FC Bayern in der Einzelkritik:Pfiffe sogar für Arjen Robben

Arjen Robben ist nur mit zehn Prozent seiner Tricks erfolgreich und spürt den Unmut des Volkes, Jérôme Boateng gestikuliert wie Mark van Bommel, Manuel Neuer wäre viel lieber Libero als Torhüter und gönnt sich den Patzer des Tages. Die Bayern beim 0:1 gegen Gladbach in der Einzelkritik.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

FC Bayern in der Einzelkritik

Manuel Neuer

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(Foto: dapd)

Arjen Robben ist nur mit zehn Prozent seiner Tricks erfolgreich und spürt den Unmut des Volkes, Jérôme Boateng gestikuliert wie Mark van Bommel, Manuel Neuer wäre viel lieber Libero als Torhüter und gönnt sich den Patzer des Tages. Die Bayern beim 0:1 gegen Gladbach in der Einzelkritik. Kämpfte unter der Woche mit einem Magen-Darm-Virus. Gewann. Nahm vor dem Anpfiff am Wettbewerb teil, wessen Namen die Fans am lautesten skandieren würden. Gewann. Parierte nach 40 Minuten formidabel einen Außenrist-Schlenzer von Juan Arango, leitete danach mit einem 50-Meter-Abwurf einen Angriff ein. Lieferte sich in der zweiten Halbzeit ein Duell mit Boateng, wer Libero sein durfte. Verlor. Weil jedoch auch Boateng verlor, durfte Igor de Camargo zum 0:1 einköpfen. Darf dafür aber nicht kritisiert werden, weil solche Aktionen nach Ansicht von Matthias Sammer zur Spielweise moderner Torhüter gehören.

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Rafinha

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ist laut landläufiger Meinung ein Sauhund, in Wirklichkeit aber nur ein ganz normaler Schlingel. Hatte in der Vorbereitung so getan, als wäre er ein Mitglied von "Vorfahrt für Abwehr" und hatte kaum die Mittellinie überschritten. Rannte gegen Gladbach immer wieder mutig nach vorne, um seinen Vordermann Arjen Robben zu unterstützen. Wurde von dem jedoch nur selten beachtet. Gab nicht auf, verlieh seinem Unmut über die Nicht-Beachtung jedoch immer martialischer Ausdruck. Am Ende einfach nur verzweifelt.

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Jérôme Boateng

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Hatte in der Vorbereitung sein Repertoire angedeutet, das vor allem aus Präsenz im Strafraum, gutem Stellungsspiel und gewagten Rettungsmanövern besteht. Gestikulierte hin und wieder, was ein wenig an Mark van Bommel erinnerte - doch während van Bommel ausgesehen hatte wie ein New Yorker Verkehrspolizist, wirkte Boateng wie der - ja, wirklich - Chef einer Defensive. Sorgte dann für einen nostalgischen Moment, als er sich erst einen Stellungsfehler und danach ein Missverständnis mit Neuer leistete. Erinnerte damit verdächtig an Breno und sorgte dafür, dass seine bis dahin formidable Leistung nun plötzlich gar nicht mehr formidabel aussah. Verletzte sich kurz vor Spielschluss am Sprunggelenk, fährt aber trotz der Bänderzerrung nächste Woche zur Nationalmannschaft.

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Holger Badstuber

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

In der vergangenen Saison war von ihm verlangt worden, die Defensive des FC Bayern zu organisieren - in einem Alter, in dem er in den USA nicht mal ein Bier hätte kaufen dürfen. Und bisweilen mit Wackeltaps Breno neben sich. Hat nun Boateng neben sich, der weder wackelt noch tapst. Agierte stellungssicher und zweikampfstark - und spielte in der ersten Halbzeit keinen einzigen Fehlpass. Verließ sich dann bei einem von Gladbach nach vorne geprügelten Ball darauf, dass Neuer und Boateng schon klären würden. Das taten sie nicht. Danach umsichtig, wurde aber auch nicht mehr geprüft.

