Bundesliga:Die ewige Flügelzange des FC Bayern

Real Madrid - Bayern München; Robbéry

Zwei, die nicht immer miteinander konnten: Arjen Robben und Franck Ribéry.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Die Ära Robben/Ribery beim FC Bayern neigt sich dem Ende zu. Obwohl beide nichts Konkretes gesagt haben, scheint es unwahrscheinlich, dass noch eine Saison folgen wird.
  • Die Suche nach den passenden Nachfolgern auf den Flügeln gestaltet sich schwierig.
  • Beide sind immer noch prägend für das Spiel der Münchner.

Von Benedikt Warmbrunn

"Lieber 16-jähriger Arjen", so beginnt ein Brief aus dieser Woche, er handelt von der Zeit, von Enttäuschungen, Erfolgen, und irgendwie auch davon, was es braucht, um glücklich zu werden. Geschrieben hat den Brief ein 33-jähriger Arjen.

Für das amerikanische Onlineportal The Players' Tribune verfasste Arjen Robben einen Brief an sein jüngeres Ich, er schreibt sich selbst dabei den Mut zu, an eine große Karriere zu glauben. Es ist aber auch ein vorgezogener Abschiedsbrief.

An diesem Freitag (20.30 Uhr) startet der FC Bayern gegen Bayer Leverkusen in die neue Bundesliga-Saison, an deren Ende der sechste Titel in Serie stehen soll, so gesehen wäre es eine Spielzeit wie viele andere auch. Dass es dennoch eine besondere Spielzeit werden könnte, das liegt auch an Robben. Und an Franck Ribéry.

Der laufende Generationswechsel

Der FC Bayern steckt gerade in einem Generationswechsel, im Sommer haben Xabi Alonso und Philipp Lahm aufgehört, Lahm nach zwölf Jahren in München, sechs davon als Kapitän. Lahm wird wohl durch Joshua Kimmich als Rechtsverteidiger ersetzt werden, für Alonsos Position vor der Abwehr hat sich Sebastian Rudy empfohlen, aber das ist nur der Anfang des Übergangs. 2018 enden die Verträge von Robben und Ribéry, 34. Beide haben im vergangenen Winter um ein weiteres Jahr verlängert, mit dieser Salamitaktik ließe sich auch noch das eine oder andere Jahr hinten dranhängen. Doch jetzt, im Sommer 2017, weiß keiner, ob das nicht schon das letzte Scheibchen ist. Und auch nicht, wie es danach weitergehen wird.

Alle Meister seit 2000

2000 FC Bayern München (73 Punkte / 0 Punkte Vorsprung auf Platz zwei)

2001 FC Bayern München (63 / 1)

2002 Borussia Dortmund (70 / 1)

2003 FC Bayern München (75 / 16)

2004 SV Werder Bremen (74 / 6)

2005 FC Bayern München (77 /14)

2006 FC Bayern München (75 / 5)

2007 VfB Stuttgart (70 / 2)

2008 FC Bayern München (76 /10)

2009 VfL Wolfsburg (69 / 2)

2010 FC Bayern München (70 / 5)

2011 Borussia Dortmund (75 / 7)

20​12 Borussia Dortmund (81 / 8)

2013 FC Bayern München (91 / 25)

2014 FC Bayern München (90 / 19)

2015 FC Bayern München (79 / 10)

2016 FC Bayern München (88 / 10)

2017 FC Bayern München (82 / 15)

Ribéry geht in seine elfte Saison beim FC Bayern, die neunte davon gemeinsam mit Robben, in diesen Jahren sind die beiden zum Gesicht der Mannschaft geworden. Trainer Carlo Ancelotti findet vielleicht leichter einen Ersatz für die beiden als für Mittelstürmer Robert Lewandowski oder für Torwart Manuel Neuer, den gegen Leverkusen noch einmal Sven Ulreich vertreten wird. Doch wenn es darum geht, was dieses Team auszeichnet, was es für die ganz großen Triumphe braucht, dann bleibt als wichtigster Punkt: Ribéry über links, Robben über rechts.

