FC Bayern mit 20 Punkten Vorsprung:Jupp Heynckes zahlt - und ist sauer

FC Bayern Muenchen v Fortuna Duesseldorf 1895 - Bundesliga

Trainer Jupp Heynckes: sauer bis empört über Rummenigge

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Der FC Bayern ist glücklich, weil er gegen Fortuna Düsseldorf mal wieder einen Rückstand dreht und weil Jérôme Boateng sein erstes Bundesliga-Tor erzielt. Nur ein seltsamer Disput zwischen Boss Karl-Heinz Rummenigge und Trainer Heynckes trübt die Stimmung.

Aus dem Stadion von Thomas Hummel

Der Samstagnachmittag in München verlief so wunderbar seltsam, dass er passenderweise mit einem lustigen Rätselraten endete. Wann, bitte sehr, Herr Lahm, war der FC Bayern vor diesem Samstag zuletzt zurückgelegen? "Wahrscheinlich gegen Stuttgart am zweiten Spieltag." Nein, Herr Lahm, falsch. Na, Herr Neuer, wissen Sie's? "Gegen Leverkusen." Määäp! Auch falsch. Und wie sieht es bei ihnen aus, Herr Müller? "Ich denke, gegen Gladbach, korrekt?" Korrekt! Es war noch im Jahr 2012, als der FC Bayern München in einem Spiel in Rückstand geriet. Bis am 9. März 2013 Fortuna Düsseldorf in die Münchner Arena kam.

Der Aufsteiger aus Düsseldorf, Tabellenzwölfter vor der Partie mit leichtem Kontakt zu den Abstiegsplätzen, bot an diesem lauen Frühlingsnachmittag ein völlig unverhofftes Spektakel. Die Münchner hatten zuvor acht Gegentore in 24 Ligaspielen erhalten, waren dabei genau dreimal in Rückstand geraten, viele Gegner waren arg verprügelt aus dem Duell mit der bayerischen Übertruppe herausgetorkelt. Doch Düsseldorf: 1:0 nach einem schönen Angriff durch den Winterzugang Mathis Bolly (16.). 2:1 nach einem Konter durch Andreas Lambertz (71.).

Dass am Ende trotzdem der FC Bayern 3:2 gewann, beeinträchtigte die Freude selbst bei den Düsseldorfern kaum. Zumindest bei den vielen tausend Düsseldorfer Zuschauern, die ihre Mannschaft feierten als wäre sie gerade noch einmal aufgestiegen (nur den Platzsturm unterließen sie diesmal). Und die Münchner kamen ohnehin freudig aus diesem lange Zeit missglückten Auftritt heraus. Eben weil er so missglückt war - und sie dennoch wieder gewannen.

"In der ersten halbe Stunde waren wir überhaupt nicht beweglich, haben einiges vermissen lassen. Die Tempowechsel haben gefehlt. Dann haben wir versäumt, früher die Tore zu machen. Aber es ist schön, dass wir die Sache noch drehen konnten", analysierte Philipp Lahm prägnant. Dass es vor allem an ihm lag, dass die Sache noch gedreht wurde, verschwieg er.

Lahm leitete das 1:1 durch Thomas Müller mit einem perfekten kurzen Pass in den Strafraum ein (44.). Und nach dem 2:2 durch den ebenfalls starken Franck Ribéry (74.) entschied eine Aktion von Lahm das Spiel. Der Rechtsverteidiger setzte im Rücken von Xherdan Shaqiri zu einem Sprint an, nach dem Pass zirkelte er den Ball genau richtig an den Fünfmeterraum, wo drei Bayern-Spieler warteten. Jérôme Boateng köpfte zum 3:2 ein (86.).

Das mit Boateng ist natürlich eine schöne Geschichte. Der Verteidiger schoss sein erstes Bundesliga-Tor im 130. Einsatz. Auf dem Weg an den Mikrofonen und Kameras vorbei erzählte er mehrfach, dass sein Vater am Samstag Geburtstag hatte und seine Zwillinge einen Tag zuvor, weshalb es nun besonders gut "passt". Außerdem muss sein Trainer Jupp Heynckes nun der ganzen Mannschaft ein Abendessen spendieren, dieser hatte wohl nicht mehr an einen Treffer seines Verteidigers geglaubt und eine Wette abgeschlossen. "Ich hatte Jérôme mal versprochen, wenn du mal triffst, gebe ich ein Essen aus. Das muss ich jetzt wohl."

