FC Bayern München:Klimakrise um Robben

FC Bayern München: Empfindlich, aber auch sportlich wertvoll: Arjen Robben wirkt dieser Tage beim FC Bayern leicht unzufrieden.

Empfindlich, aber auch sportlich wertvoll: Arjen Robben wirkt dieser Tage beim FC Bayern leicht unzufrieden.

(Foto: AFP)
  • Vor dem Heimspiel gegen Hertha BSC muss Bayern-Trainer Heynckes mal wieder als Moderator agieren.
  • Zum ersten Mal seit langer Zeit ist wieder ein bisschen unruhig im Verein - und das liegt an Arjen Robben.
  • Hier geht es zur Bundesliga-Tabelle.

Von Benedikt Warmbrunn

"Gut", sagte Jupp Heynckes, "das Klima ist im Moment sicherlich ungemütlich." Und schon lebten die Erinnerungen auf an vergangene ungemütliche Zeiten beim FC Bayern, an Zeiten, in denen der Verein noch FC Hollywood genannt wurde. Als Lothar Matthäus in einem vermeintlich geheimen Tagebuch über Jürgen Klinsmann sagte: "Wir werden keine Freunde." Als Mario Basler in einer Pizzeria in Regensburg in eine Rangelei geriet. Als Bixente Lizarazu Matthäus ohrfeigte. Als Trainer Giovanni Trapattoni fragte: "Was erlaube Struuunz?" So war das immer, wenn das Klima beim FC Bayern ungemütlich war.

Wobei, Moment: Sprach Heynckes gerade etwa gar nicht über die Stimmung in der Kabine? Sondern bloß über das Wetter?

Jupp Heynckes, der Trainer des FC Bayern, ließ auf seinen Satz mit dem Klima ein paar weitere folgen, in denen es darum ging, dass seine Spieler im Heimspiel an diesem Samstag (15.30 Uhr) gegen Hertha BSC eben "viel laufen" müssten und dass sie "nicht stehen" dürften. Es ging also tatsächlich nur ums Wetter, um die erwarteten Temperaturen rund um den Gefrierpunkt. Ausdrücklich nicht ging es in den klimatischen Ausführungen des Trainers um Arjen Robben.

14 Spiele in Serie hat der FC Bayern gewonnen, in der Liga hat die Mannschaft 19 Punkte Vorsprung auf den Tabellenzweiten aus Dortmund, im Pokal steht sie im Halbfinale, und sie wird wohl auch das Viertelfinale der Champions League erreichen, nach dem 5:0 am Dienstag im Achtelfinal-Hinspiel gegen Besiktas Istanbul. Dennoch war es in der vergangenen Woche zum ersten Mal seit langer Zeit wieder ein bisschen unruhig im Verein. Und das lag ausdrücklich an Arjen Robben.

"Ich denke, dass das alles überbewertet wird", sagt Heynckes zwar zu den Schlagzeilen über den Flügelspieler, der sich am späten Dienstagabend keine Mühe gegeben hatte zu verbergen, wie sauer er darüber war, dass er gegen Besiktas erst einmal auf der Bank hatte Platz nehmen müssen. "Wenn ich ausspreche, was ich denke, meine Gefühle und alles", hatte der Niederländer gesagt, dann müsse er zum Rapport zu Sportdirektor Hasan Salihamidzic und Klubboss Karl-Heinz Rummenigge.

Am Freitag, drei Tage später, versuchte Heynckes das Thema nun so beiläufig zu besprechen wie das Wetter, er sagte: "Das ist doch nichts Dramatisches." Er sagte: "Das kennt man aus der Vergangenheit, jetzt in der Gegenwart ist das genauso, und das wird auch in der Zukunft so bleiben." Vor allem kennt er selbst das mit Arjen Robben bereits ganz gut. Der Trainer weiß also, dass er in den kommenden Wochen in der Rolle gefordert sein wird, in der er in den vergangenen Jahren am meisten bewirken konnte: als Moderator.

Heynckes lobt Robben ausführlich

Als Heynckes den FC Bayern zwischen 2011 und 2013 trainierte, gab es nicht nur eine halbe Woche lang, sondern immer wieder Unruhe um Robben. Dieser verlängerte zwar 2012 seinen Vertrag vorzeitig, dennoch war in Heynckes' zweitem Jahr die Zukunft des Offensivspielers in München offen. Für den Sommer 2013 hatte der Klub Pep Guardiola als Trainer gewinnen können - und hatte der in Barcelona nicht einst den Solisten Zlatan Ibrahimovic weggeschickt? Franck Ribéry, Robbens Pendant auf dem linken Flügel, galt im Klub damals als unverzichtbar, Robben dagegen hatte lange keinen Stammplatz. Sieben Mal wurde er eingewechselt, nach den Spielen verschwand er meist als Erster. Er sagte: "Meine Situation ist ein bisschen kompliziert."

Heynckes redete damals viel mit Robben, er hielt dessen Motivation hoch, seinen Frust auf einem zumindest mannschaftsverträglichen Niveau - und als sich Toni Kroos verletzte, war doch Platz für Robben. Die Saison endete damit, dass Robben im Finale der Champions League das entscheidende Tor erzielte.

Mit dieser Erfahrung im Hinterkopf sprach Heynckes am Freitag schließlich doch noch über die Stimmung in der Kabine. "Ich finde überhaupt nicht, dass das in irgendeiner Weise unser Betriebsklima stört. Im Gegenteil. Ich finde, wenn Spieler sehr ehrgeizig sind, auch leidenschaftlich und absolut professionell, dann ist das nachvollziehbar." In der Triple-Saison hatte es Heynckes geschafft, dass alle Spieler ihre Eitelkeiten dem Erfolg der Mannschaft unterordneten, der Solist Arjen Robben entdeckte sogar die Defensivarbeit. Mit dieser Erinnerung also sagte Heynckes: "Ich gehe damit ganz gelassen um. Das ist eher noch motivierend für die gesamte Truppe, weil gesunder Konkurrenzkampf ist immer gut."

Der Trainer wirkte am Freitag zuversichtlich, dass er auch in dieser Saison in der Lage sein wird, die Stimmungsschwankungen zu regulieren; mit Robben hatte er am Montag ein Gespräch, dazu ein längeres vor der Partie am vorigen Samstag, auf Robbens Wunsch hin. In Wolfsburg gewann der FC Bayern 2:1, Robben bereitete ein Tor direkt vor, das zweite indirekt, indem er einen Elfmeter herausholte.

Wie ehrgeizig, leidenschaftlich und professionell Robben ist, das beschrieb Heynckes noch, indem er dessen Körper beschrieb, ein Körper sei das, den jeder Bildhauer gerne als Modell hätte, "und der fällt nicht vom Himmel runter". Jeden Morgen sitze Robben vor dem Training auf dem Fahrrad-Ergometer, er sei "ein Vorbild" für die jüngeren Spieler. "Noch sehr viel Freude" werde der FC Bayern in dieser Saison mit Robben und dem gegen Istanbul zunächst ebenfalls nicht berücksichtigtem Ribéry haben.

Gut möglich, dass es Heynckes in dieser Woche gelungen ist, das Klima in der Kabine zu retten. Wie stabil diese Ruhe ist, das wird spätestens Anfang April einem ernsthaften Test unterzogen werden. Dann steht in der Champions League das Viertelfinale an. Und der Moderator Heynckes wird sich wieder für eine Startelf entscheiden müssen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: