FC Bayern in der Einzelkritik:Boateng fungiert als Schlossgespenst

Der Verteidiger rettet den Sieg gegen Dortmund, Thomas Müller macht auch im Pokal seine eigenen Gesetze und Franck Ribéry wird von einer gelben Karte überrascht. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Martin Schneider

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Sven Ulreich

DFB Cup Third Round - Bayern Munich vs Borussia Dortmund

Quelle: REUTERS

Erlebte ganz lange ein Spiel wie jedes andere: Hatte nichts zu tun. Dachte vielleicht an das DFB-Pokal-Halbfinale im April gegen den BVB. Da vertrat er auch schon Manuel Neuer und vor ihm wirbelten Pierre-Emerick Aubameyang, Marco Reus und Ousmane Dembélé. Damals kassierte er drei Gegentore und hatte auch sonst gut zu tun. Von den drei Genannten war diesmal keiner dabei: Einer war leicht verletzt, der andere ist schon länger schwerer verletzt und der Dritte ist für viel Geld verkauft. Und so fror Sven Ulreich in seinen vorgeschriebenen kurzen Hosen kurz vor Weihnachten in der ersten Halbzeit vor sich hin. Pflückte erst in der zweiten Halbzeit mal eine Flanke und sorgte dann selbst für die beste BVB-Chance, als er einen Pass in die Füße der Dortmunder spielte und Kagawa verzog. Erst als Marcel Schmelzer dann plötzlich auch noch am Tor vorbeischoss, hätte er vielleicht den Oliver Kahn in sich erwecken müssen und seine Vorderleute mal aufwecken sollen. Tat er nicht. Kassierte dafür den Anschlusstreffer von Andrej Jarmolenko, weil er zu langsam von einer Ecke seines Tores in die andere lief.

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Joshua Kimmich

Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - DFB Cup

Quelle: Bongarts/Getty Images

Auffälligste Szene: Als ganz Dortmund Elfmeter seinetwegen forderte. Drehte sich in eine Flanke von Raphael Guerreiro und blockte sie mit seiner Hand. Aber Schiedsrichter Sascha Stegemann sah es entweder nicht, oder meinte, dass die Reaktionszeit zu kurz war, um Kimmich Absicht zu unterstellen. Verhinderte vor dem Dortmunder Anschlusstreffer die Flanke von Kagawa nicht, weil er ein bisschen weit weg stand. Bei Kimmich scheint mit ein bisschen Verspätung die Confed-Cup-Müdigkeit durchzuschlagen. Spielte ja seit Sommer fast immer und ist eigentlich immer laufstärkster Bayern-Spieler. Diesmal unauffällig, weil seine Seite vorne auch mit den rotierenden Thomas Müller und James Rodriguez gut besetzt war. Besinnliches Spiel kurz vor Weihnachten. Reichte gegen diesen BVB gerade noch so.

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Jérôme Boateng

Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - DFB Cup

Quelle: Bongarts/Getty Images

Es lief die 30. Minute, als Jérôme Boateng Dortmunds Sokratis erschreckte, als wäre er Hui Buh das Schlossgespenst. Sokratis wollte einen Konter nach einer Bayern-Ecke aufbauen, da kam Boateng von hinten mit mächtigen Schritten wie eine Art Polarexpress über das Spielfeld gelaufen und nahm ihm in aller Lässigkeit den Ball ab. Und ein Tor hatte er zu dem Zeitpunkt auch schon erzielt. Sah als Basketball-Fan, wie in den ersten Minuten niemand nach dem Lattenkopfball von Arturo Vidal den Rebound verwertete. Holte das dann nach dem Lattenkopfball von Süle nach und setzte den Kopfball ins Netz. Blockte 79 Minuten später als letzte relevante Aktion des Spiels den Schuss von Alexander Isak - wäre Boateng nicht da gewesen, es wäre wohl der Ausgleich gewesen.