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Philipp Lahm

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(Foto: dpa)

Hatte unter der Woche verkündet, dass ihm neben dem Tragen der Binde vor allem der Einfluss gefällt, den so ein Kapitänsamt mit sich bringt. Wollte diesen Einfluss vor dem Anpfiff nutzen, verlor jedoch die Seitenwahl. Reduzierte seinen Einfluss zusätzlich, indem er die martialische Ansprache vor der Partie Bastian Schweinsteiger überließ. Erhöhte seinen Einfluss danach immens, indem er immer wieder offensiv tätig wurde und schöne Bälle in die Spitze spielte. Reduzierte seinen offensiven Einfluss in der zweiten Halbzeit zunächst auf ein Minimum, überschritt erst nach dem 0:1 wieder die Mittellinie. Da war es aber schon zu spät.

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Bastian Schweinsteiger

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(Foto: AP)

Durfte vor dem Anpfiff die Ansprache an die Mannschaft halten. Begann im defensiven Mittelfeld, gesellte sich während der ersten Halbzeit aber immer wieder zu Mario Gomez in den Angriff, um dessen Ablagen nach langen Zuspielen zu empfangen. Das funktionierte jedoch nur selten. Versuchte danach, gefährliche Angriffe zu inszenieren, verwendete dabei die Stilmittel Kurzpass, Diagonalpass und Nach-vorne-Bolzen. Versuchte nach dem Rückstand, seine Kollegen anzutreiben, verwendete dabei die Stilmittel Anfeuern, Dirigieren und kräftiger Anschiss. Stemmte sich aufopfernd gegen die Niederlage, konnte sie jedoch nicht verhindern.

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Luiz Gustavo

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(Foto: dpa)

Durfte im defensiven Mittelfeld beginnen, obwohl dort nicht wenige Beobachter Anatolij Timoschtschuk vermutet hatten. Schaffte es in der ersten Halbzeit, fast jeden Gladbacher Akteur einmal anzuspielen. Drosch zu Beginn der zweiten Halbzeit ein formschönes Luftloch, das heftiges Kopfschütteln bei Heynckes hervorrief. Ließ seinen Gegenspieler vor dem 0:1 den Ball nach vorne kloppen und schüttelte danach heftig den Kopf. Wurde nach der Hereinnahme von Petersen in die Innenverteidigung beordert. Draußen machte sich Timoschtschuk warm - und schüttelte verständnislos den Kopf.

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Arjen Robben

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(Foto: REUTERS)

Zeigte nach ein paar Minuten wieder den Trick, der irgendwann nach ihm benannt werden dürfte: kurzer Spurt auf der rechten Außenbahn, danach Ball und Körper nach innen wenden und dabei mindestens drei Gegner umspielen. War damit in zehn Prozent aller Fälle erfolgreich, weshalb tatsächlich etwas passierte, was noch vor wenigen Monaten als Blasphemie gegolten hätte: Wurde vom Publikum vorsichtig ausgepfiffen und von Schweinsteiger weniger vorsichtig angemotzt. Reagierte darauf überhaupt nicht, sondern spielte einfach so weiter wie zuvor. Wurde nicht mehr ausgepfiffen oder angemotzt, es jubelte ihm aber auch keiner zu.

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Toni Kroos

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(Foto: dapd)

Hatte das Problem, an diesem Tag auf der falschen Position agieren zu müssen: im offensiven Mittelfeld. Musste nämlich erkennen, dass dorthin keine Bälle kamen, weil Müller und Robben auf den Außenbahnen wuselten. Musste deshalb auf Zuspiele vom Gegner warten, durch die er zwei Mal in schöne Schussposition kam - jedoch jeweils verzog. Hatte aber das Glück, dass seine Mitspieler ihm das Spielgerät wenigstens bei Ecken und Freistößen überließen. In der zweiten Halbzeit zunächst auffälliger, weil seine Kollegen erkannten, dass von ihm eher gefährliche Aktionen zu erwarten waren als von Robben. Wurde dann jedoch ausgewechselt.

