FC Bayern in der Champions League:Die Ein-Mann-Show des Manuel Neuer

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  • Torwart Manuel Neuer ist beim 1:2 in der Champions League gegen Real Madrid Bayerns bester Spieler.
  • Dank seiner Paraden kann das Team noch immer aufs Halbfinale hoffen.
  • "Sie hatten einen Torwart, der viel abgewehrt hat. Viel", staunt sogar Gäste-Coach Zinédine Zidane.

Von Christopher Gerards

Kurz vorm Ausgang der Arena stand jetzt also der Mann, der dem FC Bayern wenigstens ein bisschen Hoffnung bewahrt hatte, aber er sprach so nüchtern, als wäre er gerade zu Besuch beim Einwohnermeldeamt. Es war schwierig für uns. Wir wollten eine andere Ausgangslage fürs Rückspiel. Wir hatten Glück, dass wir nicht noch mehr Tore kassiert haben. So was.

Manuel Neuer hat das tatsächlich geschafft: Er hat sich kein einziges Mal selbst gelobt am Mittwochabend, und das war eine Leistung, die fast genauso beeindruckend war wie die, die er kurz zuvor gegen Real Madrid gezeigt hatte, im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League. Auf Youtube gibt es ein paar Videos von Neuer, die die Worte "one man show" im Titel tragen, sie zeigen Spiele, in denen Neuer im Grunde allein - und immer schön spektakulär - ein Spiel seiner Mannschaft rettet. Und wenn nicht alles täuscht, war das Duell am Mittwochabend genau so eins. Neuer spielte wieder im WM-erprobten Algerien-Modus, er brachte eine Rettungstat nach der anderen an - und dass Cristiano Ronaldo, sein ewiger Widersacher an diesem Abend, ihn dann doch zwei Mal überwand, dafür konnte auch er nichts. "Wir leben noch" - diesen Satz hat Bayern-Trainer Carlo Ancelotti nach diesem 1:2 mit Blick aufs Rückspiel am Dienstag gesagt. Und das lag vor allem an Neuer.

"Manu hat uns absolut im Spiel gehalten, besser gesagt: auf dem Weg gehalten ins Halbfinale", sagte Philipp Lahm, er hatte ja jede dieser unwirklichen Aktionen aus nächster Nähe beobachten können. Wie Neuer gegen Karim Benzema einen Kopfball an die Latte lenkte, der von Amts wegen als "unhaltbar" beglaubigt war. Wie er kurz vor der Halbzeit mal eben einen Schuss von Ronaldo aus dem Eck holte; wie er mit einem Reflex einen Kopfball von Gareth Bale übers Tor lenkte. Und wie er später gegen einen wuchtigen Schuss von Ronaldo mal eben den rechten Arm ausfuhr, eine Bewegung, die so in keinem Lehrbuch vorkommt. "Sie hatten einen Torwart, der viel abgewehrt hat. Viel", meinte Real-Trainer Zinédine Zidane und schimpfte ein bisschen über das Ergebnis mit "fadem Beigeschmack". So konnte man das natürlich auch sagen.

Götterdämmerung in der 77. Minute

Manuel Neuer war in den vergangenen Tagen so etwas wie der linke Fuß der Nation. Wegen einer Fuß-OP hatte er fast zwei Wochen pausiert, drei Spiele verpasst, seit Montag trainierte er wieder mit der Mannschaft. Die Frage, ob er spielen konnte, hat die Republik nicht ganz so stark bewegt wie jene, wie es Robert Lewandowski und dessen Schulter geht. Aber das lag vor allem daran, dass Ancelotti klar gesagt hatte, dass Neuer würde spielen können. Und für den FC Bayern war das das Beste, was ihm passieren konnte. Die Partie am Mittwochabend zeigte nochmal, wie wichtig dieser Torhüter ist, dass Neuer - zusammen mit Lahm und Robert Lewandowski - zu jenen Spielern gehört, für die die Bayern nicht mal annähernd gleichwertigen Ersatz im Kader führen.

Andererseits war Neuers starke Leistung auch Ausdruck dessen, wie überlegen Real dieses Spiel bestritt, am Ende kam Zidanes Team auf 23 Torschüsse, der FC Bayern gerade mal auf neun. Vermutlich wäre es nicht mal ungerecht gewesen, wenn Real zwei, drei Tore mehr geschossen hätte. So aber hat der FC Bayern "noch alle Möglichkeiten im Rückspiel", wie Philipp Lahm sagte, wobei dieser Satz schon recht mutig war. Neuer drückte es so aus: Die erste Halbzeit mache ihm Hoffnung, "wir wissen, dass wir Tore erzielen können gegen Real".

Zu den bitteren Pointen, die sich dieses Spiel überlegt hatte, gehörte übrigens auch dies: dass selbst Neuer eine kurze Götterdämmerung erlebte, in der 77. Minute. Marco Asensio hatte in den Strafraum geflankt, Cristiano Ronaldo sprang Richtung Ball, traf ihn mit der Sohle - und sein Schuss flutschte Neuer durch die Beine. In einem normalen Spiel hätte er sich wahrscheinlich anhören müssen, dass er da nicht gut aussah, wie das in der Fachsprache heißt (auch wenn der Schuss aus kurzer Distanz kam). Aber an diesem Abend war er wirklich der Letzte, bei dem sich irgendwer hätte beschweren können.

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