Die Konstante

Jahrzehntelang war der FC Bayern ein stolzer Mittelstürmer-Klub, der Ball musste nur irgendwann zu Gerd Müller kommen oder zu Karl-Heinz Rummenigge, und die trafen dann eben. Das Vermächtnis von Rib & Rob ist es daher, dass der FC Bayern nun auch ein Klub der dribbelstarken Flügelspieler ist, das lässt sich aus der DNA dieses Vereins nicht mehr entfernen. Der neben sich keine Einzeldarsteller duldende Louis van Gaal, der pragmatische Jupp Heynckes, der ballbesitzvernarrte Pep Guardiola, jetzt der gemütliche Ancelotti - sie alle hatten unterschiedliche Vorlieben, sie ließen anderen Fußball spielen. Ribéry und Robben blieben. Und auch wenn einige (van Gaal, Guardiola) versucht haben, die beiden Anarchisten auf der Außenbahn mehr in ein taktisches Gebilde zu integrieren, zum Beispiel, indem einer auf die Position hinter den Angreifern rückt, so hat doch keiner von ihnen den Stil von Ribéry oder Robben nachhaltig verändert. Es wollte auch irgendwann keiner mehr.

FC Bayern ohne Niederlage

Seit 2002 gibt es Bundesliga-Eröffnungsspiele.

2002 Borussia Dortmund - Hertha BSC 2:2

2003 FC Bayern - Eintracht Frankfurt 3:1

2004 Werder Bremen - FC Schalke 04 1:0

2005 FC Bayern - Bor. Mönchengladbach 3:0

2006 FC Bayern - Borussia Dortmund 2:0

2007 VfB Stuttgart - FC Schalke 04 2:2

2008 FC Bayern - Hamburger SV 2:2

2009 VfL Wolfsburg - VfB Stuttgart 2:0

2010 FC Bayern - VfL Wolfsburg 2:1

2011 Borussia Dortmund - Hamburger SV 3:1

2012 Borussia Dortmund - W. Bremen 2:1

2013 FC Bayern - Bor. Mönchengladbach 3:1

2014 FC Bayern - VfL Wolfsburg 2:1

2015 FC Bayern - Hamburger SV 5:0

2016 FC Bayern - SV Werder Bremen 6:0

Am wertvollsten sind Ribéry und Robben in all den Jahren geblieben, wenn sie sich loslösen durften von dem, was ein Verteidiger als taktisch vernünftige Lösung erwartet. Das war jetzt auch in der Vorbereitung wieder so, als die wenigen glänzenden Momente meist einer Aktion von Ribéry folgten. Und in der Robben der heimliche Gewinner war, trotz seiner Wadenverletzung, erlitten beim Tennisspielen. Thomas Müller, Kingsley Coman, James Rodriguez, egal, wer rechts spielte, keiner konnte Akzente setzen wie Robben. Dass er einmal eine derartige Ära prägen würde, dass sein näherrückendes Karriereende den FC Bayern vor Schwierigkeiten stellen könnte, das hatten dem Niederländer nicht viele zugetraut. Auch Robben sich selbst nicht.

"Du wirst es als einen Schritt zurück sehen", schreibt der 33-jährige Arjen an den 16-jährigen Arjen über seinen Wechsel von Madrid nach München im August 2009. Er beruhigt sich aber selbst: "Es wird die beste Entscheidung, die du je treffen wirst."

Wer sind die passenden Nachfolger?

Da sie auch beim FC Bayern wissen, dass die zusammen knapp 50 Millionen Euro, die sie an Ablöse für das kongeniale Duo investiert haben, zu den zwei besten Transferentscheidungen in diesem Jahrtausend zählen, fällt ihnen die Suche nach den Nachfolgern wahnsinnig schwer. Douglas Costa hatte sich zwischenzeitlich auf der linke Seite als Ribéry-Ersatz empfohlen, inzwischen ist er an Juventus Turin ausgeliehen. Coman, 21, hat der Klub nach der zweijährigen Leihe zwar fest verpflichtet; ob er einmal Robben ersetzen kann, ist aber weiter fraglich.

Leroy Sané oder Alexis Sanchez waren dem FC Bayern zu teuer; hartnäckig hält sich dagegen das Gerücht, dass der Klub den Werdegang von Leverkusens Julian Brandt sehr aufmerksam verfolgt. Im Sommer 2019 endet Brandts Vertrag, er wäre dann 23 Jahre alt. Und die zwei Spielzeiten bis dahin trauen sich zumindest Ribéry und Robben mindestens noch zu.

Sogar mit 33, schreibt Robben seinem 16-jährigen Ich, "ist der Hunger, den du jetzt hast, immer noch da". Und noch wisse er nicht, wann er nachlassen werde, "ob nächstes Jahr oder das Jahr danach".

Doch wenn es dann so weit ist, das wissen jetzt schon beide Seiten, dann werden sie sich gegenseitig sehr vermissen, der FC Bayern und seine Flügelflitzer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: