FC Bayern und das Pokalfinale:Verlieren zweimal verboten!

Vor dem Champions-League-Finale gegen Chelsea gibt es für den FC Bayern noch das DFB-Pokal-Endspiel gegen Dortmund. Die Profis betonen den Zusammenhang zwischen den beiden Finals und bereiten ein Geburtstagsgeschenk für Trainer Jupp Heynckes vor.

Gerald Kleffmann

Mal abgesehen von Joachim Gauck gibt es keinen hiesigen Staatsbürger, der mehr Hochachtung genießt als Josef "Jupp" Heynckes, jedenfalls kann man im Freistaat Bayern zurzeit diesen Eindruck gewinnen. Immer wieder wird auf die professionelle, souveräne Art verwiesen, mit der die erfahrene Führungskraft eine nicht unbedeutende Ansammlung freischaffender Künstler etwa vor gar nicht langer Zeit durch schwierige Zeiten manövrierte, als noch niemand von einem "Finale dahoam" tirilierte.

Kraken-Orakel zum DFB-Pokalfinale

Das wird Uli Hoeneß nicht gefallen: Der Krake glaubt an einen Sieg von Dortmund.

(Foto: dapd)

Am Mittwoch stellte dieser Herr abermals seine Kompetenz unter Beweis. Heynckes erschien weder mit einer Krone auf dem Köpfchen noch mit Luftschlangen und Konfetti im Gepäck zu seiner Arbeitsschicht, was angesichts dieses 9. Mai gerechtfertigt gewesen wäre.

Den 67. Geburtstag feiert man ja nur einmal. Immerhin aber wurde nach dem Vormittagstraining Kuchen für die zuvor keuchende Belegschaft serviert, und Manuel Neuer, Bayerns neuer Torwarttitan, nur in fröhlich, ließ es sich nicht nehmen, eine nette, kleine Ankündigung loszuwerden: "Das größte Geschenk wären zwei Titel. Wenn wir ihm das schenken, ist er zufrieden", sprach er aus - weil er sich aber offenbar nicht ganz sicher war, ob er wirklich die geheimsten Wünsche des Don Jupp kennt, schob er hinterher: "Glaube ich."

Gemessen an den Ereignissen, die an den folgenden beiden Samstagen für den FC Bayern München anstehen mit dem Pokal- sowie dem Champions-League-Finale, war die Atmosphäre an der Säbener Straße erstaunlich unaufgeregt und entspannt, der einzige, der am Mittwoch mit einem Hauch Hektik um die Ecke bog, war der Vereinspräsident, der gegen halb eins in seinem PS-starken Kombi angebrummt kam und ein wenig hastig wie gewöhnlich Nicolas Sarkozy dem Gefährt entstieg. In Uli Hoeneß arbeitete sicherlich noch die schmerzhafte Niederlage seiner Basketballtruppe, die am Abend zuvor im zweiten Playoffspiel gegen Quakenbrück untergegangen war.

Hoeneß verliert halt nicht gerne, und in diesem Kontext sind auch seine jüngsten Muntermacher-Statements zu verstehen, die gerade die Internet- und Medienrunden machen und gestrafft so lauten: "Ich möchte darauf hinweisen, dass wir am Samstag noch ein wichtiges Spiel haben. Und zwar gegen Dortmund. Ich sage: Dieses Spiel darf nicht nur nebenher laufen. Dieses Spiel ist genauso wichtig wie das Champions-League-Finale!"

Diese hier gedruckte Ansage liest sich natürlich noch viel griffiger, wenn man sich dabei den unverwechselbaren Hoeneß'schen Singsang vorstellt. Das Kommando lautet also, per präsidialem Beschluss: Verlieren zweimal verboten!

Giroud im Gespräch. Pranjic nach China?

Man muss Hoeneß verstehen, im Grunde geht es in dem ganzen FCB-Täterä dieser Tage ja auch um die Abrundung eines Lebenswerkes, das eben Uli Hoeneß heißt, und solange dieser selbst noch Akzente setzen kann, die seinem finalen Traum auf die Sprünge helfen, wird Hoeneß Akzente setzen, er ist da ganz das pragmatische Schlitzohr.

Er weiß zum Beispiel wie kein Zweiter, dass sich in diesen Zeiten, da über alles und nichts gefunkt und getwittert wird, keiner damit herausreden kann, er habe nichts mitbekommen, und so haben seine Sätze natürlich ihre avisierten Empfänger längst gefunden. Es war am Mittwoch verblüffend, mit welcher Deckungsgleichheit sich jeder Bayern-Profi, der nicht bei drei in seiner mit Leder gepolsterten Limousine verschwand, zu den letzten Saisonspielen äußerte - und Hoeneß beruhigte. Erst zählt Berlin. Dann München.

Dann also erst mal Berlin. Die Relevanz des Pokalfinals, in dem die Münchner zum 16. Mal triumphieren könnten, ergibt sich aufgrund der Vorgeschichte: In den letzten vier Duellen siegten stets die Dortmunder. Der FCB wolle daher der Borussia zeigen, dass "es jetzt nicht die nächsten fünf Jahre so weitergeht", wie Thomas Müller präzisierte - der Wühler betonte gar, man werde "mit Wut im Bauch" antreten, weshalb der neue, alte deutsche Meister zwar nicht mit rechten Geraden rechnen muss, was ja zuletzt en vogue war bei den Bayern, aber doch mit viel Gegenwehr.

"Die Mannschaft braucht keine Angst zu haben", gab sich Franck Ribéry unerschrocken, der nebenbei ein Plädoyer für Landsmann Olivier Giroud hielt; der 25-Jährige stürmt beim Tabellenführer Montpellier und soll Kontakt nach München haben. Neuer wiederum beruhigte Hoeneß, indem er klarstellte: "Letztes Jahr habe ich den DFB-Pokal mit Schalke gewonnen, jetzt möchte ich ihn verteidigen." Einen Zusammenhang zwischen dem Ausgang des Berliner Finals und dem Auftritt in München sah Neuer übrigens schon: "Es wird die Stimmung auf jeden Fall beeinflussen, das ist klar", gab er zu, "deswegen setzen wir alles daran, den Titel zu holen". Damit der Kampf um den zweiten Titel flockiger aufgenommen werden kann.

Natürlich war mit dem "wir" auch Danijel Pranjic gemeint, der am Mittwoch jedoch in ganz eigener Sache auffiel. Der Mittelfeldspieler steht vor einem Wechsel nach China, wo er bis zu 4,5 Millionen Euro jährlich kassieren soll, Haus und Fahrer inklusive. Den Klub wollte Pranjic noch nicht nennen, jedoch erklärte er, dass es "unmöglich sei, diese Offerte abzulehnen".

Für die in München verweilenden Angestellten taucht immerhin Tröstliches am Horizont auf. Jeder der 500 Vereinsmitarbeiter soll bei einem Champions-League-Sieg ein Extra-Monatsgehalt kassieren (ohne Haus und Fahrer allerdings). Zudem ist jeder Bayern-Kraft eine Eintrittskarte fürs Finale gegen den FC Chelsea sicher. Somit tut sich für all jene, die verzweifelt ein Ticket suchen, eine letzte Chance auf: Jetzt schnell einen Job an der Säbener Straße ergattern - schon ist man dabei, im Finale dahoam.

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