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Thomas Müller

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(Foto: AFP)

Zeigte nach ein paar Minuten wieder den Trick, der irgendwann nach ihm benannt werden dürfte: kurze Täuschung, danach Ball und Körper am Gegner vorbei. Ist damit in 70 Prozent aller Fälle erfolgreich. Überaus aktiv auf der linken Außenbahn, immer wieder mit gefährlichen Aktionen und auch technisch anspruchsvollen Einlagen, die anerkennendes Zungeschnalzen beim Publikum hervorriefen. Wehrte sich unermüdlich gegen die Niederlage, erzielte in der 77. Spielminute einen Treffer, dem jedoch wegen Abseits die Anerkennung versagt blieb - was er mit heftigem Armrudern beklagte. Bester Bayern-Spieler, gewann zudem den Wettbewerb um die auffälligste Schuhfarbe knapp gegen Gomez, Badstuber und Boateng.

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Mario Gomez

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(Foto: dpa)

Würde er vier Tore gegen Gladbach schießen? Oder doch nur drei? Und klar, er wird erneut Torschützenkönig, schließlich ist der FC Bayern eine der offensivstärksten Mannschaften Europas und Gomez im Angriff der Münchner konkurrenzlos. Nur Vereinsboss Karl-Heinz Rummenigge erlaubte sich eine Warnung an Gomez, Erfolge nicht einfach so zu erwarten - sondern dafür zu arbeiten. Hörte auf Rummenigge, war überaus aktiv und präsent, in der ersten Halbzeit jedoch ohne Glück. Hätte in der Vergangenheit damit wohl gehadert, machte nun aber einfach weiter mit Aktivität und Präsenz. Einen schönen Kopfball direkt nach der Pause hielt der Torwart, einen schönen Kopfball drückte er an den Pfosten. Blieb jedoch ohne Glück.

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Franck Ribéry

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(Foto: AFP)

Bekam von Louis van Gaal einmal mitgeteilt, dass es einen Unterschied gebe zwischen "fit" und "spielfit". Hatte das damals für Quatsch gehalten. War in der Vorbereitung verletzt, erklärte sich pünktlich zum Saisonstart für "fit". Musste feststellen, dass auch Heynckes den Begriff "spielfit" kennt und Ribéry erst mal auf die Bank setzte. Zeigte ein paar Minuten nach seiner Einwechslung den Trick, der irgendwann nach ihm benannt werden dürfte: Nestelte an den Bändern seiner Hose oder an den Schnürsenkeln, bis selbst sein Gegenspieler nicht mehr hinsehen konnte. War damit in 100 Prozent aller Fälle erfolgreich. Eine sportlich wirklich wertvolle Aktion gelang ihm indes nicht wirklich.

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Nils Petersen

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Kam nach 76 Minuten für Boateng, wodurch Heynckes signalisierte, dass in den verbleibenden Minuten die Initiative "Vorfahrt für Abwehr" keine Bedeutung mehr haben würde. Wollte unbedingt ein Tor schießen, versuchte es immer wieder - jedoch erfolglos.

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Jupp Heynckes

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Stand nach 30 Minuten erstmals auf, um einen besseren Blick auf das Spielfeld zu haben. Sprach dabei, als würde er die Partie live für einen Bezahlsender kommentieren. Redete auf Kroos ein, der verständnisvoll nickte. Redete später auf Philipp Lahm ein, der verständnisvoll nickte. Redete dann auf den Schiedsrichter ein, der verständnislos den Kopf schüttelte. In der zweiten Halbzeit von Beginn an auf den Beinen, nickte hin und wieder verständnisvoll - schüttelte aber immer öfter verständnislos den Kopf. Setzte sich gegen Ende des Spiels wieder auf die Ersatzbank - und schimpfte dort minutenlang.

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