FC Bayern in der Einzelkritik:Ribérys Schuss des Tages

Der Franzose trifft den Ball perfekt, aber nicht ins Tor. Landsmann Kingsley Coman beschleunigt wie auf dem Mofa. Mario Götze sucht das Spiel. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Martin Schneider

Manuel Neuer

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(Foto: AFP)

Erinnert sich vielleicht noch an den 18. Oktober 2014. Denn das war - statistisch belegt - der langweiligste Tag seines Torhüter-Lebens. Keinen einzigen Torschuss brachte Bremen auf seinen Kasten. In 21 Jahren, seitdem diese Statistik erfasst wird, hatte das noch keine Mannschaft geschafft. Hatte diesmal was zu tun: In der siebten Minute köpfte Jannik Vestergaard auf sein Tor. Neuer fing den Ball sicher. Musste kurz darauf einen Rückpass stoppen und weiterleiten. Auf dem Adrenalin-Niveau bewegte sich ungefähr sein Nachmittag.

Philipp Lahm

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Bekam vor dem Spiel einen rot-weißen Blumenstrauß. Weil er 100 Spiele in der Champions League und vergangene Woche 300 Spiele für den FC Bayern in der Bundesliga spielte. Würde sich "Routine" manifestieren, sie würde die Gestalt von Philipp Lahm annehmen. War in diesem Spiel allein gleichzeitig Außenverteidiger, Spielgestalter neben Xabi Alonso und Kombinationspartner von Kingsley Coman. Spielte 162 Pässe. Die ganze Mannschaft von Werder Bremen spielte 194.

Medhi Benatia

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ist ein gelernter Innenverteidiger und wieder fit. Die Kombination hat der FC Bayern sonst nur noch bei Serdar Tasci im Angebot, der aber nach seinem unglücklichen Auftritt gegen Darmstadt offenbar nicht mehr richtig auf dem Zettel von Pep Guardiola steht. Medhi Benatia wäre also eine Option am Mittwoch gegen Juventus Turin, allerdings konnte er gegen Bremen nichts unter realen Bedingungen erproben, was so ein Innenverteidiger hauptsächlich können muss: nämlich verteidigen. War erster Passgeber und wurde noch nicht mal von den Bremer Stürmern angelaufen. Agierte souverän. Das Spiel für ihn war aber auch so kompliziert, wie unfallfrei einen Blumenstrauß überreicht zu bekommen.

Joshua Kimmich

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(Foto: Getty Images)

Hatte am vergangenen Wochenende gegen Dortmund das Pech, dass er Medhi Benatia nicht gehört hatte. Der hätte ihm nämlich sagen sollen, dass er auf die Sechser-Position rücken soll, was er aber wegen der Lautstärke im Stadion nicht hörte. Bekam dann die volle Lautstärke eines wütenden Pep Guardiola ab, der ihm noch auf dem Feld erklärte, was er falsch gemacht hatte. Machte gegen Bremen nichts falsch, empfing trotzdem ständig von Pep Guardiola Anweisungen. Weil sich Bremen weigerte, am Spiel teilzunehmen, sollte Benatia hinten bleiben und Kimmich nach vorne rücken. Hörte die Anweisung diesmal und führte sie aus. Lieferte keinen Grund, ihn anzuschreien.

David Alaba

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(Foto: AP)

Ist rege auf Snapchat aktiv. Das ist ein soziales Netzwerk, in dem man Bilder und Kurz-Videos in die Welt rausschicken kann und das bei allen Unter-18-Jährigen sowas wie das neue Facebook ist. Filmt sich dort meistens selbst, wie er im Auto sitzt und Musik hört. Hat vor Kurzem die Funktion entdeckt, wie man auf Fotos Gesichter verzerren kann und postet nun birnenförmige Köpfe, entweder von sich oder Rafinha. Ist das wichtig? Nein, aber es ist kurzweiliger Spaß. Den holte er sich auch auf dem Platz. Merkte schnell, dass er als "Verteidiger" in diesem Spiel so wichtig sein würde wie Snapchat für alle über 30 Jahre. Wechselte mit Thiago vor ihm oft die Position, war manchmal darum zuweilen auch Stürmer. Als reiner Verteidiger hätte er auch gefahrlos aufs Smartphone starren können.

Xabi Alonso

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(Foto: REUTERS)

Mit 34 Jahren der Greis des Spiels aber nicht der Greis des Tages. Denn 1500 Kilometer nördlich von München gewann Ole Einar Björndalen Staffel-Gold bei der Biathlon-WM. Der ist acht Jahre älter als Xabi Alonso und wenn man sich Alonsos Spiel gegen Bremen so anschaute, kam der Schluss, dass der Baske auch mit 52 so noch spielen kann. Behielt stets die Ruhe, brachte die Pässe ins Ziel. Lief nur dann, wenn er wirklich musste. Und da Bremen nicht mal so tat, als würden sie in diesem Spiel was holen wollen, musste er selten in den Nahkampf gehen. Irgendein Statistiker müsste mal zählen, wie oft Alonso im Spiel den Kopf dreht, um das Feld zu scannen. Sieht dabei aus wie eine Eule. Der Hals könnte mit 52 vielleicht doch ein Problem sein.

