FC Bayern gegen Hoffenheim:Neun Lätscherte und ein Franzose

Bei der Diskussion, ob es denn nun ein Kompetenzgerangel zwischen Jupp Heynckes und Matthias Sammer gibt, wurde eine Frage glatt vergessen: Wieviel Wahres steckt eigentlich in der Kritik Sammers an der Spielweise der Bayern-Elf?. Das Duell gegen Hoffenheim zeigt, dass der Sportvorstand nicht Unrecht hatte.

Jürgen Schmieder

Es war Mitte der ersten Halbzeit, als Toni Kroos von Schiedsrichter Tobias Stieler zur Seitenlinie geschickt wurde. Kroos hatte sich an der Hand verletzt und Behandlung erbeten, also trottete er 50 Meter übers Feld und schaffte es, seine Geschwindigkeit konstant zwischen 5,9 und 6,0 Stundenkilometern zu halten. Präzision und Konstanz waren beeindruckend, dazu standen die exakt 30 Sekunden (1,6 Meter pro Sekunde) symbolisch dafür, wie der FC Bayern an diesem Nachmittag agierte: konstant, präzise, geduldig - aber auch stets im gleichen Tempo und stinklangweilig.

Natürlich hat der FC Bayern nun die ersten sieben Spiele der Bundesliga-Saison gewonnen, was zuvor nur Mainz 05, Kaiserslautern und ihnen selbst gelungen war - mit der interessanten Fußnote übrigens, dass in all diesen Jahren später jeweils Borussia Dortmund Meister wurde. Natürlich haben die Münchner ein Torverhältnis von beeindruckenden 21:2 Treffern und natürlich haben sie bis Sonntagabend zehn Punkte Vorsprung auf Dortmund.

Doch Borussia Dortmund interessierte den FC Bayern in der vergangenen Woche nicht, auch nach diesem 2:0 gegen die TSG Hoffenheim sagte Präsident Uli Hoeneß, dass für ihn nur der Abstand zwischen Platz eins und zwei relevant sei. Bei dieser Gelegenheit versicherte Hoeneß auch, dass es im Verein "35 bis 40 Leute gibt, die sich um die Mannschaft kümmern". Doch eigentlich ging es nur um zwei davon in der vergangenen Woche: Jupp Heynckes und Matthias Sammer.

Die beiden hatten "Problemchen" (Hoeneß), die erst öffentlich ausgetragen und schließlich in einem Gespräch mit Mediator Karl-Heinz Rummenigge vorerst beigelegt wurden. Den ganzen Nachmittag über gaben sich Sammer und Henyckes nun Mühe, harmonisch und entspannt rüberzukommen: Vor der Partie plauderten sie, bei beiden Treffern gab es eine Umarmung - und nach dem Spiel lief Sammer an den Journalisten vorbei und wünschte lächelnd "einen schönen Abend".

Bei der Diskussion, ob es denn nun ein Kompetenzgerangel zwischen Jupp Heynckes und Matthias Sammer gibt, da haben manche vergessen, die Aussagen Sammers auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Das Spiel gegen Hoffenheim zeigt nämlich: Der Sportvorstand hatte nicht Unrecht mit seinen mahnenden Worten.

Natürlich gewann der FC Bayern locker und souverän gegen Hoffenheim - aber das lag zuerst einmal daran, dass die Hoffenheimer eine der harmlosesten Mannschaften waren, die jemals in der Allianz Arena spielten. Genau einen Schuss brachten sie laut Statistik auf das Tor von Manuel Neuer - und der war auch nur deshalb vermerkt, weil der Statistiker tatsächlich eine missglückte Flanke von Andreas Beck als Schuss wertete. Warum Heynckes Hoffenheim danach als "derzeit gute Mannschaft" lobte und sich Markus Babbel "zufrieden" zeigte, war nicht so recht nachzuvollziehen.

Die Menschen in der Arena waren nur deshalb 90 Minuten lang gut gelaunt und klatschten immer weiter, weil sie entweder vom Oktoberfest gekommen waren oder später auf die Wies'n wollten und man dort auch andauernd gute Laune haben und klatschen muss, obwohl im Bierzelt gerade nicht wirklich etwas passiert. Es hat sich auch in der Arena nicht viel ereignet an diesem Nachmittag.

Ribéry kann biederen Mitspielern den Tag retten

Franck Ribéry hat die beiden Tore erzielt, es waren übrigens auch die einzigen beiden Schüsse, die der FC Bayern auf das Hoffenheimer Tor brachte. Beim ersten Treffer ließen sich Verteidiger Beck und Torwart Koen Casteels übertölpeln, beim zweiten hatte Kroos Glück, dass der Ball nach seinem Schuss-Luftloch vor ihm liegenblieb und er auf den Franzosen weiterleiten durfte. "So bekomme ich noch einen Assist", sagte Kroos danach. Das war es schon.

Nein, halt, eine aufregende Szene gab es noch: Thomas Müller und Mario Mandzukic rannten sich gegenseitig über den Haufen. Müller leitete schnell noch das 1:0 durch Ribéry ein, ging danach benommen vom Feld und gab später trotz eines gefährlich aussehenden blauen Auges Entwarnung: "Ich muss nicht ins Krankenhaus, ich gehe jetzt nach Hause. Morgen auf der Wies'n brauche ich halt eine Sonnenbrille."

Für den traditionellen Besuch hat Heynckes keine Regeln aufgestellt: "Das kann jeder halten, wie er will." Es sei eine Tradition und auch schön, wenn man mal ein paar Stunden zusammen verbringe und "ungezwungen mit Kollegen und Verantwortlichen sprechen" könne. Worüber sie sprechen könnten, die Kollegen und Verantwortlichen?

Vielleicht darüber, dass da gegen Hoffenheim neun lätscherte Feldspieler (Müller sei ausdrücklich ausgenommen und dafür Xherdan Shaqiri hinzugerechnet) und ein Franzose auf dem Feld standen. Es sind schon viele Bilanzen gezogen worden über die Zeit von Uli Hoeneß als Manager des FC Bayern, aber mittlerweile ist zu sagen, dass der Zukauf von Franck Ribéry vor mehr als fünf Jahren zu den besten Transfers von Hoeneß gehört.

Ribéry ist der Stimmungsmacher beim FC Bayern, er kann eine Mannschaft mitreißen und notfalls auch den eher biederen Mitspielern durch seine Dribblings und Torgefährlichkeit den Tag retten. Der FC Bayern und Franck Ribéry, das ist eine perfekte Symbiose: Man hilft sich gegenseitig bei sportlichen wie atmosphärischen Problemen.

Worüber sie noch sprechen könnten? Nun, vielleicht darüber, dass Heynckes sich lediglich darüber echauffierte, dass Sammer seine Kritik öffentlich gemacht hatte. Gegen den Inhalt sagte er nichts, weil er weiß, dass die Münchner derzeit tatsächlich arg locker daherkommen. Das Schlimme ist, und das sollte eine Nachricht an die anderen 17 Bundesliga-Vereine sein: Der FC Bayern hat so sieben von sieben Spielen gewonnen.

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