FC Bayern gewinnt in Bremen:Versöhnung mit der Faust

Jupp Heynckes schaut sich seine Ersatzleute eine Stunde lang an, wechselt dann ein bisschen "Qualität" ein und der FC Bayern gewinnt am Ende mit 2:1 in Bremen. Die wichtigste Erkenntnis ist jedoch: Franck Ribéry lässt Arjen Robben wenige Tage vor dem Saisonhöhepunkt gegen Real Madrid per Torjubel ein Friedensangebot zukommen.

Claudio Catuogno, Bremen

Regenerieren ist auch nicht mehr das, was es mal war. Strandliege, Hängematte, Füße hochlegen, alles längst aus der Mode, der moderne Mensch entspannt sich bei einer Klettertour oder einem Städtetrip mit dem Billigflieger. Und insofern hat Karl-Heinz Rummenigge natürlich recht gehabt, als er nach dem Champions-League- Hinspiel gegen Real Madrid (2:1) die zunächst umstrittene Behauptung aufstellte, die Bayern-Spieler hätten jetzt "eine Woche Zeit" zur Regeneration, bis zum Wiedersehen im Bernabeu.

Werder Bremen - FC Bayern Muenchen

Geste der Versöhnung: Franck Ribéry und Arjen Robben.

(Foto: dapd)

Gut, vor allem bei Werder Bremen haben sie den Spruch des Vorstandschefs erst nicht so lustig gefunden, schließlich war für den Samstag ihr Bundesligaspiel gegen die nach aktiver Erholung strebenden Münchner angesetzt. Aber auch an der Weser haben sie dann einigermaßen demütig zur Kenntnis nehmen müssen, dass Regeneration und ein paar durch lockeres Sporttreiben ausgeschüttete Glückshormone für den FC Bayern derzeit kein Gegensatz sein müssen. Eher eine symbiotische Verbindung, ein sich wunderbar ergänzendes Pärchen, wie Clownfisch und Prachtanemone, wie Mykorrhizapilz und Orchidee, wie Faust und Auge, wie - Robben und Ribéry?

Das war aus Münchner Sicht noch die spannendste Frage dieses Spiels in Bremen, das sie dank eines Last-MinuteTores 2:1 für sich entschieden: Ob Arjen Robben und Franck Ribéry sich wieder zusammenraufen würden nach der offenbar doch recht heftigen Rechts-Links-Kombination, mit welcher der Franzose in der Halbzeitpause des Madrid-Spiels seinen holländischen Kompagnon ausgeknockt hatte. Wegen eines Streits über die Ausführung eines Freistoßes.

Robben saß am Samstag - immer noch mit lila Veilchen verziert - ganz rechts außen auf der Ersatzbank, Ribéry ganz links, dazwischen postierten sich (ohne im Laufe der 90 Minuten als Ringrichter in Erscheinung treten zu müssen) die Herren Butt, Kroos, Gomez, Alaba und Boateng. Was schon vor dem Anpfiff zweierlei deutlich machte. Erstens, dass Ribéry und Robben in diesem Leben eher keine Freunde mehr werden, auch wenn sie für den Erfolg aufeinander angewiesen sind. Und zweitens, dass der Trainer Jupp Heynckes seine Bayern-Mannschaft in der Tat "ordentlich durcheinandergewirbelt" hatte, wie er selbst sein Spieler-Wechsel-Dich-Spielchen nannte.

Timoschtschuk und Luiz Gustavo als Innenverteidiger, Rafinha und Contento auf den Außenpositionen, davor Pranjic, eine aus Ivica Olic und Takashi Usami bestehende Flügelzange - und vorne drin der einstige Cottbuser Ausnahme- Stürmer und heutige Münchner Ausnahmsweise-Stürmer Nils Petersen. Dazu Neuer, Schweinsteiger und Müller, die Drei waren quasi die einzigen echten Bayern-Promis, die den Anpfiff weder von der Bank noch von der Tribüne noch vom heimischen Sofa verfolgten.

Plädoyer in Richtung Klub-Spitze?

Dass dem Kick auch eine historische Komponente innewohnte - bei einem Münchner Punktverlust wäre Dortmund schon vor dem Anpfiff der eigenen Partie gegen Gladbach Meister gewesen -, "darüber haben wir uns überhaupt keine Gedanken gemacht", versicherte Schweinsteiger. Der nationale Titel war ja längst außer Reichweite, der Fokus folglich von den nationalen Konkurrenten auf Real Madrid weitergewandert. Auch der von Jupp Heynckes. "Aber so banal das klingen mag: Selbst wenn du nicht mehr Meister werden kannst, ist es trotzdem entscheidend, dass du solche Spiele wie heute gewinnst, wenn du danach zu Real Madrid fährst", sagte der Trainer.

Deshalb hat es sich Heynckes auch nur eine Stunde lang angeschaut, wie seine Ersatzleute keinen rechten Zugriff auf diese Partie bekamen, wie sie sich sehenswerte Gelegenheiten erspielten, diese dann aber ebenso sehenswert vergaben (Petersen, Olic), wie sie schließlich durch Naldo nach einer Ecke 0:1 in Rückstand gerieten.

Da schien das Spiel auf ein Plädoyer in Richtung Klub-Spitze hinauszulaufen, im Sommer doch bitte den Kader zu verbreitern. Aber das ist gerade nicht Heynckes' wichtigste Botschaft. Er brachte Ribéry für Olic, Kroos für Pranjic, Gomez für Petersen, und nicht nur der Torwart Manuel Neuer merkte sofort, "dass der Trainer da noch mal Qualität eingewechselt hat". Vor allem Ribéry machte auf sich aufmerksam. Indem er erst Naldo zum Eigentor zwang (75.). Indem er dann selbst zum 2:1 traf (90.). Und mit dieser Versöhnungs-Geste.

Vier Tage war es nun her, dass der Franzose die Reflexe des Straßenkampfs in die Bayern-Kabine eingeführt hatte. Nun, nach seinem Siegtor, steuerte er wieder auf Robben zu. Streckte wieder die Faust aus...und tippte sie dann gegen jene von Robben, wie pubertierende Jugendliche sich auf dem Schulhof abklatschen. Erst ein Faustschlag, dann eine Faust-Versöhnung - so kitschig muss man das erst mal hinbekommen, mitten in den Münchner Schicksalswochen.

Für Heynckes ist die Geschichte damit "ausgeräumt", man werde nun "mit Moral und Sicherheit nach Madrid reisen". Am Sonntag beim Training sind sich Robben und Ribéry zwar wieder aus dem Weg gegangen. Am Mittwoch werden die zwei Alphamännchen aber definitiv im Rudel auf die Jagd gehen.

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