FC Bayern:Heynckes trifft eine Verabredung mit sich selbst

Lesezeit: 3 min

Jupp Heynckes beim Spiel gegen Hamburg. (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Nach widersprüchlichen Aussagen zu seiner Zukunft will Jupp Heynckes nun kategorisch schweigen.
  • Auch die Verantwortlichen beim FC Bayern haben sich offenbar vorgenommen, nichts mehr zur Bayern-Trainer-Thematik zu sagen.
  • Corentin Tolisso verletzt sich und fällt vorerst aus.

Aus dem Stadion von Maik Rosner, München

Um Punkt 18.30 Uhr kam Jupp Heynckes aus dem Kabinentrakt, um mit seinem Rollkoffer in den Feierabend zu ziehen. Noch einmal sprach ihn ein Reporter an, doch der Trainer des FC Bayern hielt sich an jene Verabredung, die er wohl vor allem mit sich selbst getroffen hat. Ohne ein weiteres Wort zum Dauerthema Trainerfrage zu verlieren, zog er von dannen. "Ich habe mir vorgenommen, gar nichts mehr dazu zu sagen", hatte Heynckes zuvor gesagt, denn: "Es ist alles dazu gesagt."

Zuletzt war all das Gesagte allerdings ein bisschen verwirrend geraten, nachdem Heynckes nach seinen vielen und eigentlich unmissverständlichen Erinnerungen an seine nur bis zum 30. Juni geltende Vereinbarung am Freitag insistiert hatte, er habe nie gesagt, dass er definitiv aufhören werde am Saisonende. Und weil auch Präsident Uli Hoeneß schon vor dem Spiel gegen den Hamburger SV das große Schweigen ausgerufen hatte, könnten sich weitere Fragen nach dem künftigen Trainer wohl ähnlich zuverlässig einstellen wie am Samstag die nächste hohe Niederlage des HSV in München.

"Egal, wie groß der Vorsprung ist"

Mit einem lockeren 6:0 (3:0) hatten sich die Bayern auf das Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League bei Besiktas Istanbul eingestimmt. Robert Lewandowski mit seinen Saisontoren 21 bis 23 (12./19./90., FE), Franck Ribéry mit seinem zweiten und dritten Saisontor (8./81.) sowie Arjen Robben mit seinem fünften (55.) schossen den vorerst wahrscheinlich letzten hohen Sieg gegen den HSV heraus, für den ein Abstieg immerhin den Vorteil hätte, dem FC Bayern aus dem Weg zu gehen. "Das Spiel und auch das Ergebnis sind wichtig für Mittwoch", sagte Heynckes zum sportlichen Teil der Veranstaltung. Schließlich dürfe man nie nachlassen, und so gewissenhaft aufzutreten, "haben wir auch am Mittwoch vor". Trotz des 5:0 aus dem Hinspiel, nach dem der Einzug ins Viertelfinale eigentlich nicht mehr in Frage steht.

Obwohl die Münchner ihren Eifer zwischendurch etwas gedimmt hatten und Lewandowski in der 86. Minute sogar noch einen Foulelfmeter über das HSV-Tor geschossen hatte, durften sie von sich behaupten, des Trainers Credo umgesetzt zu haben. "Egal, wie groß der Vorsprung ist", sagte Robben über das 20-Punkte-Polster auf den Tabellenzweiten FC Schalke, "wir müssen immer weiter. Wir können, wir dürfen nicht nachlassen." Schon am Sonntag in einer Woche könnte ihr 28. Meistertitel auch rechnerisch feststehen.

FC Bayern in der Einzelkritik
:Ribéry krönt seinen Lust-und-Launetag

Der Franzose schießt zwei Tore gegen den HSV, Arjen Robben zeigt einen der härtesten Linksschüsse und Robert Lewandowski gönnt sich einen versemmelten Elfer. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Um sich für die echten Herausforderungen in der Champions League und im Pokal zu wappnen, taugte der hilf- und wehrlose HSV allerdings kaum. Welch leichtes Spiel der FC Bayern wieder einmal hatte, ließ sich allein schon daran erkennen, wie die Tore entstanden. Die Gegenwehr der Hamburger fiel dabei mit gutem Willen mäßig engagiert aus, und wenn doch einmal größere Einsatzfreude zu beobachten war, gerieten die Abwehraktionen mindestens unglücklich.

