FC Bayern:Durchgebissen im infernalischen Lärm

Celtic Glasgow - FC Bayern München

Entscheidende Szene: Javi Martínez beim Kopfball zum 2:1

(Foto: dpa)
  • Javi Martínez sorgt mit einem blutigen Kopfball für den rettenden Treffer des FC Bayern gegen Celtic Glasgow.
  • Der Münchner brachte damit ein Stadion zum Schweigen, das eigentlich gerade bereit war, richtig auszurasten. Die Atmosphäre begeistert die Gäste.
  • Im Anschluss nimmt Trainer Heynckes seine Mannschaft in Schutz.
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Von Martin Schneider, Glasgow

Irgendwie musste dieses Spiel mit Blut enden, aber Javi Martínez machte das nichts aus. "Ich ziehe mir gerne jedes Spiel einen Cut zu, wenn ich dabei ein Tor schieße", sagte er nach dem Match mit einem weißen Pflaster über dem rechten Auge zu seiner Aktion, die den FC Bayern im Spiel gegen Celtic Glasgow gerettet hat. Ja, es habe wehgetan, gab er zu, "aber es war nur Blut". Deswegen müsse man sich noch lange nicht auswechseln lassen. Später am Abend postete Martínez ein Bild von sich und schrieb darunter "Happy Halloween."

In der 77. Minute knallte Martínez' Schädel gegen den Kopf von Nir Bitton. Beide wollten in eine Flanke von David Alaba springen, Martínez' Kopf war zuerst am Ball - weswegen die Kugel dann zum 2:1 und damit zum Tor des Tages ins Netz ging.

Der Münchner brachte damit ein Stadion zum Schweigen, das eigentlich gerade bereit war, richtig auszurasten. So um die 60. Minute bemerkten die Celtic-Fans, dass dieser FC Bayern heute verwundbar sein könnte und fingen an, immer lauter zu singen. Als Callum McGregor in der 74. Minute dann im Rücken von Rafinha weglief und Sven Ulreich durch die Beine zum 1:1 einschoss, flog das Dach des Celtic-Parks in den Glasgower Nachthimmel. Es folgten drei Minuten Freude, Hoffnung, infernalischer Lärm - dann kam Martínez.

Rummenigge lobt "ein rassiges Kampfspiel"

Alle Bayern-Spieler schwärmten später von der Atmosphäre. "Alle hatten Gänsehaut", meinte Niklas Süle. "Unfassbare Stimmung, die habe ich sehr genossen", sagte Mats Hummels und Arjen Robben, der bei seiner Auswechslung auch von den Celtic-Fans beklatscht wurde, sagte: "Das habe ich nicht oft erlebt. Das ist respektvoll. Es war wirklich eine super Erfahrung, hier zu spielen". Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge bezeichnete das Spiel später bei seiner Bankettrede als "Fußball in Reinkultur. Wie in alten Zeiten." Ein "rassiges Kampfspiel" sei es gewesen.

Tatsächlich ist der FC Bayern nun im Ergebnis souverän ins Achtelfinale der Champions League eingezogen, weil er sich durch dieses Spiel durchgebissen hat. "Wir wussten, dass sie Kämpfer sind und dass wir genau so zurückkämpfen mussten", sagte Martínez später.

Schon bei der Aufstellung wählte Bayern-Trainer Jupp Heynckes eher Stärke als Technik. Im Mittelfeld spielte das Trio Corentin Tolisso, Arturo Vidal und eben Martínez - Sebastian Rudy und Thiago saßen auf der Bank. Zunächst schien der Plan nicht aufzugehen. "Es ist immer schwer, wenn Spieler von der Bank kommen, die dann länger nicht gespielt haben. Wir haben phasenweise zu einfache Ballverluste gehabt", analysierte Torwart Sven Ulreich.

Vidal grummelt, Heynckes versteht es

Das 1:0 war dann auch eher Zufall. Bei einem langen Ball von Sven Ulreich waren sich Celtic-Abwehr und Celtic-Torwart nicht einig, wer hingehen sollte, also ging Kingsley Coman und versenkte zur Führung. "Den Spielzug haben wir im Training hart erarbeitet", meinte Ulreich dann ironisch zu seiner Vorlage, von der die Statistiker sagten, es sei die erste Torvorbereitung eines deutschen Torhüters in der Champions League seit Beginn der Datenerfassung 2003.

Trotz Führung kämpfte sich der FC Bayern durchs Spiel. David Alaba rettete in der 30. Minute auf der Linie. Meist hatte auch Arturo Vidal irgendwo seine Gliedmaßen in Ball und Gegner - und war sehr wütend, als er nach nur einer Stunde nicht mehr mitmachen durfte. Als für ihn Sebastian Rudy kam, setzte er sich schimpfend auf die Bank. Nach dem Spiel ging er als erster Bayern-Spieler mit seinen goldenen Kopfhörern in der Hand alleine zum Bus.

Jupp Heynckes, nach eigenen Angaben Vidal-Versteher ("Ich kenne meinen Arturo") meinte dazu: "Das finde ich gut. Wenn ein Spieler, der ausgewechselt wird, pfeifend vom Platz geht, dann stimmt irgendwas nicht. Er ist ein sehr ehrgeiziger Spieler. Ich war auch Fußballer. Wenn ich ausgewechselt wurde, dann war ich auch nicht hocherfreut."

Robben findet die passendsten Worte

Auch sonst nahm er seine Mannschaft ein bisschen in Schutz. "Dass bei unserem momentanen Programm die Frische ein wenig gefehlt hat, das ist ganz normal. Man muss auch sehen, dass wir momentan personell ein wenig gebeutelt sind", sagte Heynckes. Im Sturm hatte durch die leichte Oberschenkelverletzung von Robert Lewandowski gar keine Optionen mehr zur Verfügung gestanden. Erst spielte James Rodriguez vorne - später im Spiel dann Kingsley Coman. Beides funktionierte eher so mittelgut. Martínez musste schließlich das Tor des Tages schießen.

Am Ende stand aber der siebte Sieg im siebten Spiel unter Jupp Heynckes und die passendsten Worte zu diesem lauten und kämpferischen Abend in Schottland fand am Ende Arjen Robben. "Es war ein intensives Spiel, es war ein schweres Spiel. Es war nicht unser bestes Spiel. Manche Spiele musst du auch versuchen zu überleben - und sie gewinnen."

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