FC Bayern siegt in Ingolstadt:Meister der Gesten

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Mit einem knappen 2:1-Erfolg beim FC Ingolstadt gewinnt der FC Bayern seinen vierten Ligatitel in Serie. Für mehr Aufsehen sorgen aber die scheidenden Trainer Guardiola und Hasenhüttl.

Von Maik Rosner, Ingolstadt

Pep Guardiola ging es nun vor allem um Gesten, rund eine Stunde nach seinem dritten Meistertitel mit dem FC Bayern und dem vierten des Vereins in Serie. Doch nicht diese erstmals in der Ligageschichte aufgestellte Erfolgsbilanz hatte für den Trainer herausgehobene Bedeutung. Sondern vielmehr, nach der routinierten Kurzfeier auf dem Rasen weithin vernehmbar und demonstrativ seinen Dank zu zeigen für all jene, die daran beteiligt waren.

Viele Komplimente hatte der Katalane nach dem 2:1 (2:1)-Sieg beim FC Ingolstadt bereits aneinandergereiht, angefangen gar für seinen ebenfalls emotional angefassten und sogar weinenden Ingolstädter Kollegen Ralph Hasenhüttl, für den es das letzte Heimspiel im Sportpark war, weil er in der kommenden Saison das Traineramt bei RB Leipzig übernehmen wird. Guardiola setzte seine Rede voller Komplimente fort, für den FC Bayern, die Spieler, Fans und ebenso für Borussia Dortmund, das die Münchner so beharrlich gefordert hatte. Später reichte er noch die besten Wünsche für den erkrankten Sportvorstand Matthias Sammer nach. Seine ihm aber wichtigste Geste hatte sich Guardiola für einen Mann aufgehoben, der ihm beim FC Bayern immer etwas voraushaben wird. Und das vier Tage, nachdem er, Guardiola, mit dem FC Bayern zum dritten Mal im Halbfinale der Champions League ausgeschieden war, in seinem dritten und letzten Amtsjahr.

"Jupp, das ist für dich!"

"Ich möchte diesen Titel mit Jupp Heynckes teilen", sagte der 45-Jährige nun feierlich auf dem Podium im Bauch des Stadions über seinen Vorgänger, von dem er 2013 das Traineramt übernommen hatte - nach dessen Triplegewinn, den auch Guardiola gerne erreicht hätte, aber stets verfehlte in München. "Wir haben etwas Besonderes geschafft. Es ist mir eine Ehre, diesen Titel mit Jupp Heynckes gemeinsam erreicht zu haben. Ich hoffe, bevor ich nach England gehe, kann ich ihn sehen und mit ihm feiern", sagte Guardiola weiter über die vierte Meisterschaft hintereinander. Schließlich rief er: "Jupp, das ist für dich!"

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(Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Es ist keine Bayern-Gala in Ingolstadt: Robert Lewandowski stellt die Zeichen aber schnell auf Sieg. Er trifft vom Punkt zum 1:0.

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(Foto: Christoph Stache/AFP)

Der Strafstoß ist umstritten: Dass Franck Ribéry (vorn) wirklich regelwidrig zu Fall gebracht wurde, ist nicht ersichtlich.

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(Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Lewandowski stört's wenig: So wenig, dass der Pole (Mitte) kurz darauf auch das zweite Münchner Tor markiert.

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(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Dann kommt Ingolstadt durch einen ebenfalls nicht ganz klaren Elfmeterpfiff zurück in die Partie - Alonso soll Hartmann (rechts) gefoult haben.

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(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

Der tritt selbst an und verwandelt sicher gegen Manuel Neuer im Münchner Tor zum 1:2.

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(Foto: Michaela Rehle/Reuters)

Dabei bleibt es über eine zweite Hälfte hinweg, die Bayern nur noch herunterspielt: Das reicht zum vierten Meistertitel in Serie.

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(Foto: Alexandra Beier/Getty Images)

Und so beginnen die Feierlichkeiten, die vorerst ganz ohne Weißbier über die Bühne gehen - wohl im Sinne von Trainer Guardiola im feinen Zwirn.

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(Foto: Christoph Stache/AFP)

Thomas Müller gibt derweil den Animator in der Fankurve. Für ein kleines "Humpa" reicht die Kraft noch.

