FC Bayern:Javi Martínez: "Habe den Fußball unglaublich vermisst"

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Kopfball-Duell: Javi Martínez war in der Wolfsburger Luft unbesiegbar. (Foto: AP)

Der lange verletzte spanische Fußballprofi stabilisiert die Bayern-Abwehr und erklärt die Erfolge der Münchner unter Trainer Pep Guardiola.

Von Javier Cáceres, München

Man mag's kaum glauben, doch auch Javier Martínez, 27, kann ein melancholischer Mensch sein. Diejenigen, die ihn kennen, erzählen über den Profi des FC Bayern, er sei ein bis zur Selbstverleugnung positiver Mensch. Mit der Selbstlosigkeit eines Zivildienstleistenden war er stets dann zur Stelle, wenn in der vorigen Saison mal wieder ein Klubkollege verletzt ausfiel. Martínez sprach diesem Mut zu: Thiago zum Beispiel, den er aus unzähligen Stunden gemeinsamer Reha-Arbeit kennt, baute er immer wieder auf; sie nennen einander: Brüder.

Er selbst focht parallel zu seiner Sozialarbeit einen 13-monatigen, einsamen, oft nutzlos erscheinenden Kampf um Genesung. Trotzdem versagte er sich jeden öffentlichen Anflug von Schwermut. Nun aber sagt er: "Ich habe den Fußball unglaublich vermisst." Es klingt ein bisschen wie ein Geständnis.

Am Dienstag stand Javi Martínez beim 3:1-Sieg des FC Bayern im DFB-Pokal in Wolfsburg in der Startformation. Es war erst sein zweites Spiel von Beginn an in der laufenden Saison. Zuvor hatte er gegen Borussia Dortmund über 90 Minuten mitgewirkt, bislang kam er in dieser Spielzeit auf 390 Einsatzminuten. Das ist bereits ein Vielfaches seiner Spielzeit der Saison 2014/15, in der er an nur einem Bundesligaspiel teilnehmen konnte und nach gut einer Stunde gegen Leverkusen wieder ausgewechselt wurde. Grund: Martínez laborierte lange an einer schweren Knieverletzung, im August 2014 war beim Supercup in Dortmund das Kreuzband gerissen.

In seiner Leidenszeit träumte er nachts davon, wieder gegen den Ball treten zu können. Nun fühlt er sich endlich wieder als vollwertiger Teil einer Mannschaft, die in der Bundesliga nur Erfolge kennt und an diesem Freitagabend in Frankfurt darauf hofft, am elften Spieltag den elften Sieg einzufahren. "Ich bin besser drauf, als ich dachte", sagte Martínez in Wolfsburg. Er ist nunmehr Teil eines sagenhaft funktionierenden Systems. "Wir haben einen unglaublichen Start in die Saison hingelegt", sagt Martínez, "wegen unserem Ehrgeiz, unserem Hunger, unserer Haltung."

All diese Eigenschaften verkörperte auch er, vielleicht mehr als jeder andere, als der FC Bayern im Sommer 2013 unter Jupp Heynckes die Champions League gewann. Auch Heynckes-Nachfolger Pep Guardiola war von Martínez begeistert: Seit der argentinische Trainer Marcelo Bielsa bei Athletic Bilbao einst Martínez als Verteidiger aufstellte, hatte sich Guardiola für den vielseitigen Basken interessiert. Auch deshalb war der FC Barcelona mit im Rennen, bevor der FC Bayern Martínez für angeblich 40 Millionen in Bilbao auslöste.

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Der Grund des guten Starts? "Wir haben Peps Stil verinnerlicht."

In Wolfsburg spielte er wieder im Abwehrzentrum. Direkt neben Jérome Boateng - der vor allem deshalb wieder lange Pässe schlagen konnte wie weiland Ronald Koeman beim FC Barcelona, weil Martínez alles Übrige erledigte. Insbesondere in den Luftduellen mit Wolfsburgs Mittelstürmer Bas Dost war er präsent - ähnlich wie nach seiner Einwechslung zur Pause beim 5:1 (0:1) der Bayern gegen den VfL Wolfsburg in der Bundesliga Ende September.

"Der Grund für unseren guten Saisonstart ist, dass wir Peps Stil verinnerlicht haben", sagt Martínez: "Wir wollen so hoch wie möglich Druck auf den Gegner erzeugen, gegen den Ball Druck ausüben, viele Chancen schaffen." Hinzu komme, dass die Bayern nun mehr Ressourcen haben, um den Gegner durch Einzelaktionen aus dem Gleichgewicht zu bringen. "Im vergangenen Jahr fehlten uns Frank (Ribéry) und Arjen (Robben); nun ist Arjen wieder da, zudem sind mit Kingsley (Coman) und Douglas (Costa) zwei Topspieler gekommen."

Die Nebengeräusche, durch die unklare Zukunft von Trainer Guardiola verursacht, gehen offenbar am Team vorbei. "Wir sind gelassen, wir konzentrieren uns nur auf den Fußball", sagt Martínez. Vor allem er, der nur im Sinn hat, jeden neuen Keim der Melancholie zu ersticken. Er will spielen, "ob in der Abwehr, im Mittelfeld, im Sturm, mir egal". Im Sturm war er tatsächlich mal zu sehen: In Spaniens Nationalelf, die er 2016 zur EM nach Frankreich begleiten möchte. Er war damals wohl die falscheste Neun, die es je gab. Martínez als Sturmspitze? Vielleicht ist das auch eine Option für Guardiola.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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