FC Bayern nach dem Arsenal-Spiel:In bestechender Form

Perfekt, super, richtig gut: Nach dem Erfolg gegen den FC Arsenal fühlt sich der FC Bayern München großartig und belohnt sich nonchalant mit Eigenlob. Die Zeit der Zurückhaltung ist damit vorbei: Der Klub kalkuliert offen mit dem Einzug ins Champions-League-Finale.

Von Carsten Eberts, London

Der Große Ballsaal im Hotel "The Landmark" hat alles, was zu einem echten Ballsaal gehört. Nicht vier, nicht fünf, gleich sechs große Kronleuchter baumeln von der Decke. Unter einem dieser Leuchter baute sich Karl-Heinz Rummenigge zu fortgeschrittener Stunde auf und sprach zu seinem Volk.

Der Vorstandsboss des FC Bayern hatte einen schönen Fußballabend erlebt, man sah es ihm an. "Können Sie sich kurz hinsetzen?", leitete Rummenigge seine kleine Rede ein. 1996 hatte die deutsche Nationalmannschaft ihren bislang letzten großen Titel an gleicher Stelle gefeiert. Das Hotel im Herzen Londons ist ein geschichtsträchtiger Ort.

3:1 (2:0) hatte diesmal der deutsche Rekordmeister beim englischen Klub Arsenal London gesiegt und sich damit in eine Ausgangslage gebracht, die noch nicht nach Titelgewinn, aber immerhin schwer nach Viertelfinale riecht. Rummenigge lavierte nicht lange herum. "Unsere Mannschaft spielt eine Saison auf extrem hohem Niveau", konstatierte er und wandte sich direkt an die Spieler: "Was ihr in der ersten Halbzeit gezeigt habt, war vielleicht noch einen Schritt darüber."

Es war ein Münchner Wirbelwind, der den FC Arsenal in den ersten 30 Minuten erfasste. Mit ihrem Kurzpassspiel stießen die Bayern immer wieder in die brüchige Londoner Ordnung. Arsenal leistete sich zwei kleine Fehler - schon stand es 2:0. Dem kunstfertigen Führungstreffer von Toni Kroos (7. Minute) ging eine rasante Stafette über die rechte Seite und ein Stellungsfehler an der Strafraumkante voraus. Beim 2:0 durch Thomas Müller (21.), einem Abstauber aus zwei Metern in bester Gerd-Müller-Manier, wirkte die Abwehr von der Münchner Gedankenschnelle ebenfalls überfordert.

"Was meine Mannschaft derzeit auszeichnet ist, dass wir auch kleinste Fehler ausnutzen", erklärte Trainer Jupp Heynckes stolz auf der Pressekonferenz. Arsenal-Teammanager Arsène Wenger pflichtete zerknirscht bei: "Diese Bayern haben Klasse."

Zeugnis dieser Klasse war auch, wie sich die Münchner aus der Drangphase des FC Arsenal in der zweiten Halbzeit befreiten. Nach dem Anschlusskopfballtreffer von Lukas Podolski (55.), begünstigt durch eine ausgesprochen fanatasievolle Strafraumbeherrschung durch Torwart Manuel Neuer, spielte der Premier-League-Klub kurzzeitig seine offensive Wucht aus. Und man weiß ja, was passieren kann, wenn englische Teams ins Rollen kommen.

Münchner Wunden schließen

Wacklige Phasen kommen in der Champions League gegen Topmannschaften zwangsläufig vor. Doch angetrieben vom herausragenden Javi Martínez, der immer wieder blendend antizipierte und gefährliche Löcher zulief, hielten die Bayern dagegen. "Wir waren kämpferisch überragend", stellte Heynckes später fest. Die Bayern blieben stabil. Mario Mandzukic beendete mit seinem Treffer zum 3:1 (77.) alle Londoner Träume auf ein besseres Resultat.

FC Arsenal - FC Bayern München

FC Bayerns Bastian Schweinsteiger: dem Finale einen großen Schritt näher gekommen

(Foto: dpa)

Die Stimmung nach dem Spiel war entsprechend ausgelassen. Überzeugende Siege aus der Bundesliga kennen die Bayern-Angestellten zur Genüge, nun klappte es auch gegen einen großen Gegner in der Champions League. Für Kapitän Philipp Lahm war das 3:1 das "perfekte Ergebnis", Präsident Uli Hoeneß hatte "30 Minuten aus dem Lehrbuch" gesehen. Auch Mandzukic ("super") und Neuer ("richtig gut") stimmten ein.

Nicht mal Arjen Robben konnte nach seinem neuerlichen Kurzeinsatz motzen: Er wurde nach der Partie in die Dopingkontrolle gelost. Und verpasste so das Tête-a-tête mit der Journaille.

Bei so viel Eigenlob wurden auch Fragen nach dem weiteren Fortbestehen in der Champions League laut. Am endgültigen Weiterkommen gegen Arsenal in drei Wochen in der heimischen Arena zweifelt niemand. Es folgt das mögliche Viertelfinale, gefolgt von einem möglichen Halbfinale. Und dann? Im Mai findet ebenfalls in London das Champions-League-Finale statt. Hier zu gewinnen, würde manch große Münchner Wunde aus dem Vorjahr vermutlich schließen können.

Wer energische Dementi mit Verweis auf das frühe Stadium des königlichen Wettbewerbs erwartet hatte, wurde überrascht: Die Bayern fühlen sich offenbar in so bestechender Form, dass sie schon jetzt offen mit dem Londoner Endspiel kalkulieren. "Klar, dass jeder von uns ins Finale möchte", erklärte Torwart Neuer nonchalant. Auch Heynckes sagte, die Champions League zu gewinnen sei "ganz sicher das Ziel des Klubs. Und auch meines". Damit kann nur diese Saison gemeint sein. Denn anschließend wird Heynckes sehr wahrscheinlich seine Trainerkarriere beenden.

Karl-Heinz Rummenigge setzte unter seinem Kronleuchter noch zu einem letzten schönen Satz an. Unter Applaus, bevor er das mitternächtliche Bankett eröffnete, sagte er: "Wenn wir uns von diesem Weg nicht abbringen lassen, kann es ein sehr langer Weg sein."

Jeder hatte verstanden: Gemeint war der Weg ins Finale.

Statistiken zum Spiel

Statistiken zum Spiel des FC Bayern beim FC Arsenal

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