FC Bayern schlägt Pilsen:Leistungsschau der eitlen Künstler

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Den schieße ich! Franck Ribéry meldet Ansprüche auf den Elfmeter an (Foto: dpa)

Beim rauschhaften 5:0 des FC Bayern gegen Viktoria Pilsen in der Champions League zeichnet sich ab, dass es fast schon egal ist, wen Trainer Guardiola in die Startelf würfelt. Trotz der sportlichen Dominanz diskutieren die Münchner über Luxusprobleme.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Es ist ja nicht allzu weit von Pilsen nach München. Das wird sicher ein Grund dafür gewesen sein, weshalb quasi alle in Tschechien verfügbaren Reporter über die Grenze gereist waren. Ein anderer war wohl, dass der FC Bayern als Gegner von Viktoria Pilsen zur Leistungsschau einlud - und wenn die beste Mannschaft Europas eine Party schmeißt, dann will man natürlich nicht fehlen.

So drängelten sich im Bauch der Fröttmaninger Arena diesmal haufenweise staunende Gäste aus dem Nachbarland. Was sie gesehen hatten, war ein chancenloses Team aus ihrer Heimat, das von Pep Guardiolas Elite-Ensemble mit 5:0 (2:0) vom Feld gewatscht wurde.

Fünf Bayern-Tore, mal wieder. Und keines für den Gegner. Mitterweile ist das vom Nachrichtenwert in etwa so wie: Im Herbst fallen die Blätter von den Bäumen. Trotzdem gibt es einiges zu erzählen von diesem Vorrundenspiel in der Champions League. Zum Beispiel aus der Rubrik Statistiken.

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Leverkusens Stefan Kießling ist nach seinen zwei korrekten Treffern stark erleichtert. Bayern-Trainer Pep Guardiola findet die Leistung seiner Mannschaft sehr gut, aber nicht perfekt. Mario Götze will noch nicht ans Finale denken.

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Sagenhafte 35 Torschüsse standen bei den Münchnern zu Buche, ein einziger bei den Pilsenern. Mit fast 77 Prozent Ballbesitz erdrückten die Gastgeber ihre Gegner dermaßen, dass denen teilweise nur noch mitleiderregendes Zeitspiel einfiel. Dazu dreimal so viele Pässe der Bayern, x-mal mehr Gefahrsituationen und was sonst noch alles dazugehört.

"Wir waren haushoch überlegen. Man muss klar sagen: Pilsen war heute nicht auf Augenhöhe mit uns," stellte der wirkungsvolle Organisator Toni Kroos fest, "wir haben das sehr souverän runtergespielt."

Ähnlich sah das Kapitän Philipp Lahm, der sich freute, "dass hier schnell alles durch war. Wenn man früh führt, geht es leichter." Interessant war, wie diese Führung zustande kam. Ein tschechisches Abwehrbein hatte Arjen Robben beim Slalomlauf zu Fall gebracht, es gab Elfmeter und es entspann sich eine kleines Stück gelebter Diskurs zum Thema: Wer schießt?

Weil der etatmäßige Schütze Thomas Müller auf der Bank saß, meldeten David Alaba (leichte) und Franck Ribéry (mittlere) Ambitionen auf die Ausführung an - während Guardiola von der Bank aufgeregt "Arjen, Arjen" plärrte. Es schoss und verwandelte dann doch der Franzose (25. Minute), weil Robben offenbar kein Interesse hatte.

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Franck Ribéry macht Magic Johnson nicht nur im Passspiel Konkurrenz, Toni Kroos glänzt als Inspirationskünstler und Mario Götze kann kaum noch besser werden. Der FC Bayern beim 5:0 gegen Viktoria Pilsen in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

In der Bundesliga gegen Mainz musste er am Wochenende noch zurückgepfiffen werden, jetzt lehnte er das Geschenk einfach ab. "Letztes Spiel wollte ich Müller, diesmal Arjen - aber dann hat Franck geschossen. Für mich ist das egal," fasste Guardiola den Elfer-Kindergarten zusammen.

Ein wenig erstaunlich ist das schon, denn so klar scheint nicht zu sein, wer denn nun darf und wer nicht. Die Erklärungsnot führte dann zu verschiedenen Interpretationen. Während Kroos keinen "echten Ärger" ausgemacht hatte, gab der recht fidele Ribéry zu Protokoll: "Das ist kein Thema, jeder will schießen, so ist Bayern."

Robben schlich kommentarlos durch das deutsch-tschechische Reporter-Spalier, nachdem er für die ZDF-Kamera auffällig genervt alles für "erledigt" erklärt hatte. Nicht auszuschließen also, dass der sensible Niederländer Strafstöße nur dann für sich in Anspruch nehmen will, wenn sie ihm als Erst-Verantwortlichem zugestanden werden - und nicht als Almosen.

Mit solchen Luxusproblemen beschäftigen sich die Bayern derzeit - dabei läuft es sogar mit Notbesetzung in einigen Mannschaftsteilen. Guardiolas Improvisation in der Innenverteidigung mit Ersatzmann Daniel Van Buyten und dem überraschend umfunktionierten Diego Contento klappte gut, David Alaba trifft nun auch mit rechts (37.) und vorne wirbelt ein Ribéry mit mehr Esprit als jeder knallige Fummel aus der Frühlingsmode. Der genesene Franzose servierte neben dem Führungstreffer noch einen Chapeau-Moment, indem er den Ball zum 3:0 ins Netz chippte (61.), als wohne seinem Fuß ein Billard-Queue inne.

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Als dann auch noch Mario Götze in die Partie kam und prompt Bastian Schweinsteiger für dessen Treffer zum 4:0 (64.) freispielte, fragte man sich, ob es nicht schon egal ist, wer bei den Münchnern auf dem Platz steht. Contento? Ribéry? Ernie & Bert? Alles möglich, alles überragend. "Man muss sich von dem Gedanken verabschieden, dass ein Team aus elf Akteuren besteht. Bei uns sind es eben 22 hochklassige Leute", schwärmte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge.

"Alle, die reinkommen, wollen Tore machen. Wir verwalten Spiele nicht, sondern wollen immer mehr", bestätigte auch Kroos. Den Beweis dieser These trat übrigens noch Götze an: In der Schlussminute stoppte er mit bemerkenswerter Finesse eine Flanke von Robben und erzielte das 5:0. Die Berichterstatter aus Tschechien dürften einiges zu schreiben haben in den nächsten Tagen.

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