FC Bayern: Einzelkritik:Müde Superhelden

Bastian Schweinsteiger spielt wie Spiderman, Thomas Müller empfiehlt sich für den Nobelpreis, und Mario Gomez agiert, als habe er bei der WM etliche 90-Minuten-Einsätze gehabt. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Jürgen Schmieder, Fröttmaning

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(Foto: dpa)

Jörg Butt Wurde beim Aufwärmen von Anatolij Timoschtschuk ernsthafter geprüft als von der Wolfsburger Offensive in der ersten Halbzeit. Wurde von den Fans deshalb schon mit "Buttbuttbutt"-Rufen gefeiert, als er das Spielgerät holte, um einen Abstoß auszuführen. War wohl so gelangweilt, dass er beschloss, Paraden selbst einzuleiten. Schlug in der zweiten Halbzeit einen Ball direkt zum Gegner, hielt drei Sekunden später jedoch prächtig und erntete "Buttbuttbutt"-Rufe. Sein Pech war, dass der daraus resultierende Eckstoß zum Ausgleich führte. Es war dann sehr ruhig im Stadion.

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Philipp Lahm Hatte defensiv zunächst einen ruhigen Abend, weil Wolfsburgs Trainer Steve McClaren offenbar entschied, seiner Mannschaft ob Lahms Stärke von Angriffen über diese Seite abzuraten. Hätte sich den Abend ein wenig interessanter gestalten können, wenn er sich ein wenig häufiger an den Angriffen des FC Bayern beteiligt hätte. Erst nach dem Wolfsburger Ausgleichstreffer aktiver in der Offensive, jedoch nicht so spritzig und dribbelstark wie gewohnt. Von allen Spielern des FC Bayern war ihm am deutlichsten anzumerken, dass da bis vor sechs Wochen in Südafrika eine Weltmeisterschaft stattgefunden hatte.

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Daniel van Buyten Erhielt den Vorzug vor Martin Demichelis (siehe Demichelis), ist bei gegnerischen Stürmern aber ebenso beliebt wie der Argentinier, weil er ihnen durch Stellungsfehler und Fehlpässe zwei bis fünf Torchancen pro Spiel ermöglicht. Ist bei gegnerischen Verteidigern äußerst unbeliebt, weil er sich häufig nach vorne schleicht und bei sieben von zehn Flanken seinen Kopf an den Ball bekommt. Bei Edin Dzeko nun extrem beliebt, weil er bei dessen Kopfballtor nur staunend daneben stand. Weil ein Fehler extrem wenig ist für van Buyten und er am Ende prächtig gegen Misimovic verteidigte, könnte er mit seiner Leistung dafür gesorgt haben, dass sich die Demichelis' Fehlen gegen Wolfsburg zu einem längeren Fehlen ausweiten könnte.

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(Foto: AP)

Holger Badstuber Erhielt den Vorzug vor Martin Demichelis (siehe Demichelis), ist bei Gegenspielern nicht so beliebt wie der Argentinier, weil er sich kaum Fehler leistet. War von der Harmlosigkeit der Wolfsburger Offensive offenbar derart gelangweilt, dass er zu Beginn der zweiten Halbzeit erst Mandzukic einen Pfostenschuss erlaubte und kurze Zeit später Dzeko zu einer Torchance verhalf. War danach wieder aufmerksam.

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(Foto: Bongarts/Getty Images)

Diego Contento Gehässige Menschen werden bei der Suche nach einer Schwäche im Kader des FC Bayern meist bei Martin Demichelis oder Diego Contento fündig. Demichelis war nicht dabei, also versuchte Wolfsburg, seine Angriffe über die Seite des linken Außenverteidigers zu inszenieren. Zunächst umsichtig und zweikampfstark, später mit Problemen, was aber auch daran lag, dass sich Vordermann Ribéry oftmals weigerte, defensiv tätig zu werden. Lieferte mit zunehmender Spieldauer immer mehr Argumente dafür, Braafheid oder Pranjic einzuwechseln. Pranjic wurde eingewechselt, jedoch für Kroos. Darf seinen Verbleib auf dem Feld durchaus als Vertrauensbeweis werten.

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(Foto: dpa)

Mark van Bommel Was für andere Profis die Werte für drei komplette Partien sind, ist für van Bommel eine ruhige erste Halbzeit: 15 Zweikämpfe (14 gewonnen), fünf Fouls, eine gelbe Karte, eine ernsthafte Diskussion mit dem Schiedsrichter, eine weniger ernsthafte Diskussion mit einem Mitspieler. Versteht sich mit Schweinsteiger im defensiven Mittelfeld derart blendend, dass er eine Partie wie die gegen harmlose Wolfsburger auch blind absolvieren könnte. Tat das in der zweiten Halbzeit offensichtlich auch und komplettierte seinen bommelesken Abend, als er sieben Fehlpässe spielte und so Angriffe der eigentlich harmlosen Wolfsburger inszenierte.

