FC Bayern in der Champions League:Hinten zwickt's Sevilla

  • Bei Bayerns Champions-League-Gegner FC Sevilla stehen vor dem Rückspiel in München die Torhüter im Fokus.
  • Trainer Montella setzt auf David Soria, doch der hielt zwei Mal etwas unglücklich.
  • Immerhin kehrt ein wichtiger Mann im Mittelfeld zurück.

Von Jonas Beckenkamp

Manchmal soll es ja helfen, sich im Fußball keine Gedanken zu machen. Anstatt sich Sorgen zu machen einfach abschalten, den Instinkten folgen, unbeschwert sein. Das befreit eigentlich immer, aber besonders könnte es gegen den gerade gekürten deutschen Meister in der Champions League funktionieren. "Er hat den Kopf frei", so hat Vincenzo Montella, der Trainer des FC Sevilla, seine Entscheidung begründet, vor dem Hinspiel im Viertelfinale in der vergangenen Woche gegen den FC Bayern den Torwart zu wechseln.

Er hatte David Soria anstelle von Sergio Rico aufgestellt, weil "es gerecht ist, dass er auch mal drankommt", so Montella, Soria habe "seit Längerem gut trainiert" und es sich verdient. Das war durchaus verständlich, schließlich hatte Rico in 40 Saisonspielen 59 Gegentore kassiert. Sevilla, dieses nach vorne bestens geschulte Pressing-Ensemble, hat neben Stadtrivale Betis die schlechteste Abwehr unter Spaniens Spitzenteams. Und der Torwart ist irgendwie ja Teil der Defensiv-Statik, weshalb auch auf dieser Position Unbekümmertheit gefragt ist.

Das Problem ist: So richtig funktioniert hat der Plan von Coach Montella in Sevilla nicht. Schon beim 1:2 gegen die Bayern machte Soria bei beiden Toren keine glückliche Figur.

Verteidiger Kjaer verletzte sich zu allem Überfluss und fällt aus

Erst warf er sich zu spät nach einem abgefälschten Ball, den Franck Ribery Sorias Abwehrkollegen Jesus Navas in die Hacken spielte - und dann kullerte er etwas schwerfällig hinter Thiagos Kopfball zum Siegtreffer der Bayern her. Ein wenig rumort hatte es da schon im Stadion Ramón Sánchez-Pizjuán, wo gleich mehrere ältere Herren von der Tribüne ein paar Schimpfworte in Richtung des "portero" (Torhüter) Soria keiften. Auch in Spaniens Presse kam der 25-jährige Madrilene nicht überall gut weg.

Dass das Zwischenfazit der Keeper-Rochade bisher ernüchternd ausfällt, liegt aber auch an den Entwicklungen des vergangenen Wochenendes. Da verlor Sevilla nun in der Liga gegen Celta Vigo mit 0:4 und Soria grätschte beim 0:3 außerhalb des Strafraums am Ball vorbei. Dass die Sevilla-Abwehr wie schon gegen die Bayern recht offenherzig zu Werke ging und Vigos Stürmer Iago Aspas allein zu drei Treffern einlud, mag der Aufstellung geschuldet gewesen sein. Montella hatte einzig den Dänen Simon Kjaer aus seiner ersten Formation aufgeboten, während die Außenspieler Navas und Escudero draußen blieben (wie auch der frühere Schalker Johannes Geis).

Zu allem Übel verletzte sich Kjaer bei einem der Gegentreffer und fällt nun für die Partie in München aus - eine Schwächung der ohnehin schon wankelmütigen Sevilla-Sicherheitsabteilung. Wenn Trainer Montella seine Hintermannschaft nicht noch mehr verunsichern will, sollte er zumindest im Tor auf weitere Wechsel verzichten. Soria dürfte damit auch die Nummer eins am Mittwochabend gegen die Bayern sein. Natürlich wäre es nach nur zwei Einsätzen (sonst hatte in allen Spielen unter Montella immer Rico gespielt) ungerecht, ihn allein für Sevillas aktuelles Kuddelmuddel verantwortlich zu machen. Doch einen Vorteil gegenüber seinem Rivalen Rico hat Soria vor dem Rückspiel am Mittwoch verloren: Er hat den Kopf nun wohl nicht mehr frei.

Mit Spielmacher Ever Banega kehrt mehr Führungsqualität zurück

Einen "Schiffbruch im denkbar schlechtesten Moment" hatte die Zeitung Mundo Deportivo entsprechend festgestellt und bissig darauf verwiesen, dass Montella mit seinen Umstellungen auch Sevillas Teilnahme an europäischen Wettbewerben in der kommenden Saison riskierte. Derzeit sind die Sevillaner in der Primera Divison nur noch Siebter, was für die Rotweißen schwer zu ertragen ist, da sogar Stadtrivale Betis (mit dem früheren Dortmunder Marc Bartra) um einen Platz besser da steht.

Trotzdem glauben die Andalusier des Sevilla Fútbol Club in München noch an ihre Chance. Sie interpretieren das 1:2 als verzwickten Ausgangspunkt und "große Herausforderung" (so Mittelfeldmann Steven N'Zonzi), aber nicht als Ding der Unmöglichkeit. Zumal im Hinspiel ja eine Halbzeit lang vieles gut geklappt hatte und nun mit dem zuletzt gesperrten Ever Banega wieder mehr Führungsqualität im Zentrum Einzug hält. Auf die Gedanken und Einfälle des Argentiniers wollen sie bei aller Unbeschwertheit dann doch ungern verzichten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: