FC Bayern München:Van Gaal lacht über 1999

Das Endspieldrama gegen Manchester fand der Bayern-Trainer "schön anzusehen". Für das CL-Viertelfinal-Hinspiel ist der Einsatz seine Stürmers Robben weiter fraglich.

Andreas Burkert

Eine halbe Stunde schon, Louis van Gaal schaut auf seine silberne Uhr. Eine halbe Stunde Fragen, gestellt von Menschen, die das Spiel ganz bestimmt nicht wirklich verstehen, jedenfalls nicht so gut wie er, das müsste ihn eigentlich nerven. Aber van Gaal, 58, lässt sich das nichts anmerken. Seine Wangen glühen heiter, obwohl soeben jemand konstatierte, dass der FC Bayern ja in dem großen Spiel am Dienstagabend ausnahmsweise mal kein Favorit sei. Das habe ihm noch nie jemand gesagt, entgegnete der Trainer und bedankte sich im süffisanten Ton für die Feststellung, die er vermutlich als ungeheuerlich empfindet.

Aber das macht jetzt überhaupt nichts, Louis van Gaal genießt diese Bühne: 26 Fernsehkameras filmen den holländischen Fußballlehrer, wie er vorne im Pressesaal der Münchner Arena lächelt, analysiert, referiert. Das ist sein Spiel.

Bayern München gegen Manchester United, dies ist van Gaals Welt, "das Niveau eins", wie er mehrfach voller Respekt über die Klasse des Gegners spricht. Mehr als ein Jahrzehnt hat er auf diese Ebene verzichten müssen. Einen Gefährten von damals sieht er im Viertelfinale der Champions League wieder, Edwin van der Sar, 39, sie kennen sich aus glorreichen Zeiten bei Ajax Amsterdam. Ein Vorbild für alle Torhüter der Welt sei van der Sar, sagt van Gaal über seinen Landsmann, rechts neben ihm sitzt Bayern-Keeper Jörg Butt, 35, er hört recht interessiert zu. Wie überhaupt ManU ein Vorbild sei, wegen ihrer kompakten Spielanlage.

"Ich bin eifersüchtig auf ihre Ordnung, wenn wir so eine Ordnung erreichen, sind wir einen großen Schritt weiter", sagt van Gaal. Was denn noch fehle, fragt ein Engländer. Nun ja, entgegnet van Gaal, ManU zeige "Niveau eins konstanter als wir", weil der geschätzte Kollege Alex Ferguson eben schon seit 24 Jahren in Manchester arbeite "und ich hier erst seit acht Monaten".

Es brauche noch Zeit. Er braucht Zeit.

Aber ein Außenseiter im Sinne von chancenarm, das sind Teams von Louis van Gaal ja eigentlich nie, mag van Gaal denken. Sein Team könne Manchesters Niveau in einem Spiel erreichen, und zwar "als Mannschaft". Hilfreich wäre natürlich, könnte Arjen Robben mitwirken trotz seiner Wadenzerrung, erlitten bei der Heimniederlage gegen Stuttgart (1:2). Van Gaal sagt nicht, dass der holländische Flügelstürmer ausfalle, "rund um die Uhr" werde Robben behandelt, um ihn fit zu bekommen.

Aber auch das gehört wohl zum Spiel: den Gegner im Ungewissen lassen, wenigstens ein bisschen. Am Montag hat Robben jedenfalls nicht trainiert, es müsste sich um eine Wunderheilung handeln, säße er einsatzbereit nur auf der Bank. "Ich will nicht das kleinste Risiko eingehen", lautet es bei van Gaal, der gerne noch einmal erwähnt, dass er vom Einsatz gegen den VfB nach dem strapaziösen Pokalsieg auf Schalke abriet. "Aber Robben und der Doktor haben gesagt, dass er spielen könnte." Jetzt sei Robben zwar "nicht verletzt, aber der Muskel ist müde".

Nach gut 30 Minuten wird dies der einzige Moment gewesen sein, in dem van Gaal nicht mit unterdrückter Heiterkeit zum Auditorium sprach. Dafür hat er einmal herzhaft, ja geradezu enthemmt gelacht. Es ging um 1999, Bayern gegen ManU, das Finale in Barcelona.

"Unglaublich!", erinnert sich van Gaal, er coachte damals Barca und saß im Nou Camp auf der Tribüne. "Ich habe damals den Vorstand kurz vor Schluss nach unten gehen sehen", den Bayern-Vorstand, "und als sie unten waren, war es umgedreht" - 1:2 statt 1:0. "Schön anzusehen" sei dieses Spektakel gewesen, sagt sich van Gaal und lacht noch einmal. Aber klar, "jetzt würde ich das nicht mehr schön finden". Er spielt jetzt mit.

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