So ein Mannschafts-Abendessen kann teuer sein, aber in dieser Saison kommt derart viel Siegprämie beim FC Bayern zusammen, dass Heynckes wohl auch die ganze Bundesliga einladen könnte ohne blass zu werden. Es war der 21. Sieg im 25. Ligaspiel, nach den Niederlagen von Dortmund und Leverkusen beträgt der Vorsprung auf Platz zwei sagenhafte 20 Punkte. Die Bayern haben nun alle acht Rückrundenspiel gewonnen und damit den nächsten Statistikrekord aufgestellt. Siegen sie auch in den kommenden drei Begegnungen in Leverkusen, gegen den HSV und in Frankfurt, sind sie bereits sechs Spieltage vor Schluss Meister. Ein Irrsinn, oder?

Es könnte alles so harmonisch sein

"Das alles schaut sehr gut aus", sagte Lahm und grinste, "es wird sehr schwer, uns noch von oben zu verdrängen bei 20 Punkten Vorsprung." Da könnte er Recht haben. Immerhin gab er den Zuschauern und der Konkurrenz zu verstehen, dass das alles mit harter Arbeit zu tun habe, und keiner überirdischen Gewalt. Er selbst ist hier übrigens das beste Beispiel.

Führt seine Mannschaft wie zuletzt häufiger nach einer halben Stunde 3:0, dann sieht man ihn kaum mehr. Lahm steht dann rechts hinten, führt noch drei Zweikämpfe und freut sich auf das Abendessen mit seiner Frau Claudia. Wenn es allerdings nicht so läuft oder der Gegner widerspenstig ist, dann taucht Lahm fast in allen Aktionen auf und treibt von rechts hinten das Münchner Spiel an. Gegen Düsseldorf bot er eine Weltklasse-Partie, auch wenn er vor dem 1:2 gegen den einen Kopf größeren Axel Bellinghausen ein Kopfballduell verlor.

Die Meisterschaft schon gebucht, der Pokalsieg nah, am Mittwoch kommt der FC Arsenal zum bestimmt spannungsfreien Rückspiel im Champions-League-Achtelfinale. Könnte also alles harmonisch sein in München. Könnte. Wenn nicht Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge in einem Zeitungsinterview mit der AZ dem scheidenden Trainer Heynckes für die Zeit nach der Saison einen Posten im Beirat des Klubs angeboten hätte.

Der 67-jährige Heynckes reagierte darauf erstaunt und abweisend. "Das überrascht mich. Da weiß ich bisher überhaupt nichts von", sagte er vor dem Spiel dem TV-Sender Sky. Eine solche Funktion sei für ihn nicht interessant: "Vor allem nicht, wenn ich es aus den Medien erfahre." Nach dem Spiel dasselbe: "Das kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, das ist nicht meine Welt", erklärte Heynckes. Ihm sei mal der Posten des Vizepräsidenten bei Borussia Mönchengladbach angeboten worden, aber: "Ich bin kein Funktionär."

Da hatte sich wohl etwas aufgestaut in Jupp Heynckes. Es macht bisweilen den Eindruck, als vermisse der Trainer die letzte Wertschätzung im Klub. Einige Male schon machte er öffentliche Werbung in eigener Sache, etwa im Trainingslager in Katar, als er davon sprach, dass diese Bayern-Mannschaft den besten Fußball der Klubgeschichte spiele. Da wusste er wohl schon von der Verpflichtung seines Nachfolgers Pep Guardiola. Und als diese bekanntgegeben wurde, teilte der FC Bayern voreilig das Karriereende von Heynckes mit, was dieser brüsk zurückwies.

Unter diesem Trainer werden die Münchner sicher einen, wahrscheinlich zwei, vielleicht drei Titel holen. Doch ob die Parteien dann alle in Einklang auseinandergehen, scheint nicht so sicher zu sein.

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