FC Bayern siegt 1:0:Viel Arbeit vor dem freien Sonntag

VfB Stuttgart FC Bayern München Deutschland Stuttgart 16 12 2017 Fussball Bundesliga Saison 20

In der 79. Minute erzielt Thomas Müller den Führungstreffer (hier gegen Santiago Ascacibar). "Es ist nicht so, dass wir die Gegner an die Wand spielen", relativierte er den Sieg hinterher.

(Foto: imago/Sportfoto Rudel)

Mit dem dritten knappen Erfolg nacheinander bauen die Münchner ihren riesigen Vorsprung weiter aus. Immer mehr wird deutlich: Heynckes' Hang zum Pragmatismus hat sich bereits wieder aufs Team übertragen.

Von Matthias Schmid, Stuttgart

Es dauerte länger als sonst, bis die Spieler des FC Bayern aus dem Kabinentrakt der Stuttgarter Arena traten. Doch es war nicht so, dass Jupp Heynckes seine Ansprache nach dem 1:0-Sieg gegen den VfB Stuttgart am Samstag unnötig in die Länge gezogen hätte - der Cheftrainer hatte seine Spieler zu Überstunden verpflichtet. Sie mussten auslaufen, erstmals seit der 72-Jährige Anfang Oktober das Training übernommen hat. "Dafür ist der Sonntag frei", bestätigte Heynckes später in der Pressekonferenz, "die Spieler müssen die Köpfe freibekommen und sich auch physisch erholen." Es ist der erste Tag überhaupt, an dem er keine Übungseinheit angesetzt hat. "Es ist schön, dass wir mal ausschlafen können, wenn man sonst so viele englische Wochen hat wie wir", sagte Außenverteidiger Joshua Kimmich.

Ein Spiel steht in diesem Jahr für die Bayern noch an, das Pokalheimspiel am Mittwoch gegen Borussia Dortmund. Um möglichst ausgeruht in die Achtelfinalpartie gehen zu können, hatte Heynckes sich für den arbeitsfreien Sonntag schon vor der Begegnung in Stuttgart entschieden. Nach dem mühsamen Sieg beim Aufsteiger war das Nichtstun sogar noch notwendiger als ohnehin schon geworden, die Stuttgarter hatten die Münchner mehr gefordert, als Heynckes und seinen Spielern lieb war.

Die Führung von Thomas Müller (79.) hätte der VfB, der seit drei Spielen auf einen Sieg und ein Tor wartet, beinahe sogar noch ausgeglichen. Doch in der Nachspielzeit zeigte Bayern-Torhüter Sven Ulreich, warum gerade kaum noch jemand über Manuel Neuer spricht. Der ehemalige VfB-Profi parierte den Elfmeter von Chadrac Akolo, nachdem Niklas Süle zuvor Santiago Ascacibar am Bein getroffen hatte. Schiedsrichter Patrick Ittrich hatte sich Sekunden vor dem Schlusspfiff erst mithilfe des Videobeweises zum Elfmeter durchringen können.

Mit dem dritten 1:0-Sieg nacheinander führen die Münchner die Tabelle nach 17 Spielen nun mit elf Punkten Abstand zum Zweiten FC Schalke an. Verteidiger Mats Hummels, der etwas angeschlagen früher aus dem Spiel musste, wollte aber nicht darüber philosophieren, ob der große Vorsprung des FC Bayern etwas über die Qualität der Liga aussagt. "Wir sind leistungstechnisch den anderen nicht so überlegen", findet der Nationalspieler, "wir sind einfach ein bisschen konstanter." Auch Kimmich erinnerte noch mal daran, dass sie ziemlich zäh in die Saison gestartet waren. "Wir hatten fünf Punkte Rückstand auf Dortmund, dann kam der Trainerwechsel. Und die Punkteausbeute ist überragend geworden."

In der Tat war auch in Stuttgart das Leistungsniveau zwischen dem Klassenprimus und dem Tabellen-14. nicht so deutlich, wie es die nackten Zahlen vielleicht ausdrücken mögen, Bayern hat 24 Punkte mehr gesammelt als der VfB. Die Stuttgarter verteidigten aber leidenschaftlich und spielten couragiert nach vorne, "wir haben auch gekickt", wie der VfB-Trainer Hannes Wolf anmerkte. Stuttgart hätte sogar durch Akolo in der siebten Minute in Führung gehen können, nachdem ihn Simon Terodde per Hacke schön freigespielt hatte.

Der Held des Tages darf sogar in Stuttgart bleiben

"Das war kein Arbeitssieg von uns", sagte Heynckes nach seinem 14. Sieg im 15. Pflichtspiel, "beide Mannschaften haben klasse gespielt." Doch was seit seiner Amtseinführung anders geworden ist beim FC Bayern, war auch in Stuttgart wieder gut zu beobachten. Seine Spieler haben die Dringlichkeit des seriösen Verteidigens erkannt, sie helfen sich mit zum Teil rustikalem Einsatz gegenseitig, wenn es auch mal spielerisch nicht so leicht läuft, wie sie das in München gewohnt sind. Heynckes' Hang zum Pragmatismus hat sich auf die Bayern-Spieler übertragen. "Es ist nicht so, dass wir die Gegner an die Wand spielen", hob Müller hinterher hervor: "Aber wir haben vielleicht die Qualität und die Cleverness, um Ergebnisse zu holen."

Deshalb war es nicht nur pure Höflichkeit von Jupp Heynckes, die Stuttgarter für deren Darbietung zu loben. "Wenn man den VfB spielen sieht, kann man nicht verstehen, warum er so wenige Punkte hat." Kritischer als sein Trainer betrachtete Jérôme Boateng in der Rückschau das Spiel. Der Verteidiger bemängelte im Hinblick auf das Pokalspiel gegen Dortmund vor allem den verschwenderischen Umgang mit den Konterchancen. "Am Ende sind wir selbst schuld, dass wir das Spiel nicht vorzeitig entscheiden, weil wir dreimal allein aufs Tor gelaufen sind."

Heynckes aber handelte die Überheblichkeit und Ineffizienz nur kurz ab, viel wichtiger war ihm die Vorbereitung auf die Partie gegen Dortmund. "Wir wollen auch im Pokal erfolgreich sein, auch wenn es nicht einfach wird", sagte er. Der freie Tag soll für "das größte Spiel in Deutschland" (Hummels) die entscheidenden Kräfte freisetzen. "Wir haben noch Reserven", sagte der Trainer und auch Boateng kündigte an "noch mal alles raushauen zu wollen." Doch erst einmal dürfen sich die Bayern-Profis eine kleine Auszeit gönnen. Der Held des Tages darf sogar in der Heimat bleiben. Sven Ulreich reiste nicht mit der Mannschaft nach München, sondern übernachtete in Stuttgart, wo er mit seiner Frau Lisa gerade ein Haus baut.

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