FC Bayern:Lahm will gehen, wenn er noch unersetzlich ist

Philipp Lahm

Philipp Lahm wirft den Ball ein - nur wie lange noch?

(Foto: dpa)

Nein, Philipp Lahm wird nicht spielen, bis er 39 ist - so wie der große Paulo Maldini. Vermutlich hört er im kommenden Sommer schon auf.

Von Christof Kneer

Es war eigentlich kein schlechter Satz von Carlo Ancelotti. So macht man das wahrscheinlich, wenn man irgendwo neu anfängt: Man lobt erst mal die wichtigen Leute und stellt damit gleich mal klar, dass man sich mit seinem neuen Arbeitsplatz beschäftigt hat. Und Vollprofis wie Ancelotti schaffen es, sich gleichzeitig auch noch so zu auszudrücken, dass man auch ihre eigene Lebensleistung dahinter erkennt.

Er könne sich gut vorstellen, dass Philipp Lahm auch mit 39 Jahren noch Fußball spiele, sagte Ancelotti also, als er frisch nach München kam; der große Paolo Maldini habe beim AC Mailand ja ebenso lange gespielt, auf allerhöchstem Niveau. Sollte heißen: Hallo München, ja, ich habe Respekt vor deinen Helden - aber du kannst übrigens auch Respekt vor mir haben, München, denn ich habe auch schon mit vielen Helden zusammengearbeitet.

Ob Philipp Lahm sich also geschmeichelt gefühlt hat vor ein paar Wochen? Wahrscheinlich schon. Aber vor allem hat er geschmunzelt.

Rummenigge und Hoeneß wissen schon Bescheid

Philipp Lahm feiert am Freitag seinen 33. Geburtstag, er wird so alt, wie er in zehn Jahren wahrscheinlich immer noch nicht aussehen wird. Lahm wird keine sechs Geburtstage als Profifußballer mehr erleben, das weiß Ancelotti inzwischen auch, und vermutlich weiß er sogar noch mehr: Es könnte gut sein, dass Lahm an seinem 34. Geburtstag schon eine Art Vorgesetzter von Carlo Ancelotti ist. Lahms Spielervertrag läuft offiziell noch bis Juni 2018, aber in kleineren Kreisen geht schon seit Sommer die Nachricht um, dass der Kapitän des FC Bayern vermutlich ein Jahr früher aus seinem Vertrag aussteigen wird.

Der Sport-Bild hat Lahm nun auch offiziell eine erste Andeutung gemacht, er würde ein vorzeitiges Karriere-Ende "nicht ausschließen", sagte er; er habe "ja bereits vor neun Monaten gesagt, dass diese Situation eintreten könnte, und an diesem Gedanken hat sich seither nichts geändert". Die hohen Herren im Klub sind seit einiger Zeit über die Gedankenspiele ihres Kapitäns im Bilde; nach SZ-Informationen hat Lahm vor acht Wochen den Klubchef Karl-Heinz Rummenigge und den ehemaligen und künftigen Präsidenten Uli Hoeneß informiert - und dabei offenbar auch intern jene Signale empfangen, die die hohen Herren seit geraumer Zeit auch nach draußen senden: dass sie sich "gut vorstellen könnten, dass Philipp für den Verein in der Zukunft auch außerhalb des Platzes eine wichtige Rolle spielen könnte", wie Rummenigge kürzlich im SZ-Interview sagte.

Noch immer haben sie im Klub jene Planstelle nicht besetzt, die der Sportvorstand Matthias Sammer im Sommer geräumt hat, und wer Lahm kennt, der kann sich nicht vorstellen, dass sich dieser verbindliche, aber auch sehr anspruchsvolle Mensch mit einem Trainee-Programm zufrieden gibt. Lahm will nicht hospitieren, Lahm will gestalten. Und womöglich wird er dies gleich in einem sportvorstandartigen Jobprofil tun können, obwohl die genaue Arbeitsplatzbeschreibung noch vollends verabredet werden muss.

Bei den Bayern steht ein Umbruch an

Noch hat Lahm nicht bestätigt, dass er sich im letzten Karrierejahr befindet, offiziell sagt er, die Saison dauere "noch sieben Monate, in denen viel passieren kann". Aber Lahm hatte schon immer ein bemerkenswert eigenes Gespür für das Spiel und auch für seine eigene Rolle in diesem Spiel; noch immer hält ihn die Öffentlichkeit für einen Weltklasse-Spieler, und noch immer hat die Öffentlichkeit sehr wahrscheinlich Recht damit. Aber nur Lahm steckt in Lahms Körper, nur Lahm erkennt, dass es trotz allem ein bisschen weniger wird und ein bisschen schwerer fällt - erst recht in seiner alten Rolle als rasender Rechtsverteidiger, in der er beim aktuellen Ancelotti-Fußball immer wieder mal Löcher zurennen muss, die es im Spiel der Münchner in den vergangenen Jahren selten gab.

Lahm überspielt all das immer noch, mit seiner technischen Qualität, seiner Routine und seinem unnachahmlichen Raum- und Orientierungsgefühl. Es merken noch nicht viele. Aber Lahm findet, dass es reicht, wenn er das merkt.

Alonso, Robben, Ribéry, Lahm: Ein Umbruch steht bevor

Philipp Lahm will kein Schweinsteiger werden, er will keine von Mitleid grundierten Schlagzeilen über einen Spieler mit tollem Lebenswerk lesen, der halt nur leider nicht mehr spielt. Er will gehen, wenn man ihn noch für unersetzlich hält, aber natürlich will er trotzdem, dass sein Verein vorbereitet ist. Im kleinen Kreis hat Lahm mal erzählt, dass er trotz gelegentlicher Gerüchte nie daran gedacht habe, im Falle eines Champions-League-Sieges schon im Sommer 2016 aufzuhören; er hätte das Gefühl gehabt, dass er seinen Verein damit in spontane Nöte stürzt. Nun aber kann er seine Entscheidung mit ruhigem Gewissen treffen - zwar würde es dem Klub auch im nächsten Sommer schwer fallen, auf dem extrem leeren Rechtsverteidiger-Markt einen hochkarätigen Kandidaten aufzutreiben, aber der Klub hätte dann wenigstens genügend Zeit für die Suche gehabt.

Xabi Alonso, Arjen Robben, Franck Ribéry, Philipp Lahm: Im nächsten und übernächsten Sommer steht dem FC Bayern ein markanter Umbruch bevor, und das Kuriose ist nun, dass einer von diesen vier Spielern womöglich auf einem Büro-Stuhl über die Moderation dieses Umbruchs mit entscheiden wird.

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