FC Bayern in der Einzelkritik:Grenzerfahrungen für das Senioren-Dreieck

Xabi Alonso reibt sich als alter Ritter auf, Bastian Schweinsteiger ist nicht der WM-Schweini, und selbst Biene Philipp Lahm wird am Ende müde. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Von Klaus Hoeltzenbein und Christof Kneer, Barcelona

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Manuel Neuer

FC Barcelona v Bayern Munich - UEFA Champions League Semi Final First Leg

Quelle: Kai Pfaffenbach/Reuters

Begann das Spiel mit einem Flugkopfball knapp über der Grasnarbe - eine Szene, die aussah wie im WM-Achtelfinale, nur dass der Rivale ausnahmsweise kein Algerier war, sondern der Uruguayer Luis Suárez. Musste seine auf Kante genähten Risikovorstöße diesmal besonders gut timen: Der Platz im Camp Nou ist länger als alle anderen. Zum Glück ist auch Neuers Bein länger als alle anderen: Gegen den frei stehenden Suárez aktivierte er ein paar Extrazehen im rechten Fuß für eine sensationelle Parade (11.). Wunderwerk der Anatomie: In der 38. Minute parierte er mit extra langen Fingern gegen Dani Alves. Welttorwart halt.

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Rafinha

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Quelle: AP

Zeigte nach 16 Minuten einen spektakulären Defensivfallrückzieher am Mann - was bewies, welche Kunststücke die Bayern aufführen mussten, um Barcas Angriffswirbel zu widerstehen. Der Rechtsverteidiger begann links in einer Dreierkette - ein Plan, den Pep Guardiola ersonnen hatte, um den nicht zu kontrollierenden Messi zu kontrollieren. Rafinha war einer von zwei Wachposten; der andere war Bernat. Rafinha und Messi trugen früh brasilianisch-argentinische Grenzkonflikte aus, aber Rafinha musste bald feststellen: Messi war schon mal schlechter in Form als an diesem Abend. Der Argentinier dürfte in dieser Verfassung ein echter Rivale für Manuel Neuer bei der nächsten Weltfußballer-Wahl sein. Rafinha wechselte im Lauf der ersten Halbzeit nach rechts, zu Neymar, um dort innerbrasilianische Grenzkonflikte auszutragen.

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Medhi Benatia

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Quelle: AP

Bewältigte seine Doppelrolle Rechtsverteidiger/rechter Innenverteidiger mit bemerkenswerter Coolness. Verlieh dem Spiel gemeinsam mit Boateng eine körperliche Note, die dringend nötig war gegen Barcelonas Flitzer. Brach so manche Angriffswelle allein aufgrund seiner Präsenz. Kostete 26 Millionen, an diesem Abend waren aber durchaus ein paar davon sichtbar.

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Jérôme Boateng

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Quelle: AFP

Hatte einen anspruchsvollen Abend: War Chef einer Dreier-, später einer Viererkette und gleichzeitig eine Art Manndecker von Suárez, dem er tapfer die Schulter bot. Ein bisschen Libero war er auch, er musste anfangs all das einsammeln, was den Vorderleuten durchging. Rettete in der 25. Minute in höchster Not. War lange Zeit auf dem Weg zu einem Manuel Neuer für Feldspieler, aber für beide gilt: Alles können sie auch nicht verhindern. Gegen Messi machte auch Boateng Grenzerfahrungen.

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Juan Bernat

FC Barcelona v FC Bayern Muenchen - UEFA Champions League Semi Final

Quelle: Getty Images

Begann als linker Offensivspieler, wurde vom Trainer aber bald zum linken Defensivspieler umgepolt, aus zwei Gründen: Erstens bekam ein offensiver Flügelspieler wenig verwertbare Bälle. Und zweitens beschloss Guardiola früh, dass Bernat an diesem Abend mit seiner Trippelschritt-Frequenz doch besser zu Messi passte als Rafinha. Das passte auch eine Weile ganz gut, aber eben nicht bis zum Schluss: Leistete sich vor dem 0:1 den entscheidenden Ballverlust.