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(Foto: Alex Grimm/Getty Images)

So richtig ausgelassene Stimmung kommt aber nicht auf: Die Münchner scheinen noch platt von der aufreibenden Partie am Dienstag gegen Athlético.

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(Foto: Andreas Gebert/dpa)

So verlässt Bayern Ingolstadt ohne Wießbierdusche und nur mit einer Schaumstoff-Schale - ausgelassener könnte es beim Saisonabschluss in München werden.

Längst hatte sich nun die Atmosphäre an jene einer Preisverleihung angenähert, an bewegte Menschen und deren blumige Dankesreden, die zuweilen zum Fremdschämen verleiten. Doch im wenig glamourösen Presseraum des FC Ingolstadt dominierten wohl echte Gefühle, so durfte man das zumindest einschätzen. Guardiola war es erkennbar wichtig, sich mit Anstand und Größe aus München zu verabschieden, trotz der jüngsten Bloßstellung durch einen Maulwurf. Hasenhüttl zollte ihm in diesem Moment seinen Respekt. "Du bist nicht nur ein Riesentrainer, sondern auch unglaublich bescheiden. So zu sprechen zeigt, was für ein Mensch du bist." Guardiola lächelte berührt, vielleicht auch, weil er derartige Komplimente aus den eigenen Reihen gerade ein bisschen vermisst. Er sagte: "Vielen Dank." Mit geschlossenen Augen hätte man sich spätestens jetzt in einem prachtvollen Saal mit einem Roten Teppich und vielen feinen Roben wähnen können - und sich manchmal vielleicht auch ein ganz bisschen fremdschämen können bei so viel pathetischen Lobhudeleien.

Die Partie zuvor war deutlich unaufgeregter verlaufen. Robert Lewandowski traf zweimal (15./Foulelfmeter und 32. Minute), Ingolstadt gefiel nach dem Treffer durch Moritz Hartmann (42./Foulelfmeter) mit guten Aktionen. Der Verlauf erinnerte an den mühevollen 2:0-Hinrunden-Sieg der Münchner, als diese damals auch einige Turbulenzen überstehen mussten. Das galt auch diesmal, weil Ingolstadt weiterhin jenen mutigen Pressingstil pflegte, der Hasenhüttls Mannschaft in dieser Saison ausgezeichnet hatte. Der Aufsteiger sei "in überragender Manier dringeblieben", befand Bayerns Thomas Müller anerkennend über den ungefährdeten Klassenverbleib. Und der FCI hätte wegen der erstaunlich vielen Torchancen durchaus mehr Ertrag erzielen können in diesem oberbayerischen Vergleich, den Xabi Alonso mit einem tollen Schnittstellenpass vor Lewandowskis 2:0 bereichert hatte, ehe er sich eine Rippenprellung zuzog und ausgewechselt werden musste.

Müller spricht von der "schwierigsten Meisterschaft"

Begonnen hatte Hasenhüttls Abschiedsspiel in Ingolstadt mit Pfiffen gegen ihn. "Lieber Rangnicks Hofnarr als König der Schanzer?", stand in Anspielung auf RB Leipzig auf einem Plakat der FCI-Fans. Viele Zuschauer zeigten mit ihrem Beifall aber auch Verständnis für Hasenhüttls Standortwechsel zu den finanziell wesentlich potenteren Leipzigern, die sich mittelfristig als Widersacher des FC Bayern etablieren wollen. Mit dem FC Ingolstadt hat Hasenhüttl diese Rolle zumindest schon in zwei Spielen beachtlich ausgefüllt. Fast so gut wie der BVB. "Die Dortmunder wussten gar nicht, wie sehr sie uns genervt haben", sagte Müller nach der "schwierigsten Meisterschaft".

Am 21. Mai im Berliner Pokalfinale werden die Dortmunder Einfluss darauf nehmen, wie der Abschied von Guardiola ausfällt. "Ein Riesenkompliment" sprach Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge dem Trainer nebst Mannschaft zwar aus. "Dieser Titel wird die Wunde ein bisschen schließen", sagte er über das Aus in der Champions League gegen Atlético Madrid am Dienstag. Und über Guardiola: "Drei Mal hintereinander Meister zu werden, darauf darf man stolz sein." Doch mit der Bewertung der Saison bitte er wegen des Pokalfinals noch zu warten. Ein Roter Teppich wäre einem nun nicht in den Sinn gekommen.

© SZ vom 08.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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