Bundesliga:Ein Boateng ist besser als 1000 Ersatzmänner

Bundesliga: Da lief er noch: Jérôme Boateng im Spiel gegen den Hamburger SV. Später verletzte sich der Innenverteidiger.

Da lief er noch: Jérôme Boateng im Spiel gegen den Hamburger SV. Später verletzte sich der Innenverteidiger.

(Foto: AP)

Von Benedikt Warmbrunn

Manchmal holen auch Pep Guardiola die alten Sätze ein, zum Beispiel dieser, gesagt im Frühjahr 2015: "Ich hätte gerne 1000 Dantes!" Das war natürlich eine Übertreibung, Dante war dem Trainer des FC Bayern schon immer zu langsam und zu unsicher im Passspiel, aber jetzt, kein Jahr später, wäre zumindest ein Dante nicht schlecht. Der Innenverteidiger hatte einen Vorteil: Er war eigentlich immer fit. Für Guardiola allerdings hat Dante den Nachteil, dass er seit August in Wolfsburg spielt.

Vor dem Spiel gegen die TSG Hoffenheim an diesem Sonntag (17.30 Uhr im Liveticker auf Süddeutsche.de) gehen dem Trainer die Innenverteidiger aus, seit Jérôme Boateng mit einem Muskelbündelriss im Adduktorenbereich voraussichtlich bis Mitte April ausfällt.

Über Boateng sagte Guardiola nie, dass er ihn gerne tausendfach hätte, er wusste schon den einen Boateng so sehr zu schätzen, dass er ihn nie übertrieben, sondern nur fachlich gelobt hat ("jung, schnell, super mit dem Ball, mit dem linken Fuß, mit dem rechten Fuß, mit dem Kopf, eine große Persönlichkeit, der Wahnsinn"). Am Freitag sagte der Trainer zudem: "Wir werden ihn vermissen."

Wie sehr sie ihn beim FC Bayern vermissen werden, liegt auch daran, wem Guardiola nun die Hauptverantwortung in der Innenverteidigung gibt. Ein Überblick über die Kandidaten.

Holger Badstuber

Obwohl er erst 26 Jahre alt ist, ist er gefühlt schon seit Ewigkeiten dabei, er ist jung, er ist schnell, super mit dem Ball, mit dem linken Fuß, mit dem rechten Fuß, mit dem Kopf, eine große Persönlichkeit - wie Boateng. Beherrscht den flachen weiten Pass, der das ganze Spielfeld zerschneidet.

Mit ihm als Abwehrchef könnte Guardiola weiterhin seine Mannschaft weit nach vorne schieben; was Badstuber nicht durch seine Geschwindigkeit ausgleichen kann, ersetzt er durch seine Zweikampfstärke: In dieser Saison gewann er 72,7 Prozent seiner Duelle (Boateng 71,7 Prozent).

Obwohl Badstuber erst 26 Jahre alt ist, war er gefühlt aber auch schon die Ewigkeit einer ganzen Karriere verletzt, bis zum Herbst fehlte er ein halbes Jahr lang wegen eines Oberschenkelmuskelrisses. Es ist daher fraglich, wie sehr Guardiola es Badstubers Körper zutraut, alle drei Tage einen Abwehrchef zu spielen. Der Linksfuß Badstuber ist eher ein Kandidat, der bis zum April wieder fit genug sein soll, um mit dem Rechtsfuß Boateng eine junge, schnelle, wahnsinnige Innenverteidigung zu bilden.

David Alaba

Gilt als der vielleicht beste Linksverteidiger der Welt, beim FC Bayern zählen sie ihn zudem zu den vielleicht besten Innenverteidigern Europas. In der Hinrunde spielte er in der Liga elfmal als Innenverteidiger, alle Spiele gewann der FC Bayern, kassierte dabei fünf Gegentore (in der Champions League allerdings verlor das Team einmal mit dem Innenverteidiger Alaba, 0:2 gegen Arsenal London).

