FC Bayern wirbt um Lars Bender:Lösung für mehrere Schwachstellen

Der FC Bayern München möchte für die neue Saison Nationalspieler Lars Bender aus Leverkusen verpflichten. Nach den Verletzungen von David Alaba und Rafinha würde er gut in den Kader passen. Doch der Mittelfeldspieler hat erst vor der Europameisterschaft seinen Vertrag in Leverkusen verlängert.

Benedikt Warmbrunn

Jupp Heynckes tippt also ganz gerne mal eine SMS, das hat er nun verraten, aber natürlich tippt Jupp Heynckes, 67, nicht irgendeine SMS. Er ist ja eher nicht so der Smiley-Typ. Wenn Heynckes eine SMS schreibt, dann ist das zwar eine persönliche Nachricht, aber eine, für die sich mehr Menschen interessieren als nur der Empfänger.

So hat Heynckes zum Beispiel während der Europameisterschaft die eine oder andere Kurznachricht an Mario Gomez geschickt; in wenigen, aber ausreichenden Zeichen ließ er seinen Stürmer wissen, dass er die Kritik an dessen Spielweise nicht nachvollziehen könne. Außerdem hat Heynckes während der EM eine SMS an Lars Bender gesendet, und auch wenn das mehrere Wochen her ist, interessiert sich dafür plötzlich die gesamte Fußball-Bundesliga.

Zum Glück für die gesamte Fußball-Bundesliga kann sich Heynckes noch an den Wortlaut erinnern, er wiederholte ihn auf einer Pressekonferenz am Freitag in Riva del Garda. Nach dem 2:1 der deutschen Nationalmannschaft im letzten Vorrunden-Spiel gegen Dänemark schrieb der Trainer des FC Bayern an den Siegtorschützen von Bayer Leverkusen demnach folgende Worte: "Prima Leistung. Guter Einstand. Glückwunsch." 44 Zeichen, nicht mehr.

Es ist, natürlich, dennoch mehr als nur eine kurze Textnachricht. Zum Ende des Trainingslagers wurde Heynckes gefragt, ob Lars Bender eine Option sei für das zentrale Mittelfeld, und Heynckes wich nicht aus, nicht im Geringsten. Die SMS habe er "vorausschauend" geschickt, sagte der Trainer, "vielleicht trägt das ja Früchte". Er sagte es in scherzendem Tonfall. Aber er sagte es eben. Und schneller als Jupp Heynckes eine SMS tippen kann, verbreitete sich diese Meldung: Der FC Bayern bemüht sich um Lars Bender.

Bender, 23, steht in Leverkusen noch bis 2017 unter Vertrag, und Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser signalisierte am Wochenende keine Bereitschaft, den Nationalspieler vorzeitig abzugeben. Der Bild am Sonntag sagte er: "Wir haben letzte Woche eine Anfrage des FC Bayern bekommen. Aber ich habe direkt gesagt, dass wir ihn nicht abgeben werden." Er sei "verwundert", dass Jupp Heynckes das Thema - entgegen der Absprache - "indirekt öffentlich gemacht hat". Die Frage ist nun, ob das eine endgültige Absage war oder eben nur der Beginn des üblichen Pokerspiels um die Ablösesumme.

Sammer ist bekennender Bender-Fan

Dass Bender ein Transfer ist, der in das Konzept des FC Bayern passen würde, lässt sich mit einem Smiley versehen. Seit Wochen bemüht sich der Klub um Javí Martínez von Athletic Bilbao. Dessen festgeschriebene Ablöse von 40 Millionen Euro bezeichnete Heynckes jedoch als "unanständig". Vor wenigen Tagen verkündete Martínez zudem, dass er seinen bis 2016 geltenden Vertrag erfüllen wolle.

Bender würde etwa die Hälfte eines Martínez kosten, er könnte wie der Baske auf der Doppelsechs im zentralen Mittelfeld eingesetzt werden, an der Seite von Bastian Schweinsteiger. Dort überzeugten in der vergangenen Saison weder Anatoli Timoschtschuk noch Luiz Gustavo; Toni Kroos sieht Heynckes eher auf der Position hinter der Spitze. Und der Trainer kennt Bender aus seiner Zeit in Leverkusen, am Freitag etwa bekannte er, dass er sich damals an ihm "versündigt" habe, weil er aus "diplomatischen Gründen" einen anderen Spieler vorgezogen hatte; gemeint war Michael Ballack.

Zudem steht Bender - wie sein Zwillingsbruder Sven von Borussia Dortmund - für ein neues Signalwort beim FC Bayern, geprägt durch den neuen Sportvorstand und bekennenden Bender-Fan Matthias Sammer: die Siegermentalität. So sagte Heynckes am Freitag: "Wir müssen unbedingt wieder die Siegermentalität herauskramen." Er sagte nicht: aus den eigenen Spielern.

Das Interesse des Trainers an Bender dürfte noch einmal gestiegen sein, seit sich im Testspiel am Freitag gegen den SSC Neapel David Alaba und Rafinha verletzten. Linksverteidiger Alaba fällt aufgrund eines Ermüdungsbruches im linken Fuß sechs bis acht Wochen aus, Rechtsverteidiger Rafinha fehlt wegen eines Bänderrisses im Sprunggelenk vier bis fünf Wochen. Somit hat Heynckes in Diego Contento und Philipp Lahm nur noch zwei Außenverteidiger im Kader, plus die Notvariante Jérôme Boateng - und Bender kann in der Defensive auf allen Positionen eingesetzt werden, siehe das Spiel gegen Dänemark, als er rechts in der Viererkette verteidigte.

Dass Heynckes damals eine Textnachricht verschickt hatte, auch das kommentierte Holzhäuser: "Ich bin erstaunt, dass Jupp Heynckes jetzt plötzlich SMS schreiben kann."

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