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Niklas Süle

Bayern München - Borussia Dortmund

Quelle: dpa

Verlor das Kopfballduell gegen den Kollegen Vidal, weil er in der zwölften Minute seinen Versuch mit weniger Kraft gegen die Latte setzte, als der Chilene ein paar Minuten vorher. Allerdings: Dadurch konnte Boateng den Abpraller verwerten. Ersetzte den kränkelnden Mats Hummels mit einer gesunden Abwehrleistung.

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David Alaba

Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - DFB Cup

Quelle: Bongarts/Getty Images

Machte den größten Fehler des Spiels und korrigierte ihn selbst mit der größten Rettungsaktion des Spiels. Trat an einem Querpass von Christian Pulisic im eigenen Sechzehner vorbei, an dem man als Verteidiger besser nicht vorbeitreten sollte. Schaltete dann blitzschnell, stand auf und köpfte den Schuss von Andrej Jarmolenko von der Linie, nachdem Sven Ulreich schon überwunden war. Freute sich sonst wie ein Schneekönig, dass sein Spezl Ribéry wieder fit ist und auf seiner Seite spielte. War heute - obwohl er Jarmolenko bei dessen Tor aus dem Auge verlor - der bessere der beiden bayerischen Außenverteidiger. Das kam in der jüngeren Vergangenheit nicht so oft vor.

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Javi Martínez

DFB Cup Third Round - Bayern Munich vs Borussia Dortmund

Quelle: REUTERS

Chef des spanisch-sprachigen Dreiecks, des bajuwarischen Triangulos im Mittelfeld des FC Bayern. Spielte mit einer Ruhe wie jemand, der Anfang Dezember schon alle Weihnachtsgeschenke hat. Sicher in der Defensive, strukturierend in der Offensive. Besitzt die Gabe, Spielsituationen immer eine halbe Sekunde früher zu erkennen, als andere auf dem Platz. Wirkt daher unspektakulärer als die Amigos Vidal und James - gibt aber auch deshalb die Richtung vor. Erst in der Schlussphase wurde es ihm ein bisschen zu hektisch auf dem Platz.

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Arturo Vidal

Bayern München - Borussia Dortmund

Quelle: dpa

Ließ nach drei Minuten die Latte Jingle Bells singen. Setzte einen Kopfball mit einem Wumms gegen das Gebälk, dass im Strafraum die Glocken läuteten. Ist ja der Weihnachtsfußballer des FC Bayern - nicht, weil er eine Frisur wie eine Christbaumspitze hat, sondern weil in seinem Spiel immer eine Überraschung drin ist. Diesmal war es ein Pass auf Lewandowski, den man so eher dem verletzten Thiago zugetraut hätte. Passempfänger Lewandowski war leider zu überrascht von diesem Ball, um ein Tor draus zu machen. Wegen der Präsenz von Martínez von Defensiv-Aufgaben partiell entbunden, hatte er Kraft für Vorstöße übrig. Das verunsicherte die eh schon verunsicherte Abwehr des BVB noch mehr. Fehlte in den Schlussminuten die Kraft gegen stürmende Dortmunder, rannte dann eben wie ein müder Krieger.

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Thomas Müller

Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - DFB Cup

Quelle: Bongarts/Getty Images

Spielt nicht nur im Pokal nach seinen eigenen Gesetzen. Vor seinem Tor zum 2:0 zum Beispiel. Leitete die Pass-Kombination ein, obwohl er nicht für Pass-Kombinationen bekannt ist. Lupfte dann den Ball über Roman Bürki, obwohl er nicht für Lupfer bekannt ist. Weil er ja schon gegen den VfB Stuttgart ein Tor per Gewalt-Schuss erzielte und nicht für Gewalt-Schüsse bekannt ist und man sich fragte: "Ist das wirklich Thomas Müller?" Da sah man in der Wiederholung, dass er vor dem Lupfer das Gleichgewicht verlor, fast umfiel, sich dann aber mit einer Ausgleichswackelbewegung rettete, wie es nur der absolut echte Thomas Müller hinbekommt. Sah in der zweiten Halbzeit eine Torwartparade von Roman Bürki, die auch nicht nach normalen Gesetzen funktionierte. Der Schweizer blockte einen Müller-Kopfball mit dem Fuß von der Linie. In der Schlussphase nur noch Abwehrspieler. Duellierte sich statt mit Roman Bürki mit André Schürrle. Bekam auch das irgendwie hin.