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Xabi Alonso

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Quelle: AP

Aktivierte all die Schlachten-Erfahrung, die er auf den Kontinenten dieser und anderer Welten gesammelt hat. War sich nicht zu fein für Grätschen, Pressschläge und andere grobe Werkzeuge, konnte anfangs aber nicht verheimlichen, dass er in seinen 1000 Schlachten auf den 1000 Kontinenten einige km/h eingebüßt hat. Der alte Ritter kämpfte aber tapfer, bis die Rüstung quietschte.

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Philipp Lahm

FC Barcelona v FC Bayern Muenchen - UEFA Champions League Semi Final

Quelle: Bongarts/Getty Images

Bemühte sich, wie Philipp Lahm zu spielen (sicher, souverän, strukturiert); spielt in manchen Momenten aber noch wie Philipp Lahm, der eine längere Verletzungspause hinter sich hat. Organisierte mit Xabi Alonso den Widerstand, drängte die Gegner lange Zeit aus den gefährlichen Zonen ab und führte sehenswerte Klein-Klein-Zweikämpfte. Piekste und stach wie eine Biene.

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Bastian Schweinsteiger

FC Barcelona v Bayern Munich - UEFA Champions League Semi Final First Leg

Quelle: REUTERS

Bildete die vorderste Spitze des Senioren-Dreiecks mit Lahm und Alonso. Aktivierte ebenfalls all die Schlachten-Erfahrung, die er auf den Kontinenten dieser und anderer Welten gesammelt hat. Haute sich rein, wie man in der Fachsprache sagt, kam vor lauter Reinhauen aber nicht dazu, die erkämpften, ergrätschten und ercheckten Bälle in den eigenen Reihen zu halten. Der WM-Final-Schweini war's nicht.

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Thiago

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Quelle: AFP

Gelbe Schuhe wiesen ihn als Künstler aus, was er aber etwas missverstand. Versuchte den ein oder anderen Kunstball, wo sicheres Spiel angebrachter gewesen wäre. Brachte Lahm und Alonso hinter sich gelegentlich unnötig unter Druck, weil nach missglücktem Heberchen oder Schlenzerchen sofort der Gegenangriff rollte. Fremdelte in jener Arena, in der er seine hohe Kunst gelernt hat.

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Thomas Müller

FC Barcelona v Bayern Munich - UEFA Champions League Semi Final First Leg

Quelle: REUTERS

In der 17. Minute war erkennbar, was seine Rolle sein sollte an diesem Abend: Da sorgte er im Doppelpass mit Lewandowski für jene Entlastung, die eine Auswärtsmannschaft im Camp Nou unbedingt nötig hat. In vielen anderen Minuten gelang ihm diese Entlastung nicht, was nur zum Teil an Müller lag. Es war mehr ein Lauern und ein Laufen als ein Spielen.

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Robert Lewandowski

FC Barcelona v Bayern Munich - UEFA Champions League Semi Final First Leg

Quelle: Paul Hanna/Reuters

Seine Maske bestand nach sechs Sekunden den ersten Bruchtest: Machte den ersten Kopfball des Spiels. Nach zwölf Minuten köpfte die Maske nach einer Schweinsteiger-Flanke sogar aufs Tor: knapp vorbei allerdings. Bewegte sich unter seiner Maske allerdings gut, hielt die Bälle, sein eingeschränktes Sichtfeld reichte, um Barcelonas Verteidiger immer wieder zu beschäftigen.

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Mario Götze

FC Bayern Muenchen - Training & Press Conference

Quelle: Bongarts/Getty Images

Galt schon als Verlierer des Spiels, bevor es überhaupt angepfiffen wurde. Nicht nur, dass er trotz drei Dutzend Verletzter nicht aufgestellt wurde; von Franz Beckenbauer bekam er fernmündlich auch noch ein mangelhaftes Zeugnis ausgestellt, das man fast schon als Abschiedsgruß werten konnte. "Manchmal kommt er mir in seinen Bewegungen wie ein Jugendspieler vor, der Zweikämpfe verliert und stehen bleibt", so Beckenbauer im Fernsehen, "das passt natürlich nicht zum FC Bayern. Es wird Zeit, dass er langsam erwachsen wird." Kam später für Müller.

© Süddeutsche.de/fued
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