FC Bayern in der Champions League:Mit der Mentalität von 2013

Aus dem Stadion von Benedikt Warmbrunn

Nach dem ersten Tor rieb er sich kurz an der Nase. Nach dem zweiten setzte er sich ganz schnell wieder hin. Nach dem dritten stand er gar nicht richtig von seiner Bank auf. Ja, gut, zuvor hatte er sich jeweils einen kurzen Moment der Freude genehmigt, eine geballte Faust, ein Lachen, eine Umarmung. Dann aber war er sofort wieder in nüchterner Arbeitsstimmung. Warum sollte er, Jupp Heynckes, auch ausflippen, wenn ein Tor in der Vorrunde der Champions League fällt?

Am Mittwochabend ist Heynckes, 72, auf die Bühne zurückgekehrt, der er seinen weltweiten Ruhm als Fußballtrainer verdankt. Zweimal hat er den Wettbewerb gewonnen, 1998 mit Real Madrid, 2013 mit dem FC Bayern. Große Momente in einer großen Trainerkarriere waren das. Und die ging jetzt eben weiter mit einem Abend in der Vorrunde gegen Celtic Glasgow.

"Die Einstellung hat gepasst"

Der FC Bayern gewann im zweiten Spiel seit Heynckes' Rückkehr erneut souverän, auf das 5:0 am Samstag in der Liga gegen Freiburg folgte ein 3:0 (2:0) gegen Glasgow. "Die Einstellung hat gepasst, wir waren nach dem Spiel gegen Freiburg motiviert. Wir wollten den Schwung mitnehmen", sagte Thomas Müller im ZDF und kündigte an: "Das war ein Aufgalopp für die kommenden Wochen." Arjen Robben ergänzte: "Wir wollen uns verbessern. Es kann noch nicht alles perfekt sein, aber zumindest sind wir auf einem guten Weg."

Die Mannschaft nutzte das Heimspiel, um sich weiter auf den Jupp-Heynckes-Fußball einzustimmen, der Sieg war nie gefährdet. Zufrieden war Heynckes dennoch nicht immer, aber ihm geht es ja auch nicht darum, einfach noch ein paar Siege in der Gruppenphase zu sammeln.

Als der Trainer zuletzt die Champions-League-Hymne gehört hatte, im Mai 2013 in London, hatte er wenig später mit dem FC Bayern den Titel gewonnen. In der Arena hatte er sie zuletzt im April 2013 gehört, vor dem Halbfinal-Heimspiel gegen den FC Barcelona; die Partie endete 4:0. Als die Spieler des FC Bayern dagegen zuletzt die Hymne im Stadion gehört hatten, Ende September, da spielten sie in Paris, die Partie endete 0:3; aber damals hieß der Trainer ja auch noch Carlo Ancelotti, zum letzten Mal. Heynckes' größter Sieg an diesem Mittwochabend war es vielleicht, dass die Stimmung mehr an London und Barcelona erinnerte und weniger an Paris.

Der FC Bayern, von Heynckes wieder im bevorzugten 4-2-3-1-System aufgestellt, spielte gerade in den ersten Minuten mit der Champions-League-Mentalität von 2013 (dass Javier Martínez im Mittelfeld von Sebastian Rudy ersetzt wurde, fiel nicht weiter auf). Sie liefen ihre Gegenspieler früh an, und hatten sie den Ball, waren sie ausgesprochen kombinationsfreudig. Die Gäste zogen sich nah ans eigene Tor zurück, teilweise warteten sie mit neun Feldspielern im Strafraum auf die Angriffe des Gastgebers.

Zwei strittige Entscheidungen zu Beginn

Der FC Bayern reagierte darauf, indem er einen Schwerpunkt auf das Flügelspiel legte, und das führte in der sechsten Minute zum ersten Tor. Robert Lewandowski grätschte den Ball an der Grundlinie zurück zu Thiago, der traf - doch das Tor zählte nicht. Schiedsrichter Sergej Karasev entschied zu Unrecht, dass der Ball schon im Aus gewesen sei. Es dauerte daher bis zur 17. Minute, bis der FC Bayern tatsächlich führte. Flanke von Joshua Kimmich, Kopfball von Lewandowski, zunächst konnte Celtic-Torwart Craig Gordon erfolgreich eingreifen. Gegen den Nachschuss von Thomas Müller war er indes machtlos. So sehr wie nach diesem Treffer sollte Heynckes sich am ganzen Abend nicht mehr freuen.

Die Mannschaft drängte weiter nach vorne, leidenschaftlich, wenn auch nicht mit der Leidenschaft von 2013. In der 23. Minute lief Heynckes schimpfend zur Bank zurück, weil beide Innenverteidiger, Hummels und Boateng, innerhalb weniger Sekunden einen schlampigen Pass gespielt hatten. Was weiterhin am besten funktionierte, waren Flanken. Zum Beispiel in der 29. Minute: Flanke von Coman von der Grundlinie, Kopfball von Kimmich, das 2:0. Eine Minute später hätte Lewandowski weiter erhöhen können, Gordon parierte jedoch mit der linken Schulter.

Zu Beginn der zweiten Halbzeit variierte die Mannschaft dann das Erfolgsrezept ein wenig, Arjen Robben nutzte in seinem 100. Spiel in der Champions League einen Eckball zur Flanke, Kopfball von Hummels, das 3:0 (51.). Danach zogen sich die Gastgeber zeitweise etwas zurück, sie arbeiteten nicht mehr ganz so verbissen auf das nächste Tor hin. Dennoch hatte Robben in der 73. eine gute Möglichkeit, er scheiterte an Gordon. Nur eine Minute später durfte sich dann auch Sven Ulreich auszeichnen, indem er eine Doppelchance von Celtic zunichte machte. Auch darüber freute Heynckes sich wieder, ganz still.

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