FC Bayern im Pokalfinale:Das große Solo des Arjen Robben

Dank einer Einzelleistung des Niederländers besiegt der FC Bayern in einem taktisch geführten Pokalspiel Schalke mit 1:0. Im Finale wartet nun Werder Bremen.

Wie sollte hier ein Tor fallen, wie sollten die Bayern treffen? Denn wie defensiv der FC Schalke 04 spielte, zeigte sich exemplarisch in der 85. Minute: Vincente Sanchez setzte sich aufopferungsvoll kämpfend auf dem linken Flügel durch, er flankte mit letzter Kraft gefährlich nach innen - aber innen war weit und breit kein Schalker zu sehen; die standen alle lieber näher zum eigenen Tor. Schalkes Spiel war in erster Linie aufs Toreverhindern ausgelegt, und da diese Taktik aufging, stand es nach 90 Minuten 0:0.

Wie gesagt: Wie in aller Welt sollte der FC Bayern hier einen Treffer erzielen? Unmöglich.

Es sei denn, man hat einen Spieler in den eigenen Reihen, der den Unterschied machen kann, wenn die Spielsysteme einander nivellieren. Es sei denn, man hat Arjen Robben. Es lief die 112. Minute, als der Niederländer ein furioses Solo über den halben Platz hinlegte, einige Schalker abhängte, in den Strafraum lief, nach innen zog und elegant mit links abzog: Das alles schien eine einzige, lange und anmutige Bewegung zu sein, und als sie vollendet war, flog der Ball zum 1:0 ins Schalker Tor, was bedeutet, dass der FC Bayern das Pokalfinale gegen Werder Bremen erreicht hat - in einer für die Zuschauer nicht gerade unterhaltsamen Partie. Bastian Schweinsteiger war von Robbens Genie-Streich schwer beeindruckt: "Das war ein Wahnsinns-Tor", sagte er, "wir sind froh, dass wir solche Spieler haben."

Robben selbst analysierte: "Wir waren die bessere Mannschaft und haben guten Fußball gespielt. Wir waren am Ende fitter als Schalke." Das hörte Schalkes Trainer Felix Magath, der so viel Wert auf die Fitness seiner Spieler legt, nicht gern. Er widerprach umgehend: "In der Verlängerung war es eine Einzelaktion von Robben, die das Spiel entschieden hat. Das war kein Problem der Kraft." Das wäre ja noch schöner, mag er sich gedacht haben: eine von mir trainierte Mannschaft nicht fit. Lächerlich.

Schalke unter Druck

Dankenswerterweise hatte Christian Nerlinger, der Sportchef der Bayern, schon vor der zähen Partie mit einer erfrischend sinnlosen Debatte für Unterhaltung gesorgt, in der es sich darum drehte, dass Schalke zu viele taktische Fouls begehe. Die knapp 62.000 Zuschauer warteten also gespannt darauf, wer denn tatsächlich das erste taktische Foul des Abends begehen würde.

Natürlich war es Mark van Bommel, aber danach waren es doch meist die Schalker, die den Spielfluss mit kleinen, nicht ganz regelkonformen Eingriffen zu unterbinden suchten. Auffallend war zudem, wie tief Schalke von Beginn an stand, die Elf spielte im eigenen Stadion auf Konter. Der FC Bayern trat dagegen mit einer mutigen Formation an, Trainer Louis van Gaal schickte Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller, Arjen Robben, Ivica Olic und Miroslav Klose aufs Feld, mithin fünf Spieler, die eher offensiv agieren. Sie setzten Schalke schnell unter Druck.

Bereits in der siebten Minute fand sich Olic nach einer Flanke von Robben frei vor Schalkes Schlussmann Manuel Neuer wieder, er war jedoch zu überrascht und verzog aus fünf Metern. Kurz darauf war es Robben selbst, der allein vor Neuer zum Schuss kam - van Bommel hatte ihn freigespielt, doch Robben wartete einen Tick zu lang, Neuer parierte. Schalke zog sich noch weiter zurück.

Damit war das Thema der Begegnung gesetzt: Gegen eine dicht gestaffelte Formation der Blauen suchten die Roten geduldig nach einer Lücke. Das ergab ein spannendes, aber nicht gerade spektakuläres Fußballspiel. Die Partie beruhigte sich nach der munteren Anfangsphase, nennenswerte Torchancen ergaben sich lange nicht mehr. Stattdessen waren zwei Spielprinzipien zu besichtigen. Gegen die ballsicheren Bayern, die die Kugel in langen Stafetten übers Feld bewegten, zeigte Schalke genau den Fußball, mit dem der Klub in dieser Saison oft erfolgreich war.

Die Elf stand kompakt, meist gelang es ihr, den Spielaufbau des Gegners entscheidend zu stören. Eigene gestaltende Aktionen beschränkten sich auf Standardsituationen oder darauf, Stürmer Kevin Kuranyi einzubeziehen, der die Zuspitzung des Schalker Spiels darstellt. Sein Sturmkollege Jefferson Farfan ist dagegen der Läufer und Renner, der ums Sturmzentrum kreist.

Löw ereifert sich

Kurz, zu Beginn der zweiten Halbzeit, war Schalke tatsächlich überlegen. Durch Rakitic, Kuranyi und den für den angeschlagenen Abwehrchef Marcelo Bordon eingewechselten Christoph Moritz kamen die Gelsenkirchener zu drei guten Chancen (48., 49., 51. Minute), danach beruhigte sich die Partie wieder. Bedauerlich war, dass auf einem äußerst schlechten Rasen gespielt wurde; in der Halbzeit hatte sich Bundestrainer Joachim Löw in den Katakomben des Stadion über die Qualität des Platzes regelrecht ereifert. Er hatte recht, der Ball holperte bisweilen wie auf dem Bolzplatz, einzig der in der 63. Minute eingewechselte Franck Ribéry ließ sich davon nicht beeindrucken und zeigte auch auf dem Schalker Acker seine feine Technik.

Doch auch die nützte wenig, seine schöne Vorlage konnte Müller nicht verwerten (73.), mit seinen Vorstößen konnte er das Schalker Bollwerk nicht durchdringen. Beide Teams, so schien es, fanden sich damit ab, dass es in die Verlängerung gehen würde. Und als in dieser Verlängerung Klose in der 110. Minute die große Chance zum 1:0 vergab, da waren alle in der Arena sicher, dass diese Partie im Elfmeterschießen enden würde. Dann kam Robben, der Mann, der den Unterschied machte im Kampf der Systeme.

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