FC Bayern München:Sorgenvoll ins Finale

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Der in jeder Hinsicht angeschlagene FC Bayern zwingt sich zu drei Punkten gegen Leverkusen und freut sich auf ein Finale um Rang drei in Stuttgart.

Andreas Burkert

Andrej Woronin stellte ziemlich selbstbewusst seinen Modegeschmack zur Schau. Er trug zum gebundenen Zopf eine sehr, sehr große Armani-Sonnenbrille, deren Gläser jedes Kindergesicht verdeckt hätten; dazu ein hellblaues Oberhemd, eine dunkelblaue Stoffhose (kein Gürtel!) und dunkle Ballettschuhe mit silberner Schnalle.

Feuert seine Kollegen an: Mark van Bommel. (Foto: Foto: dpa)

Seinen Sachverstand als Fußballprofi hatte der Ukrainer zuvor noch ein wenig überzeugender unter Beweis gestellt, nicht nur mit dem Leverkusener Anschlosstor zum 1:2, das den Münchner Trainer Hitzfeld in einen Bewunderer seiner Kunst (,,sensationeller Gegentreffer, ein Schuss, unglaublich!'') verwandelt hatte. Denn Woronin sagte dann noch diesen Satz, den man zuvor erstaunlicherweise mehrfach auf den Arenagängen vernommen hatte: ,,Mit dem Schnix hätten wir gewonnen.''

Es sagt sehr viel aus über die Partie des aktuellen Vierten der Bundesliga gegen den Tabellensechsten, wenn hinterher nicht nur die Leverkusener sehnsüchtig von jenem Profi sprechen, den sie Schnix nennen und der gar nicht in München gewesen ist. Das Verlangen nach Bernd Schneider trugen am Sonntagabend vermutlich die meisten der 69000 Zuschauer im Herzen, als sie die schlichten Bemühungen zweier angeschlagener Mannschaften bestaunten, deren Duell eher zufällig 2:1 (1:0) für den Favoriten FC Bayern ausgegangen war; und wer sich nicht nach Schneider, dem Schnixer, verzehrte, der dachte wohl zumindest 90 Minuten lang an ein schönes Kaltgetränk im Biergarten. Die verstörend niveauarme Partie hinterließ allerdings auch, und das ist zu erwähnen, gut zwei Dutzend zufriedene Männer: die beiden Mannschaften, Woronin eingeschlossen.

Vielleicht muss man das zurzeit aber auch verstehen, wenn der deutsche Nationalstürmer Lukas Podolski hinterher im Namen seiner Kameraden mitteilt, wichtig seien ,,nur diese drei Punkte gewesen - alles andere ist scheißegal''. Denn die sichtbar verunsicherten Münchner haben zwar deutlich das Halbfinale der Champions League verpasst, doch nun dürfen sie nächsten Samstag wenigsten am ,,so genannten Endspiel in Stuttgart'' (Podolski) teilnehmen. Im vergangenen Sommer hat Podolski schon einmal so ein kleines, verhältnismäßig Endspiel schätzen gelernt, bei der WM mit der Nationalelf, und deshalb freut er sich nun durchaus auf das Duell mit dem VfB, der ganz unverfroren seit Wochen Platz drei behauptet. ,,Bisher konnten wir nur zuschauen und nicht eingreifen'', erklärt Ottmar Hitzfeld - ,,jetzt können wir sie in einer Direktbegegnung überholen.''

Nur noch darum geht es demnach, die Stuttgarter zu überholen und damit die Option auf die Champions League zu besitzen. Von der Meisterschaft reden die Münchner nicht, nicht mehr, ,,wir wollen nicht träumen'', sagt Hitzfeld. Dazu besteht auch kaum Anlass, weil die Mannschaft trotz eines Zwischenhochs weiterhin stagniert nach der Entlassung von Felix Magath (der am Wochenende kritisierte, der Verein hätte ,,die Position des Trainers stärken müssen, damit er wieder mehr Einfluss nehmen kann''). Nur das Anspruchsdenken eines Rekordmeisters funktioniert in München weiterhin verlässlich, wie die momentan einzige Konstante Mark van Bommel andeutet: ,,Wir stehen nicht da, wo wir hingehören.''

Um nun eine missratene Spielzeit halbwegs zu retten, wollen die Bayern für Stuttgart noch einmal alle Kräfte bündeln, auch ohne Bastian Schweinsteiger, der wegen seiner rätselhaften Knientzündung diese Saison nicht mehr auflaufen dürfte. Hoffnung suchen sie dabei in jedem Detail, ,,einen kleinen Vorteil'' nennt beispielsweise Podolski das Stuttgarter Engagement unter der Woche im Pokal. Hitzfeld wiederum sprach nach dem Erfolg gegen Bayer von einem ,,psychologisch ganz wichtigen Spiel''. Uli Hoeneß sah das genauso, ,,beim Frühstück dachte ich mir noch: Oh, oh, oh!'', berichtete der Manager - seine Leute hätten wegen des Europacup-K.o.s immer noch fürchterlich niedergeschlagen vor Müslitellern und Käsebrötchen gesessen. ,,Aber jetzt haben wir die drei Punkte, die wir unbedingt brauchten.''

Die Leverkusener haben den Bayern vermutlich gerne auf die Beine geholfen, sie sind ja schon zufrieden gewesen, dass sie nicht wieder so chancenlos waren wie kürzlich gegen Osasuna oder den Abstiegskandidaten Bochum. ,,Die Mannschaft hat eine Reaktion gezeigt, und das war ja, was wir verlangt haben'', sagte Teamchef Rudi Völler recht aufgeräumt; zumal das Übergewicht nach der Pause gezeigt habe, ,,dass wir auch körperlich toll drauf sind''. Das träfe sich dann gut, denn auch Bayer 04 hat am Samstag ein kleines Endspiel: Es geht gegen Nürnberg um Platz fünf und damit um den Uefa-Pokal. Die Aussichten sind ganz hervorragend, wenn man Andrej Woronin glauben darf. ,,Denn Schnix ist dann wieder dabei.''

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