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(Foto: AP)

Bastian Schweinsteiger Wird von den Fans als "Fußballgott" begrüßt, vom Zeugwart per Schulterklopfen - und kein Einlaufkind grinst derart breit wie das an Schweinsteigers Hand. Im defensiven Mittelfeld neben Mark van Bommel umsichtig und mit derart fantastischem Stellungsspiel, dass man mitunter glauben möchte, er habe wie Spiderman einen Sinn, der es ihm erlaubt, Situationen schneller zu erkennen und einzuordnen als andere Menschen. In der zweiten Halbzeit war dann aber auch bei ihm zu erkennen, dass da bis vor sechs Wochen noch eine WM in Südafrika gespielt wurde. Wäre wohl nach 70 Spielminuten vom Platz gegangen, wenn er ihm nicht sein Spinnensinn eingeflüstert hätte, dass er in der 90. Minute noch den Siegtreffer erzielen wird.

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(Foto: ddp)

Thomas Müller Gehässige Menschen merken bei der Suche nach einer Schwäche bei Thomas Müller gerne an, dass er doch kein technischer Feingeist sei. Lupfte den Ball in der neunten Spielminute wie der größte Techniker der Fußballgeschichte auf Kroos, nahm den Doppelpass mit der Brust auf und drosch den Ball mit seinem schwachen linken Fuß ins Tor. Machte gegen Wolfsburg - wie schon in der vergangenen Saison und bei der WM - Dinge wie Laufwege, Zeitpunk des Abspiels und Timing beim Grätschen intuitiv richtig. Es wäre wohl eine Enttäuschung, wenn Müller nicht bald Weltfußballer, Topmodel und Nobelpreisträger wäre. Muss nur noch lernen, sich wie ein Star aufzuführen, denn so schrecklich natürlich und bescheiden kann ein Fußballer mit seinen Fähigkeiten doch gar nicht sein.

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(Foto: dpa)

Franck Ribéry Wollte schon zu Beginn allen gehässigen Menschen, die Fitness und Form des Franzosen anzweifelten, beweisen, dass sie falsch liegen. Berührte bei jedem Angriff des FC Bayern in der ersten Halbzeit den Ball und sorgte mit manchem Kabinettstückchen für schnalzende Zungen. Technisch zunächst derart stark, dass man mitunter glauben möchte, er habe wie Spiderman ein Sekret am Fuß, das den Ball daran kleben lässt. Nach 35 Minuten mit ersten kleineren Stockfehlern und den gewohnten künstlerischen Pausen, wenn es ans Verteidigen ging. In der zweiten Halbzeit wurden die Fehler häufiger und die Pausen länger, so dass nicht nur gehässige Menschen merkten, dass Ribéry doch noch Fitness und Form fehlen.

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(Foto: dpa)

Toni Kroos Schon deshalb auffällig, weil er beim FC Bayern der neue Schütze von Freistößen und Eckbällen ist - was bei der Münchner Elf bedeutet, dass er pro Halbzeit mindestens 15 Mal einen ruhenden Ball vor sich hat. Die von ihm getreten Bälle landeten in der ersten Halbzeit dort, wo sie auch in der vergangenen Saison meist landeten: im Toraus oder in den Händen des gegnerischen Torwarts. Aus dem Spiel heraus zwar immer anspielbar, aber nicht so auffällig wie etwa Müller oder Ribéry. In der zweiten Halbzeit kaum noch zu sehen, wurde nach 73 Minuten durch Danijel Pranjic ersetzt.

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(Foto: REUTERS)

Miroslav Klose Lief allein in der ersten Halbzeit etwa sechs Kilometer, bei fast jedem Angriff bereitwilliger Anspielpartner für Ribéry, Müller und Schweinsteiger. Derart sprunggewaltig, dass man mitunter glauben möchte, er habe wie Spiderman die Fähigkeit, sich am Dach der Arena einzuhängen und zu schweben. Hatte zunächst das Pech, dass die Hereingaben der Mitspieler meist nicht auf seinem Kopf oder Fuß landeten - und dass er immer dann im Abseits stand, wenn sie es doch einmal taten. Wirkte deshalb glücklos, wurde mit zunehmender Spieldauer immer müder (siehe andere WM-Teilnehmer) und wurde durch Mario Gomez ersetzt.

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(Foto: dpa)

Mario Gomez (im Bild): Kam in der 73. Minute für Miroslav Klose. Louis van Gaal redete vor seiner Einwechslung etwa eine Minute lang auf ihn ein. In den ersten drei Minuten auf dem Feld extrem aktiv, schlich dann so über den Platz, als hätte er jede WM-Partie über 90 Minuten absolviert. Danijel Pranjic: Kam in der 73. Minute für Toni Kroos. Auswirkungen auf die Partie: Statt Kroos war nun Pranjic unauffällig.

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(Foto: REUTERS)

Martin Demichelis War nicht zu sehen - und das ist in diesem Fall nicht gehässig gemeint im Sinne von: "War nicht zu sehen, als Dzeko im Strafraum des FC Bayern auftauchte." Er war nicht auf dem Spielfeld, saß nicht auf der Ersatzbank und konnte trotz intensiver Recherchen auch nicht auf der Tribüne gesichtet werden. Er war über die Ankündigung, nur auf der Bank zu sitzen, so erbost, dass er den Trainer bat, überhaupt nicht im Kader zu stehen.

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