FC Bayern im DFB-Pokal:Erst glänzen, dann zittern

Lesezeit: 3 min

  • Der FC Bayern besiegt Borussia Dortmund mit 2:1 und steht im Viertelfinale des DFB-Pokals.
  • Nach einer starken Anfangsphase wird es für die Münchner am Ende doch noch eng.
  • Alle Ergebnisse finden Sie hier.

Von Claudio Catuogno, München

Ein "vorweggenommenes Endspiel" hatte Jupp Heynckes erwartet, und auf dem Papier war es das ja tatsächlich: FC Bayern gegen Borussia Dortmund, was hatten diese beiden Gegner nicht an Pokal-Highlights kreiert in den vergangenen Jahren? Identitätserschütternde Kantersiege, spektakuläre Aufholjagden, groteske Elfmeterschießen, alles dabei - seit 2011 hatten die Münchner im Pokal gegen keinen anderen Klub mehr verloren als den BVB. Und wenn man nun noch diese Statistik kannte, schien alles angerichtet zu sein für den nächsten knisternden Fußballabend: Seitdem Peter Stöger die Dortmunder trainiert, haben sie 100 Prozent Siege eingefahren!

Okay, da muss dazugesagt werden, dass Stöger erst zwei BVB-Spiele gecoacht hatte vor dem Ausflug nach München (davor hatte er mit dem 1. FC Köln die ein oder andere Niederlage einstecken müssen). Die 14 Bayern-Siege in 15 Spielen unter Jupp Heynckes zeigen da schon eher einen Trend an. Und diesen konnte Heynckes am Mittwoch im Pokal-Achtelfinale unerwartet pulsschonend ausbauen. Ein 2:1 (2:0) brachte den Bayern nicht nur einen erfreulichen Jahresabschluss samt Zulassung für die Viertelfinals Anfang Februar. Das Spiel war zeitweise erschreckend einseitig, der Sieg früh herausgeschossen durch Treffer von Jérôme Boateng (12.) und Thomas Müller (40.). Erst nach Andreij Jarmolenkos Anschlusstreffer wurde es noch mal spannend (77.), am Ende kam das durch Münchner Nachlässigkeiten und wohl auch Müdigkeit begünstigte Aufbäumen der Dortmunder zu spät. "Wir sind der hochverdiente Sieger, auch wenn wir am Ende unter Druck geraten sind", sagte Heynckes. Ursache für die frühe Führung der Bayern war allerdings nicht zuletzt, dass Peter Stöger seine Elf diesmal so sehr stabilisieren wollte, dass er sie destabilisierte.

Erst in der 34. Minute, beim Stand von 0:2, korrigiert BVB-Trainer Peter Stöger die Marschroute

Die Verletzungsmisere des BVB ist ausführlich besprochen, sie beginnt bei den Verteidigern Piszczek und Durm, führt über die Mittelfeldspieler Castro und Rode und endet keineswegs bei den Offensivkräften Götze, Reus und Philipp. Im Gegenteil: Pierre-Emerick Aubameyang fehlte in München. Was Heynckes tags zuvor noch für eine gezielt gestreute Finte gehalten hatte, stellte sich nun als medizinisch belegte Tatsache heraus: Der Torschützenkönig der Vorsaison hatte seine Hüftprobleme nicht rechtzeitig auskuriert.

Das war eine weitere Schwächung - doch die Botschaft, die Stöger seiner ohnehin nicht vor Selbstvertrauen strotzenden Elf nun mit auf den Platz gab, lautete sinngemäß: Wir sind die Außenseiter, wir müssen vor allem hinten dicht machen. Er platzierte Marc Bartra in die Mitte einer Dreierkette, die durch zwei Außenverteidiger häufig zur Fünferkette anwuchs, zu Lasten kreativer Kräfte im Mittelfeld. Ein echter Mittelstürmer war auch nicht dabei. Heraus kam ein lange Zeit hasenfüßiger, fast 1.-FC-Köln-artiger Auftritt. Die Dortmunder ließen sich so weit zurückfallen, dass es einer Einladung in den eigenen Strafraum glich. "Spielerisch hatten wir da nicht den Mut", kritisierte Stöger seine Spieler hinterher, und von Zweikämpfen "war auch nicht viel zu sehen". In der 34. Minute korrigierte Stöger die Marschroute und brachte in Mo Dahoud anstelle von Bartra einen weiteren offensiven Ideengeber. Da stand es bereits 1:0 für die Bayern. Es hätte freilich auch 3:0 oder 4:0 stehen können, "aber das ist gerade ein bisschen unser Manko", sagte Heynckes, "dass wir unsere Torchancen nicht so nutzen".

Auch Heynckes hatte seine Elf im Vergleich zum 1:0 am Samstag in der Liga in Stuttgart variiert, David Alaba, Franck Ribéry und Thomas Müller durften anstelle von Rafinha, Kingsley Coman und Corentin Tolisso beginnen. Den Verteidiger Mats Hummels, mit Grippe nicht im Kader, ersetzte Niklas Süle. Arjen Robben fehlte: Entzündung am Ischiasnerv.

Isak fast mit dem 2:2

Die Bayern waren gewarnt: Von den letzten vier Pokal-Begegnungen gegen Dortmund waren drei mindestens in die Verlängerung gegangen. Aber nun hatten die Münchner schon in der Anfangsphase beste Chancen. 3. Minute: Flanke Kimmich, Kopfball Vidal - Latte. 8. Minute: Robert Lewandowski scheitert am BVB-Keeper Roman Bürki. Die 11. Minute: Bürki reißt bei einem Ribéry-Schuss rechtzeitig die Arme hoch, Lewandowski erwischt den Abpraller mit dem Rücken zum Tor und hebt ihn knapp neben den Pfosten. In der 12. Minute dann die Führung: Der Kopfball von Süle nach einer Freistoßflanke kracht noch an die Latte, Boateng köpft ihn dann rein, sein Premierentor im Pokal.

Zunächst nahmen die Bayern diese Führung auch nicht zum Anlass, es gemütlicher angehen zu lassen. Zum Teil war den Dortmundern kein Spielaufbau möglich, weil immer alle Schwarz-Gelben angelaufen, gedeckt und verfolgt wurden. Torchancen? In der ersten Halbzeit blieb es bei einem Versuch von Jarmolenko, Alaba rettete auf der Linie (35.). Geradezu lässig dann Müllers Lupfer zum 2:0, herausragend bedient von Lewandowski (40.). In der zweiten Halbzeit war weiter der Torwart Bürki bester Mann der Dortmunder - gegen James (46.), gegen Müller (52.). Umso bemerkenswerter war, dass die Bayern nach Jarmolenkos Anschlusstreffer dann noch zittern mussten - bis in die Nachspielzeit, als der eingewechselte Alexander Isak frei vor Sven Ulreich auftauchte; der Ball sprang knapp am Pfosten vorbei. Man habe eben "wahnsinnig viel investieren müssen", erklärte Heynckes, am Ende sei die Kraft ausgegangen. Und ganz am Ende gab es sogar noch Weihnachtslieder in der Arena. Oh du fröhliche Winterpause.

© SZ vom 21.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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