FC Bayern im Trainingslager:Spielplatz gesucht

Toni Kroos und David Alaba sind hochbegabt und verfügen über herausragendes technisches Vermögen - im Fünf-Sterne-Kader des FC Bayern hoffen sie nun auf Einsatzzeiten. Dafür müssen sie im Trainingslager beweisen, dass sie genügend Biss mitgebracht haben.

Moritz Kielbassa, Arco

Schon vormittags ist es schwülwarm beim Training des FC Bayern in Arco. Die Atmosphäre ist fast wie daheim, nur mit Bergpanorama. Aus den Lautsprechern im Stadion summen Vereinshymnen, und Anhänger der Schickeria fallen mit Rudelgesang und lustiger Gymnastik auf. Synchron machen sie trotz stechender Sonne auf der Tribüne Liegestützen, das erheitert auch die Fußballer auf dem Rasen.

Trainingslager FC Bayern München

Am besten vorneweg: David Alaba will sich für einen Stammplatz beim FC Bayern empfehlen.

(Foto: dpa)

Etliche Bayern-Fans sind mit dabei am Gardasee, und sie achten im Training auf auffällige Dinge: Beherzte Aktionen von Zugang Rafinha. Die ersten Sommerdribblings des wieder gesunden Franck Ribéry. Oder die weiten Abwürfe von Torwart Manuel Neuer, die eine neue Waffe im Spielaufbau sein sollen.

Toni Kroos nimmt am Spielchen Neun gegen Neun eher diskret teil. Eifrig ist er, das schon, sprintet in die Lücken, bietet sich an. "Er ist motiviert und in guter körperlicher Verfassung", lobt Trainer Jupp Heynckes, der den damals vom FC Bayern verliehenen Kroos bereits in Leverkusen betreut hat. Dieses gemeinsame Jahr (2009/10) blieb beiden in guter Erinnerung, der Kreativling Kroos schaffte in der Liga 21 Scorerpunkte (Tore plus Vorlagen).

Zurück in München, waren es in der Vorsaison nur sechs, Kroos trat auf der Stelle, ließ "Luft nach oben", wie er sagt. Bei Bundestrainer Löw stand er im Juni in Österreich (2:1) in der Startelf. Doch im Münchner Fünf-Sterne-Aufgebot gehört er derzeit zu denjenigen mit durchwachsener Stammplatz-Prognose.

Heynckes hält "sehr viel von Toni", betont jedoch: "Er muss einen Zahn zulegen. Er muss malochen, das ist bei ihm das A und O". Moderat, aber mit glasklaren Ansagen, das ist die neue Trainer-Tonart bei den Bayern, die die Spieler in Italien kennenlernen. Kroos achtete darauf, spritzig aus dem Urlaub zurückzukehren, nicht, wie seinerzeit mal in Leverkusen: "mit zwei Kilo zu viel".

Für den 21-Jährigen wird es Zeit, den Eindruck zu widerlegen, sein herausragendes technisches Vermögen zu selten auszuschöpfen, oft eine Spur zu selbstzufrieden zu wirken. Er selbst sieht sich nicht mehr im Stadium eines Talents, verweist auf 89 Liga- und 18 Länderspiele.

Kroos weiß, dass man in Kenntnis seiner fußballerischen Vorzüge von ihm Fortschritte in puncto Physis und Biss erwartet. Seine Pässe, Freistöße, Ecken können Bayern helfen. Dennoch ist die Frage, ob Heynckes für ihn konstant Verwendung findet. Vor allem: in welcher Rolle? "Wo er gut ist", sagt der Trainer vorerst vage.

FC Bayern: die Konkurrenz ist groß

Kroos, in München einst im Teenager-Alter als Nummer zehn der Zukunft eingeführt, spielte zuletzt "gerne Sechser". Heynckes will bei den in jüngster Zeit ungesund angriffslustigen Bayern jedoch die Defensive stärken. Dem offensiv geeichten Kroos ist bewusst, dass ihn sein Coach "nicht als klassischen Sechser sieht, eher 'n Tick weiter vorne": als Zehner oder links offensiv, wie in Leverkusen: "Da kommt meine Torgefahr zum Tragen."

Trainingslager FC Bayern Muenchen

Schuften für den Stammplatz: Manuel Neuer ist im Kader des FC Bayern gesetzt, Toni Kroos muss um Einsatzzeiten kämpfen.

(Foto: dapd)

Doch wo auch immer: Die Konkurrenz ist groß. In Bayerns vorderer Reihe sollen sich Ribéry, Müller und Robben austoben, vielleicht Olic, als Alternative stößt der junge Japaner Usami hinzu. Und Sechser? Da ist Schweinsteiger gesetzt, als Partner bevorzugt Heynckes wohl einen stabilisierenden Zweikämpfer: Timoschtschuk, den er auffallend lobt ("er wird mehr spielen als in den letzten Jahren"), Luiz Gustavo - oder, falls er doch aus Leverkusen kommen darf: Arturo Vidal. Und Pranjic gibt's auch noch.

Nicht zu vergessen: David Alaba. Heynckes lehnt es ab, den 19-Jährigen weiter der TSG Hoffenheim zu borgen, und so hat Alaba nun dieselben Hoffnungen wie Kroos: Dass Heynckes seit je her gerne junge Spieler fördert. Dass er, obwohl er Topspieler besonders behandelt, straff nach Leistung aufstellt. Dass er sich vom ersten Tag an auch um die Hintersassen seines Kaders kümmert. Und vor allem: Dass er bei den terminlich stark beanspruchten Bayern in der Aufstellung fleißig zu rotieren plant. Dafür braucht er viele gute Leute. Oder wie er es ulkig nennt: eine "kompetitive Mannschaft".

Alaba bietet sich, obwohl ein ganz anderer Spielertyp, für ähnliche Positionen an wie Kroos: als Sechser oder links als Ribéry-Vertreter. In dieser offensiven Funktion am Flügel glänzte der gebürtige Wiener auf großer Bühne in Österreichs Nationalelf bei jenem 1:2 im Juni, als Kroos auf der Gegenseite mitwirkte.

Auch im Training am Gardasee teilte ihn Heynckes bisher links vorne ein, debütiert hatte Alaba ja als linker Verteidiger. Die fehlende fixe Position könnte für ihn - anders als beim etablierteren Kroos - noch ein Vielseitigkeits-Pluspunkt sein. Heynckes ist angetan von Alaba. Bei seinem Bayern-Intermezzo 2009 lernte er ihn als "Bübchen" kennen, "seitdem hat er hat sich sehr positiv entwickelt, er hat Riesenpotenzial".

Zum Wachstumsschub trug das halbjährige Praktikum in Hoffenheim bei: "Das tat mir gut", sagt Alaba, der sich auch erneut hätte ausleihen lassen. Seinen Vertrag hat er soeben bis 2015 verlängert - ein Signal, wie stark ihn die Bayern perspektivisch einschätzen. In der Gegenwart muss noch ein Platz zum Spielen gefunden werden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: