiß Bonhof, ist für Heynckes hochemotional: "Die beiden haben das intern geregelt. Der Jupp hat mit dem FC Bayern so etwas wie eine zweite Liebe gefunden neben der Borussia."

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