Ist auch jung und schnell, als Innenverteidiger schätzt ihn Guardiola vor allem wegen seiner Passsicherheit im Aufbauspiel. Könnte genauso wie Badstuber als linker Innenverteidiger einer Viererkette spielen, was allerdings den Nachteil hätte, dass der FC Bayern dann nicht mehr den vielleicht besten Linksverteidiger der Welt als Linksverteidiger hätte. Sondern Juan Bernat, der selbst noch nicht allzu lange wieder fit ist. Außerdem glaubt Alaba, 23, selbst, dass er eine Zukunft als einer der vielleicht weltbesten Mittelfeldspieler vor sich hat.

Martinez, der unverzichtbare Wellenbrecher

Javi Martínez

Kam 2012 als defensiver Mittelfeldspieler zum FC Bayern, um sich gleich in seiner ersten Saison einen Ruf als unverzichtbarer Wellenbrecher zu machen. Dann kam Guardiola und sah in dem Basken einen Innenverteidiger. Kämpfte sich zuletzt nach vielen Verletzungen langsam an die Mannschaft heran; gegen den Hamburger SV setzte Guardiola dennoch lieber auf Badstuber.

Gilt als erster Boateng-Ersatz, weil er auch super mit dem Ball ist, schnell und obendrein ein Rechtsfuß, was ihn zumindest in einer Viererkette zunächst unverzichtbar als rechten Innenverteidiger macht.

Medhi Benatia

2014 nach einem Kreuzbandriss von Martínez verpflichtet, der damals als unverzichtbarer Innenverteidiger galt. Der Marokkaner ist seitdem eigentlich prädestiniert dafür, sich als rechter Innenverteidiger unverzichtbar zu machen, er ist kopfballstark und passsicher.

Hat allerdings nach wie vor nicht alle Abläufe in der Defensivarbeit verinnerlicht, was vor allem daran liegt, dass Guardiola auf ihn aufgrund zahlreicher Verletzungen doch immer wieder verzichten muss. Fällt voraussichtlich noch bis Mitte Februar verletzt aus, Ursache: Muskelbündelriss.

Xabi Alonso

Weder schnell noch jung. Dafür super mit dem Fuß, der zentrale Passspieler beim FC Bayern. Lässt sich beim gegnerischen Ballbesitz ohnehin meist zwischen die Innenverteidiger zurückfallen, hat seine Stärke allerdings eher dann, wenn das Spiel vor ihm stattfindet. Nicht ganz so sehr dagegen, wenn das Spiel sich auf eine Zone hinter ihm verlagert (siehe: weder schnell noch jung).

Rafinha

Hat inzwischen Kapitän Philipp Lahm abgelöst als der Spieler mit den meisten Positionen in der Defensive. Spielte in dieser Saison schon rechts, links und in der Mitte. Für ihn spricht, dass er ein Rechtsfuß ist. Allerdings ist der 30-Jährige eher ein Wusler. Wird das Spiel schnell, macht er manchmal einen ziemlichen Wahnsinn, so einen, den nicht einmal Guardiola vorhersehen kann.

Außerdem ist Rafinha mit einer Körpergröße von 1,72 Meter 20 Zentimeter kleiner als Boateng. Eher ein Kandidat für Spiele, in denen Badstuber, Alaba und Martínez geschont werden sollen.

Arturo Vidal

Der Rechtsfuß soll in der Jugend bei Colo Colo in Chile auch in der Innenverteidigung gespielt haben. Gehört in dieser Saison allerdings eher zu den Spielern, von denen Guardiola 1000 bräuchte, um einigermaßen zufrieden zu sein, egal auf welcher Position.

Fazit: Boateng wird vermisst

Guardiola wird eine Lösung finden, im Zweifel setzt er auf eine Dreierkette, und doch wird es so sein: Der FC Bayern wird Jérôme Boateng vermissen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: