FC Bayern: Louis van Gaal:Das Geplapper tropft ab

Der attackierte Bayern-Trainer Louis van Gaal stichelt erneut gegen Präsident Uli Hoeneß, wundert sich über komische Vögel im Verein - und verrät sein Geheimnis für eine glücklichere Zukunft.

Moritz Kielbassa

Laut Torjäger Mario Gomez sind die neuen innenpolitischen Dispute beim FC Bayern "in der Mannschaft zu 0,0 Prozent Thema". Trainer Louis van Gaal hingegen wirkte auch am Freitag zu 100,0 Prozent gereizt wegen der jüngsten Wortbeiträge seiner Vorgesetzten Hoeneß (Präsident) und Nerlinger (Sportchef).

Alemannia Aachen v Bayern Muenchen - DFB Cup

Selbstsicher: Bayern-Trainer Louis van Gaal.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Van Gaal versteht nicht, was vorgeht: Negative Vibrationen - in einer Woche mit zwei Kantersiegen (Kaiserslautern, Aachen) und einer Phase, in der es "seit 13, 14 Spielen" bergauf gehe, abgesehen von ein paar unnötigen Unentschieden. "Aber so ist der FC Bayern und seine Umgebung", sagte van Gaal vor der Reise nach Bremen fatalistisch, "ich wusste das, die Geschichten vom FC Hollywood kennen wir auch in Holland."

Noch ist es nur ein Grummeln auf den Münchner Fluren, mit stark verklausuliertem Meinungsaustausch. "Es gibt mit dem Trainer keinen Bruch", sagt etwa Christian Nerlinger, er bestätigt jedoch, dass er sich als Sportchef "eine kritische Distanz" erlaube. Kenner des Klubs sind sicher: Nur noch Siege wahren jetzt den Hausfrieden.

Van Gaal bringt diese Zuspitzung auf die Palme: "Ich bin nicht einverstanden, dass wir in Bremen gewinnen müssen, Werder ist normal ein sehr guter Gegner!" Im Übrigen, findet er, liege Bayerns enorme Diskrepanz zwischen Heim- (Platz eins) und Auswärtsbilanz (Platz zehn) nicht nur an eigenen Mängeln - sondern an schlechter Rasenpflege vieler Gegner, siehe Wolfsburg.

Holperböden schaden van Gaals Ballkontroll-Fußball, und es widerstrebt ihm, seine Strategie der Jahreszeit anzupassen: "Lange Bälle? Nein, das will ich nicht!" Taktik ohne Varianten (beispielsweise: zwei Mittelstürmer) und sorglos offensives Spiel stehen auf der Mängelliste der Kritiker van Gaals, der zudem als Einzelkämpfer gilt. Und als geschickter Selbstvermarkter. Noch vor Monaten, im Erfolg, wurden ihm all diese Stichpunkte als positive Eigenheiten ausgelegt.

Zurzeit schlägt die Sache um. Jetzt muss sich van Gaal öffentlich rechtfertigen für all jene altgedienten Spieler, die seit seiner Ankunft die Stadt verließen (Lúcio, Toni, Demichelis, van Bommel) oder verprellt auf der Bank sitzen (Butt, van Buyten), weil er auf Jüngere mit Perspektive baut. Auch van Gaals Talentförderung fanden viele Beobachter lange Zeit prima; inzwischen, heißt es, überziehe er.

"Papageien-Musik"

Just zu diesem Thema vernahm der Trainer oben auf seiner Palme des Zorns zuletzt "Papageien-Musik", wie er Freitag bissig sagte. Gemeint war die Kritik früherer Größen des Klubs wie Oliver Kahn und Mehmet Scholl am Beschluss, den Anführer Mark van Bommel, 33, zum AC Mailand ziehen zu lassen. Solches Geplapper tropfe an ihm ab, sagte van Gaal.

Kahn sei viel zu weit weg für ein seriöses Urteil - ebenso Scholl, obwohl der als Coach von BayernII anfangs sein Partner war, aber: "Mit ihm habe ich nie viel gesprochen, mit Hermann Gerland ist es jetzt mehr." Scholl wurde in der Tat mit van Gaal nicht warm, den Papagei-Vorwurf konterte er süffisant: "Van Gaal hat recht: Ich bin ein komischer Vogel."

Gestichelt hat van Gaal erneut auch gegen Uli Hoeneß. "Der Präsident hat Kritik geübt, okay, aber diese Person ist nicht jeden Tag an der Säbener Straße", sagte er. Auch nach 19 Monaten fühlt sich der Trainer zwar "wohl in diesem warmen Verein. Vorstand, Spieler und mein Stab unterstützen mich".

Aber er fühlt sich auch: oft missverstanden. "Ehrlich, offen und menschlich" sei sein Umgang, findet er, gerade mit Spielern über 30, denen er nichts mehr versprechen könne. Etliche Personalien billigte zudem der Vorstand - es war ein gemeinsamer Plan, das Mittelfeld der Zukunft ohne den alternden van Bommel zu bauen.

Ohne den verletzten Ribéry wird die Statik dieses Mittelfelds auch in Bremen noch schief sein. Die Neubesetzung der Sechser-Posten bleibt ebenso zu beobachten wie die Rolle Philipp Lahms als neuer, integrativer Kapitän - ohne die Widerborstigkeit van Bommels. All diese aufgeregten aktuellen Debatten möchte van Gaal beruhigen, das einzige Gegenmittel kennt er: "Wir müssen gewinnen, nur dann geht es vorbei."

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