FC Bayern in der Champions League:Schweinsteiger trifft und fehlt

FC Bayern München Bastian Schweinsteiger

Platzverweis kurz vor Spielende: Bastian Schweinsteiger

(Foto: REUTERS)

Bastian Schweinsteigers Tor zum 1:1 gegen Manchester United gibt dem FC Bayern alle Möglichkeiten, zum vierten Mal in fünf Jahren das Halbfinale der Champions League zu erreichen. Allerdings wird der Torschütze im Rückspiel fehlen. Nicht nur deshalb sind die Bayern enttäuscht.

Manchester United gegen Bayern München, das klingt nach: Champions League, mindestens Viertelfinale. Das klingt nach kick & rush gegen mia-san-mia, nach Kampf der Systeme, nach leidenschaftlichem Rauf und Runter. Manchester United gegen Bayern München, das war auch Champions League, Viertelfinale, aber über weite Strecken sah diese Spiel aus wie eines in der Bundesliga. Was da als Manchester United angetreten war, hätte auch Hannover sein können: Nach 25 Minuten hatten die Statistiker für Bayern 75 Prozent Ballbesitz ermittelt, ungefähr um dieselbe Zeit kassierte die Heimelf Beifall von den Rängen - für einen Einwurf.

Der FC Bayern spielt, wie der FC Bayern eben spielt - das gilt in dieser Saison quer durch alle Ligen. Den Gegnern bleibt meistens nur die Wahl, sich für eine der Außenseiter-Rollen zu entscheiden: entweder bissig nach vorne verteidigen, so lange die Kräfte reichen - oder hinten alle Lücken zulaufen, so lange die Kräfte reichen.

Ausgerechnet das große Manchester United wählte die zweite, die defensive Variante - einerseits mit Erfolg, weil die Engländer den furchterregenden Bayern ein achtbares 1:1 (0:0) abtrotzten; andererseits aber auch mit nicht so viel Erfolg, weil dieses Unentschieden vermutlich zu wenig sein dürfte, um in München zu bestehen.

"Das 1:1 ist ein gutes Ergebnis, in einer Woche müssen wir das klar machen", sagte Arjen Robben. "Aber Manchester hat das exzellent gemacht", meinte Sportchef Matthias Sammer, "sie waren physisch stark und immer auf Konter aus, damit haben wir uns schwer getan." Im Rückspiel müssen die Bayern auf den gelbgesperrten Javi Martínez und auf Bastian Schweinsteiger verzichten, der in der Schlussminute die gelb-rote Karte sah. Wie wichtig Schweinsteiger für Bayern immer noch ist, hatte er 25 Minuten zuvor bewiesen: Ein Führungsspieler wie er hat den Instinkt und den Willen für einen Laufweg, der zum Tor führt.

Tausend Punkte Vorsprung

In der Bundesliga ist der FC Bayern zuletzt mit eher unspektakulärem Fußball Meister geworden, Trainer Pep Guardiola hatte zuletzt eher am Betriebsklima gefeilt als an der besten Elf. Er hatte gründlich rotieren lassen, um alle Asse bei Laune zu halten; das war ihm gelungen, allerdings um den Preis, dass es zuletzt seltener echten Pep-Guardiola-Fußball zu sehen gab. Für konzentriertes Gegenpressing fehlte den Bayern mit ihren tausend Punkten Vorsprung doch etwas die Körperspannung.

Mit Interesse war auch deshalb Guardiolas Aufstellung erwartet worden: Würde er wieder - wie zuletzt zweimal gegen den FC Arsenal - Philipp Lahm nach rechts hinten verfrachten und Thomas Müller auf die Bank? Antwort: zweimal nein. In Abwesenheit des verletzten Thiago bildete Lahm mit Schweinsteiger eine oberbayerische Mittelfeldzentrale, Müller gab eine oberbayerische Solospitze - stattdessen saß der reinrassige Angreifer Mario Mandzukic draußen; Guardiola wollte den kopfballstarken Engländern wohl nicht mit ihren eigenen Waffen begegnen.

Überlegen nur bis ins letzte Drittel

Zwar überließ Manchester den Bayern komplett das Mittelfeld, aber es war doch zu spüren, dass sich die Schärfe im Spiel der Münchner nicht einfach auf Knopfdruck wieder einprogrammieren lässt. Bayern spielte überlegt und überlegen, und manchmal raunte das englische Publikum, wenn nach dem 37. Pass auch noch der 38. Pass glückte - aber zu viele Pässe glitten in den ungefährlichen Zonen hin und her.

Müller suchte seine Räume, bekam aber zu wenig Bälle, und Arjen Robben, Franck Ribéry und David Alaba kamen am Flügel immer nur beinahe hinter die Abwehr, aber selten ganz. Bis ins letzte Drittel funktionierte das Münchner Spiel, die Bayern legten sich Manchester auf durchaus beeindruckende Art und Weise zurecht - aber es fehlte die zündende Idee, um die Abwehrrecken Ferdinand und Vidic auf ihre mangelnde Beweglichkeit hinzuweisen. So war Manchesters Torhüter David de Gea nur bei Robbens 20-Meter-Schuss (31.) wirklich gefordert.

Die Engländer hatten es vom Gefühl her leichter an diesem Abend. Sie mussten keine lästigen künstlerischen Ansprüche erfüllen und sich keinen Kopf über komplexe Choreografien zerbrechen; sie verdichteten, lauerten auf Konter und hauten genüsslich ein paar lange Bälle durch die Landschaft. Wie gefährlich solche Gegenstöße sein können, mussten die Bayern erfahren, als Danny Welbeck mit einem Pass von Wayne Rooney Richtung Bayern-Tor aufbrach und nur das Pech hatte, dort Manuel Neuer zu begegnen - dieser eiskalte Mensch blieb einfach stehen und patschte Welbecks Heber zur Seite weg (40.).

Mit einfachen Mitteln kann man diesen Bayern am ehesten weh tun, das hat sich auch bis auf die Insel herumgesprochen, wo sie das kleine Einmaleins des Spiels ohnehin lieben. Dazu zählt die beliebte Ecke-Tor-Kombination, mit der Manchester den Bayern im 1999er-Finale schon mal historische Schmerzen bereitet hat - diesmal war's weniger historisch, aber schmerzhaft war es schon, dass der aufgerückte Vidic nach einer Ecke ungehindert zum 1:0 einköpfen könnte - unbedrängt von Boateng und Alaba, die sich selbst deckten.

Aber auch das hat sich bis auf die Insel herumgesprochen: Die Bayern haben zurzeit immer eine Antwort parat. Guardiola brachte jetzt den breitschultrigen Mandzukic für den schmalschenkligen Müller, und nach ein paar Spielzügen griff die Maßnahme schon: Mandzukic legte Rafinhas Flanke per Kopf zurück zu Schweinsteiger, der den Ball trocken unter die Latte setzte 66.).

Die Bayern versuchten es noch ein bisschen, aber es blieb am Ende beim 1:1. Vor zehn Jahren wäre jede deutsche Elf froh gewesen, wenn sie mit so einem Ergebnis von der Insel heimgekehrt wäre - dass man beim FC Bayern im Frühjahr 2014 von so einem Ergebnis fast schon enttäuscht ist, ist ein Kompliment. Es spricht für die Qualität dieser Mannschaft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: