FC Bayern:Festwochen des Rackerkönigs Arturo Vidal

Bayern München - Benfica Lissabon

Dickes Gracias an die Fans: Arturo Vidal nach dem Spiel gegen Benfica.

(Foto: dpa)

Die entscheidende Saisonphase des FC Bayern stellt sich als Blütezeit von Arturo Vidal heraus. Sein Aufstieg dokumentiert jedoch auch eine Veränderung.

Von Benedikt Warmbrunn

Wer den selbsternannten König verstehen will, der muss nur auf seinem Körper lesen. "AV" steht da zum Beispiel am Hals, für: Arturo Vidal. Auf dem rechten Oberarm steht "Guerriero", Krieger. Sehr weit unten auf dem Bauch folgt ein "Il campione", der Champion. Dass er bescheiden zu leben gedenke, ist auf Vidals Körper nirgends zu lesen, es ist auch kaum noch Platz dafür, stattdessen steht auf der Innenseite des linken Oberarms: "King Arturo".

Der Fußballprofi Arturo Vidal, 28, sieht sich als ein Gesamtkunstwerk, Krieger, Champion, König, das will er alles in sich vereinen. Manchmal kommt er diesem Anspruch an sich selbst auch ziemlich nahe, zuletzt etwa im Hinspiel des Viertel- finales der Champions League am Dienstagabend, das sich in der Schnellzusammenfassung auch so lesen lässt: Vidal schießt für den FC Bayern ein sehr frühes Tor gegen Benfica Lissabon.

Vidal wirft sich kurz vor der Pause in einen Schuss, rettet die Führung. Vidal spielt kurz vor Abpfiff einen exzellenten Pass, dem eigentlich das 2:0 hätte folgen müssen. Dazu ein paar kriegerische Balleroberungen, nur ganz wenige Fehlpässe. Viel mehr passierte nicht. "Ich bin sehr glücklich über mein Tor", sprach der König später weise, "denn sonst hätten wir nicht gewonnen."

Die entscheidenden Wochen der Saison, sie laufen beim FC Bayern bisher als Arturo-Vidal-Festwochen. Im Achtelfinale der Champions League gegen seinen alten Verein Juventus Turin, in der Liga gegen Borussia Dortmund, nun gegen Benfica - all diese Spiele zusammengerechnet war kein Spieler des FC Bayern so effektiv, so wichtig und wuchtig wie der Chilene. "Er ist sehr wichtig für uns, sehr, sehr wichtig", sagte am Dienstag Trainer Pep Guardiola, "er hat es die letzten eineinhalb Monate sehr gut gemacht."

(Was allerdings auch bedeutet, dass Guardiola in den ersten sieben Monaten der Saison fand, dass es Vidal eher nicht so sehr gut gemacht habe.) Schon vor dem Spiel gegen Benfica hatte der Trainer gesagt, dass ihm Vidal zurzeit "sehr, sehr gut" gefalle, er sagte auch: "Seine Energie hat uns die letzten Spiele angesteckt. Solche Spieler brauchen wir."

Der Aufstieg des Arturo Vidal im Spiel des FC Bayern steht allerdings auch dafür, dass in der Hierarchie der Mannschaft gerade etwas zurechtgerückt wird, und zwar im Mittelfeld, aus Sicht von Guardiola also: im Herzen des Spiels. Dass der Katalane Mittelfeldspieler liebt, hat er oft unmissverständlich ausgesprochen ("Ich liebe Mittelfeldspieler"); dass er dort nun Vidal herrschen lässt, heißt auch, dass er andere Herrscher zurzeit nicht zu nutzen weiß, und mit ihnen auch deren Idee des Spiels.

Im letzten Jahr unter Guardiolas Vorgänger Jupp Heynckes, als der FC Bayern 2013 die Champions League gewann, spielte Javier Martínez vor der Abwehr, als Wellenbrecher. In der Saison danach drehte sich alles um die kleinen, wendigen, wirbeligen Philipp Lahm und Thiago Alcántara (wobei damals die Hierarchie noch so ungeklärt war, dass sich manchmal auch alles um die inzwischen verkauften Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger drehte).

In der vergangenen Saison dann kam das Taktgefühl vom Grandseigneur Xabi Alonso. In diesem Frühjahr nun zählt Martínez nur noch als Innenverteidiger, Lahm als Rechtsverteidiger, Thiago sucht seine Form, Alonso gibt den Takt fast nur noch in Bundesliga-Spielen vor. Und in Vidal, dem Eroberer, hat das Spiel des FC Bayern nun wieder: einen Wellenbrecher. "Seine Ballgewinne sind immer ein super Impuls für uns", sagte Thomas Müller. Vidal selbst sagte: "Dafür haben sie mich ja gekauft."

Wie schon oft in den vergangenen Wochen spielte Vidal gegen Benfica nahe der eigenen Abwehr, dort dominiert er das Passspiel nicht so wie Alonso oder Thiago, aber kein anderer im Kader gibt einen unnachgiebigeren Türsteher als der Chilene. "Ich weiß, dass er gerne offensiver spielen würde", sagte Guardiola, "aber wir haben ihn hinten gebraucht, um dort stabil zu sein." Der König, er dient zurzeit seinem Volk.

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