Wie bei Ribérys 1:0, als er von Hamburgs Kapitän Gotoku Sakai unfreiwillig mit einer Grätsche bedient wurde, die eigentlich als Rettungsversuch vor dem heranstürmenden Robben gedacht war. Ribéry musste nur noch Torwart Christian Mathenia umkurven und einschieben, ehe er zu seinem Sohn in der ersten Tribünenreihe eilte. "Ich freue mich für ihn und für mich", sagte der Franzose später.

Beinahe wie im Training ging es bei Lewandowskis folgenden beiden Toren zu. Zunächst durfte Joshua Kimmich in aller Ruhe von rechts flanken und Lewandowski völlig unbedrängt im Fünfmeterraum per Kopfball treffen. Dann hebelten die Bayern die HSV-Abwehr mit schnellen Direktpässen aus, die wie Präzisionsschnitte am Seziertisch daherkamen. Jérôme Boateng schlug diagonal auf David Alaba, der direkt in die Mitte ablegte, wo Lewandowski ebenfalls direkt vollendete. One-Touch-Fußball in Bestform, allerdings auch begünstigt vom Spalier der überforderten Hamburger. Und das, obwohl HSV-Trainer Bernd Hollerbach seine Mannschaft in einem 5-4-1-Abwehrverbund angeordnet hatte, der allerdings ungefähr so dicht wirkte wie die Deiche bei der Sturmflut von 1962. "Unmännlich", nannte Sakai das passive Zweikampfverhalten seiner Mannschaft gar.

Die Münchner Fans hatten schon vor dem Spiel angefangen, ihrer Hoffnung auf ein zweistelliges Ergebnis Ausdruck zu verleihen. Und in der Tat sah es nach nicht einmal 20 Minuten so aus, als steuere das Spiel zwischen der heimstärksten und auswärtsschwächsten Mannschaft, zwischen den auch gefühlten Antipoden der Bundesliga, auf eine noch heftigere Abfuhr hin als bei den vorherigen sieben Verabredungen in München, aus denen der HSV mit durchschnittlich mehr als sechs Gegentoren auf die Heimreise geschickt worden war.

Diesmal hatten die Hamburger das Glück, dass der Tordrang der derzeit bestmöglichen Bayern-Startelf nach dem 3:0 nachließ. Ein bisschen Schonung war ebenso dabei, vier Tage vor der Dienstreise zu Besiktas, die nach dem 5:0 aus dem ersten Treffen aber auch keine größere Herausforderung mehr darstellt. "Das ist das Gleiche wie in der Bundesliga: Wir müssen weitermachen und das Spiel angehen, als ob es 0:0 steht", sagte Robben.

Die abgesehen von Corentin Tolissos Verletzung (schwere Prellung der Weichteile des rechten Schienbeins) erfolgreiche Einstimmung garnierte Robben noch mit seinem wuchtigen Linksschuss zum 4:0, ehe Ribéry ein weiteres Argument für die Ausdehnung seines am Saisonende auslaufenden Vertrages einreichte. Seinem 5:0 ging ein Solo gegen gleich vier Hamburger voraus, im Anschluss schob der bald 35-Jährige den Ball bedacht an Mathenia vorbei ein. "Hervorragende Leistung", lobte Mats Hummels den Kollegen. Der taumelnde HSV war allerdings auch kein Maßstab.

© SZ vom 11.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

HSV verliert beim FC Bayern
:Hanseatischer Akt der Selbstaufgabe

"Jeder hat gepennt": Nach dem 0:6 in München schleichen die HSV-Spieler aus der Arena - und in Hamburg hängen Fans ein Drohplakat am Trainingsplatz auf.

Aus dem Stadion von Jonas Beckenkamp

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: