FC Bayern gegen Köln:"Das hat alles viel zu lange gedauert"

FC Bayern Muenchen v 1. FC Koeln - Bundesliga

Einziger Torschütze beim Spiel gegen Köln: Bayerns Robert Lewandowski.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Aus dem Stadion von Tim Brack

Beim knappen Sieg gegen Köln wich der FC Bayern tatsächlich von seinen Idealen ab. Mit einer einzigen Szene der Genialität begnügte sich die Mannschaft am Mittwochabend im eiskalten Stadion; der Anspruch, ein Spiel nicht nur zu verwalten, sondern Fußball zu zelebrieren, war wie verflogen. In der 60. Minute löffelte Jérôme Boateng einen Pass punktgenau in den Lauf von Thomas Müller, der dann mit dem Hinterkopf auf Robert Lewandowski verlängerte - das war's. Das entscheidende Tor. Der Rest: kräfteschonender Pragmatismus.

Dieser Auftritt der Mannschaft von Jupp Heynckes war so nicht vorhersehbar gewesen, vor allem bei diesem Gegner. Als abgeschlagener Tabellenletzter war Köln angereist, mit Interimstrainer und zudem so ersatzgeschwächt, dass sogar Rechtsverteidiger Lukas Klünter als Sturmspitze agieren musste. Alles deutete auf einen hohen Bayern-Sieg hin, doch an diesem Abend lief es anders.

Heynckes ist unzufrieden nach dem Spiel

Die Kölner hatten mit ihrer Taktik, mit zehn Mann den Strafraum zu versperren, ungeahnten Erfolg. "Der Gegner stand sehr, sehr tief, das habe ich so auch noch nicht gesehen", sagte Sebastian Rudy, der seit dem Sommer das Bayern-Trikot trägt. Trainer Heynckes kennt solche Ausgangslagen dagegen bestens und hätte seine Spieler gerne "schneller, lebendiger" und "spritziger" gesehen. "Das hat alles viel zu lange gedauert", bemängelte der 72-Jährige.

Während Heynckes also Kritik übte, kehrte bei den Kölnern Zufriedenheit ein. In den Worten der Spieler schwang Stolz mit, eben weil man sich nicht hatte aus dem Stadion schießen lassen. "Was man vor dem Spiel gehört hat", sagte Innenverteidiger Dominique Heintz über die prophezeiten Ergebnisse, "war alles zweistellig." Für den Tabellenletzten, der die meisten Gegentore der Liga kassiert hat, ist das 0:1 ein durchaus positives Ergebnis. Heintz sagte: "Es hat niemand damit gerechnet."

Auch Trainer Stefan Ruthenbeck leistete psychologische Aufbauarbeit. "Die Jungs haben das gut gemacht und gut verteidigt", lobte der 45-Jährige und haderte mit dem Treffer von Lewandowski. Auch das Gegentor hätte seine Hintermannschaft verteidigen können, "dennoch ist es ein verdienter Sieg - aber es wäre ein bisschen mehr möglich gewesen".

Die mitgereisten Fans auf dem Oberrang trieben es sogar noch weiter. Zur Melodie von Pippi Langstrumpf sangen sie: "Wer wird Deutscher Meister, wenn man die Tabelle dreht? Wer wird Deutscher Meister, der 1. FC Köln." Auch Galgenhumor ist bezeichnend für die Lage.

Bayern aktiviert den Sparmodus

Wahrscheinlich hatten die Kölner einfach nur Glück, und der Sparmodus der Bayern war sorgsam bedacht. Seit Anfang Dezember geht es im Drei-Tages-Rhythmus um Sieg oder Niederlage - und das mit einigen Verletzten. Da kann sich mentale und physische Müdigkeit breitmachen. Heynckes gewann dem knappen Sieg ohne viel Schnörkel doch noch etwas Positives ab. Ja, seine Mannschaft funktioniere auch, wenn sie mal nicht 100 Prozent abrufe: "Wir können solche Spiele trotzdem gewinnen und das ist ein gutes Zeichen."

Heynckes' Erkenntnis ist eng verwoben mit der Erfolgsquote von Robert Lewandowski, der bewies, welchen Wert er für den FC Bayern hat, gerade an so einem Abend. Der polnische Stürmer traf bisher in jedem der acht Heimspiele dieser Saison, was noch keinem Bayern-Spieler vor ihm gelungen war. "Er ist immer anspielbereit, ist wahnsinnig torgefährlich. Ein Wahnsinns-Stürmer", begeisterte sich Rudy über Lewandowski, der sein 166. Bundesliga-Tor erzielte und nun zu den zehn besten Torschützen der Liga-Geschichte gehört.

Die Münchner können dank ihres Torjägers ein kalkuliertes Risiko eingehen. Auch Müller, der Vorlagengeber, warb diesbezüglich um Verständnis. "Nach der Führung weiß die Mannschaft, dass es noch zwei Spiele in diesem Jahr gibt und die hundertprozentigen Energiereserven nicht mehr so da sind", sagte Müller mit Blick auf das Duell gegen Stuttgart am kommenden Samstag und die Pokalpartie gegen Borussia Dortmund am Mittwoch vor Weihnachten. "Da nehmen wir einfach auch gerne mal ein knappes 1:0 zu Hause mit", sagte Müller, bevor er ging.

Fast wäre das Umschalten in den Sparmodus noch schiefgegangen, doch Ersatz-Ersatz-Torhüter Tom Starke rettete den Sieg kurz vor Schluss mit einer starken Parade gegen Klünter (87.). Am Wochenende in Stuttgart könnte die Mannschaft eine ähnliche Taktik wie gegen Köln anwenden, noch mal Kräfte sparen für den krönenden Abschluss eines aufgeregten Münchner Fußballjahres: Wenn der BVB im DFB-Pokal zum Achtelfinalknaller zu Besuch kommt, ist es mit dem Pragmatismus endgültig wieder vorbei. Da, so sagte Lewandowski, "müssen wir alles geben, was wir noch im Körper haben".

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