FC-Bayern-Weggang Schweinsteiger:Fußballgott wandert aus

Bastian Schweinsteiger FC Bayern

Ausnahmsweise keine Heuchelei im Fußballgeschäft: Bastian Schweinsteiger und das Klubwappen des FC Bayern.

(Foto: dpa)

Wie konnte es so weit kommen? Bastian Schweinsteiger verlässt nach 17 Jahren den FC Bayern. Der Klub ist äußerst bemüht, alles in Harmonie und Einklang zu vollziehen. Oder ist doch der Trainer schuld?

Von Thomas Hummel

Woher Karl-Heinz Rummenigge angefahren kam, dieses Geheimnis wurde nicht gelüftet. Jedenfalls stand er im Stau, obwohl rund um das Münchner Stadion weit und breit kein Badesee ist. Es dauerte also, bis der Vorstandsvorsitzende das öffentlich aussprechen konnte, was alle erwarteten.

Um 14.24 Uhr kam Rummenigge in den Presseraum der Allianz Arena, wo gerade Sportchef Matthias Sammer die Spieler Joshua Kimmich und Douglas Costa vorstellte. Kimmich und Costa sind aktuelle Zugänge, und ein Zugang beim FC Bayern ist immer aufsehenerregend. Doch diesmal interessierte nicht der erste Tag von Kimmich oder Costa - sondern der letzte von Bastian Schweinsteiger.

Rummenigge verkündete, dass Bastian Schweinsteiger nach 17 Jahren den Klub verlässt. Der 30-Jährige wird, wenn beim Medizin-Check nichts mehr schief geht, zu Manchester United und dem ehemaligen Bayern-Trainer Louis van Gaal wechseln. Als Weltmeister, Champions-League-Sieger, achtfacher Meister, siebenfacher Pokalsieger. In Kolbermoor geboren, in Oberaudorf aufgewachsen, von den Fans "Fußballgott" genannt. Ein Spieler des Volkes, eine Ikone.

"Sehr fair" nennt Rummenigge die Transferinhalte

Dem Vorstandsvorsitzenden war wohl ein wenig mulmig zumute, denn er ahnte, dass er diesen Schritt ausführlich erklären musste. Wie konnte es soweit kommen?

"Bastian und ich", begann Rummenigge, "wir hatten uns ja verabredet, nach seinem Urlaub ein Gespräch zu führen." Am Freitag war es soweit. "Es war ein sehr seriöses und ausführliches Gespräch." Darin habe ihn Schweinsteiger gebeten, dass sich der FC Bayern mit Manchester auf einen Wechsel einigen solle. "Wir haben dem Wunsch entsprochen. Der Kollege von Manchester hat heute Kontakt aufgenommen. Wir haben uns im Laufe des Tages auf einen Transfer verständigt."

Beim englischen Rekordchampion soll Schweinsteiger einen Dreijahresvertrag bis 2018 erhalten. Das Gehalt soll dabei mit etwa zehn Millionen Euro jährlich unverändert bleiben, die Ablösesumme laut britischen Medien 21 Millionen Euro betragen. "Sehr fair" nannte Rummenigge die Transferinhalte.

Dem FC Bayern ist es in dieser Causa sehr wichtig, dass alles in Harmonie und Einklang mit dem 30-Jährigen geschah. Der Klub weiß um die Außenwirkung. Viele Fans sind sauer, in Internetforen und auch während der anschließenden Teampräsentation im Stadion äußerten sie ihren Unmut. Rummenigge wog seine Worte ab und betonte immer wieder, dass es Schweinsteigers Wunsch war, jetzt einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Das hätten auch schon andere Ikonen des Klubs gemacht, Rummenigge führte Beckenbauer auf und auch sich selbst. Und für Schweinsteiger werde es nach dem Karriereende ein Abschiedsspiel in München geben und eventuell eine Zukunft im Klub für eine "zweite Karriere".

Streit mit Guardiola? "Reich der Fabel"

Nicht wenige glauben, dass Trainer Pep Guardiola der treibende Faktor zu diesem Geschäft ist. Besser gesagt: der vertreibende Faktor. Schweinsteiger durfte unter dem Spanier ja kaum mehr auf seiner Lieblingsposition vor der Abwehr spielen, sondern immer eine Planstelle weiter vorne. Als die Münchner im Champions-League-Halbfinale 2014 gegen Real 0:4 untergingen, soll unter anderem Schweinsteiger ihm zur Rückkehr zum Heynckes-System mit der Doppelsechs geraten haben.

Rummenigge verwies eine Misstimmung zwischen Schweinsteiger und Guardiola ins "Reich der Fabel". Die beiden hätten gar keine Probleme miteinander gehabt. Er wies darauf hin, dass der zuletzt häufig verletzte Schweinsteiger immer gespielt habe, wenn er gesund und fit war. "In der Geschichte hat Pep Guardiola keine Rolle gespielt. Es ist kein Thema, dass Bastian wegen des Trainers eine neue Aufgabe gesucht hat oder gar geflüchtet wäre."

Mehr Mittelspieler als zu besetzende Positionen

Rummenigge verhehlte allerdings nicht, dass der Klub inzwischen viel mehr Mittelfeldspieler als zu besetzende Positionen auf dem Rasen hat: "Ich glaube, im Mittelfeld gibt es relativ viele Alternativen." Mit Xabi Alonso, Thiago, David Alaba, Philipp Lahm, Javi Martínez, Sebastian Rode und den jungen Joshua Kimmich, Pierre-Emil Hojbjerg und Gianluca Gaudino herrscht tatsächlich kein Mangel.

Schweinsteiger selbst hat sich bislang nicht geäußert. Auf seine Internetseite lautet das nächste Spiel noch: DFB-Supercup, VfL Wolfsburg - FC Bayern. Das müsste sich demnächst ändern in: Premier League, Manchester United - Tottenham Hotspur. "Ich weiß von ihm, dass er noch große Ambitionen und Ziele hat", kommentierte Bundestrainer Joachim Löw. Vielleicht erscheint ihm die Aussicht reizvoller, Manchester United an die Spitze des englischen und europäischen Fußballs zurückführen zu können, als mit dem FC Bayern die neunte Meisterschaft zu feiern.

Rummenigge erzählte, Schweinsteiger "möchte einfach zum Ende seiner Karriere etwas neues machen". Er hat ja nun auch erst relativ frisch eine neue Freundin. Und mit der Tennisspielerin Ana Ivanovic war er ja kürzlich schon sehr öffentlich in Paris und London bei den Grand-Slam-Turnieren. Vielleicht hat auch diese Erfahrung ihn dazu angetrieben, das Nest zu verlassen.

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