Thiago

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(Foto: REUTERS)

Fiel zu Beginn des Spiels zusammen mit Mario Götze in eine Flanke von Kingsley Coman. Da beide mit 1,72 Metern (Thiago) und 1,76 Metern (Götze) prädestinierte Kopfballspieler sind, sprang Thiago gleich mit dem Fuß in die Flanke und traf. Sprang in der 90. Minute in eine Flanke von Coman - und traf wieder. Auf dem Weg zum Thiago-oder-nix-Thiago, den Pep Guardiola einst als Spieler forderte. Beweglich, technisch stark und in Kombination mit Thomas Müller eine echte Fußball-Waffe. Müller läuft in die Räume, in die er den Ball stecken kann. Außerdem faszinierend: Geht in fast jedes Kopfball-Duell im Mittelfeld, obwohl er offensichtlich keine Chance hat. Unter anderem gegen Jannik Vestergaard. Der misst 1,98 Meter.

Mario Götze

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(Foto: REUTERS)

Stand wieder in der Startelf, nachdem ihn Pep Guardiola fünf Spiele lang auf der Bank ignoriert hatte. Was man ihm anrechnen muss: Engagement. Hatte bis zu seiner Auswechslung die meisten Kilometer aller Bayern-Spieler runtergespult. Was man kritisieren muss: Schaffte es nicht, mit diesen Kilometern einen Ertrag zu erzielen. Wer ihn beobachtete, sah einen Spieler, der das Spiel suchte, es aber nicht fand. Wurde früh für Sebastian Rode ausgewechselt und Pep Guardiola umarmte ihn.

Franck Ribéry

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(Foto: AFP)

In der 65. Minute fixierte Franck Ribéry den Ball, der aus dem schwarzen Himmel auf ihn runterfiel. Er drehte sich in die richtige Position, holte mit seinem Schussbein aus. Sein Fuß schnellte nach vorne, er traf den Ball perfekt, dieser zischte auf das Tor. Bremens Felix Wiedwald klatscht ab, Thomas Müller trifft. Ribéry wurde anschließend bejubelt für den Schuss des Tages, der nicht im Tor landete. Ist wieder auf dem Weg, der alte Ribéry zu werden. Zwängte sich durch zwei Gegenspieler durch wie früher, nahm den Ball technisch perfekt an wie früher und rastete auch aus wie früher, als ihn Theodor Gebre Selassie umtrat. War mal Europas Fußballer des Jahres und deutete gegen Bremen an, warum.

Kingsley Coman

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(Foto: dpa)

Wenn man davon ausgeht, dass in der Bundesliga überdurchschnittlich fitte, junge Menschen ihrem Beruf nachgehen, dann fragt man sich umso mehr: Wie kann es sein, dass dieser 19-jährige Franzose einfach am Gegenspieler vorbeiläuft? Wie kann dieser Coman Santiago Garcia auf zehn Metern acht abnehmen? Beschleunigte vor dem 2:0 wie ein 16-Jähriger, der mit seinem frisierten Mofa vorm Club Eindruck schinden will. Kurz bevor er in die Bande krachte, brachte er den Pass auf Thomas Müller. Bereitete weitere Tore vor.

Thomas Müller

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(Foto: REUTERS)

Natürlich kann man jetzt wieder über die Tore von Thomas Müller schreiben. Er hat jetzt 19. So viel wie noch nie in einer Saison. Aber viel spannender ist es, ihn bei abseitigen Situationen zu beobachten. Etwa in der 18. Minute, als er im Sprint auf den Bremer Abwehrspieler Papy Djilobodji zulief, um ihn zu stören. Oder als er seinen viel zu dünnen Körper irgendwo an der Außenlinie in einen Zweikampf mit der Wuchtbrumme Sambou Yatabaré warf und den Ball sicherte, obwohl es kurz vorher so aussah, als würde Müller umfallen. Oder wenn er nach einer vergebenen Torchance mit den flachen Händen auf den Rasen schlägt, als hätte gerade ein Zehnjähriger beim Mau-Mau verloren. Wurde mit Standing Ovations verabschiedet.

Sebastian Rode

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Hat vielleicht die undankbarste Rolle im Bayern-Kader. Spielt eigentlich immer ordentlich bis gut, wenn er reinkommt, wird aber wohl nie an den Thiagos, Vidals und Alonsos vorbeikommen. Kam ins Spiel und spielte ordentlich bis gut. (Im Bild rechts)

Rafinha

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Wurde als Abwehrspieler in ein Spiel eingewechselt, das keine Abwehr brauchte. Fiel nicht weiter auf.

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Würde in der aktuellen Form auch beim Sonntags-Frühstück ein Bundesliga-Tor erzielen. Gegen Bremen war es leichter, als einen Muffin zu verspeisen. Hat jetzt 24 Treffer auf dem Konto. (Im Bild rechts)

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