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James Rodriguez

Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - DFB Cup

Quelle: Bongarts/Getty Images

Als Kolumbianer bei diesen Temperaturen auf anständiger Betriebstemperatur. Hatte seine beste Torchance, als er frisch aufgewärmt aus der Kabine zur zweiten Halbzeit das Spielfeld betrat. Scheiterte aber an Roman Bürki. Harmonierte sehr gut mit dem Oberbayer Müller, gab die Spektakelverantwortung allerdings an die Kollegen ab. Durfte nach 75 Minuten unter die warme Dusche, weil Jupp Heynckes mit Tolisso das Ergebnis sichern wollte.

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Franck Ribéry

Bayern München - Borussia Dortmund

Quelle: dpa

Spielte auf seiner Seite gegen Jeremy Toljan, was ihn sicher sehr gefreut hat, denn normalerweise spielt er gegen Dortmund gegen Lukasz Piszczek. Der Pole brachte Ribéry regelmäßig zur Verzweiflung. Bei Toljan war das eher umgekehrt. Bayern verlagerte das Spiel immer wieder auf den Franzosen, als dass er in seine geliebten Eins-gegen-Eins-Situationen kam. Setzte sich nach wenigen Minuten das erste Mal gegen Toljan durch und legte James fast das 1:0 auf. Ging kurz darauf wieder durch und hätte mit seinem härtesten Schuss seit zwei Jahren fast selbst das erste Tor erzielt. Aber Bürki war da. Bekam versehentlich Shinji Kagawas Ellbogen ins Gesicht. Musste raus - und bekam die gelbe Karte, weil er ohne Erlaubnis des Schiedsrichters wieder das Spielfeld betrat. Hat er so noch nicht erlebt - hat aber auch noch nie ein Spiel mit so wenig schwarz-gelbem Widerstand erlebt. Bei seiner Auswechslung beklatscht und besungen. An diesem Tag zu recht.

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Robert Lewandowski

Bayern Muenchen v Borussia Dortmund - DFB Cup

Quelle: Bongarts/Getty Images

Hat seit Kurzem eine Lametta-Frisur. Gut, sie glitzert nicht, aber mit ein bisschen Wohlwollen könnte man sie als silbern bezeichnen. War in der achten Minute dann so allein wie jemand, der an Heiligabend durch die Innenstadt Münchens läuft - allerdings im gegnerischen Sechzehner. Vidal passte zu ihm, Toljan pennte und hob das Abseits auf. Lewandowski war irritiert, fragte sich vielleicht, wo denn alle seien - dann kam Roman Bürki und nahm ihm dieses Geschenk von einer Chance wieder weg. Vergab dann drei Minuten später den nächsten Abpraller, als Ribéry einen Schuss aufs Tor zimmerte und er den Schuss rechts vorbei setzte. Wirkte fast wie ein normaler Stürmer, aber dann erahnte er den Laufweg von Thomas Müller vor dem 2:0 und passte ihm den Ball in den Lauf. Das würde kein normaler Stürmer hinkriegen. Leistete sich den Ausraster des Spiels, als er sich von Schiedsrichter Stegemann zehn Minuten vor Schluss unfair behandelt fühlte und den Unparteiischen heftig, aber offenbar nur gelbwürdig anschrie. Oder Stegemann kennt keine polnischen Flüche.

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Kingsley Coman, Corentin Tolisso, Sebastian Rudy

DFB Cup Third Round - Bayern Munich vs Borussia Dortmund

Quelle: REUTERS

Kingsley Coman: Sollte für Ribéry Schwung in den Angriff bringen - was ihm nicht so richtig gelang.

Corentin Tolisso: Hatte den Auftrag, das Spiel zu stabilisieren - kurz nach seiner Einwechslung fiel der Anschlusstreffer

Sebastian Rudy: Seine Einwechslung sollte Zeit von der Uhr nehmen - aber die Uhr tickte einfach nicht schneller. Nicht der Tag der Joker.

© SZ.de/tbr
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