FC Bayern:Die Sonderrolle von Joshua Kimmich

Joshua Kimmich vom FC Bayern Muenchen gegen Celtic Glasgow: Der Nationalspieler hat seinen Vertrag bis 2023 verlängert.

"Köpfe ihn dahin, wo er herkommt", sagt Assistenztrainer Hermann Gerland gerne. Joshua Kimmich jubelt gegen Celtic, weil er gut zugehört hat.

(Foto: Alexander Hassenstein/Getty)
  • Joshua Kimmich spielt unter Jupp Heynckes weiter so gut wie zuletzt unter Carlo Ancelotti.
  • Selbst Heynckes dürfte Philipp Lahm kaum noch vermissen.
  • Ganz unbemerkt ging der Trainerwechsel aber auch an Kimmich nicht vorbei.

Von Benedikt Warmbrunn

Die Fußballwelt, wie Hermann Gerland sie sieht, lässt sich einteilen in zwei Arten von Spielern. Auf der einen Seite sind die, die bunte Fußballschuhe tragen, sich die Haare lang wachsen lassen oder sie sich sogar färben. Das sind die Spieler, die zu viel an den Schein denken und zu wenig an die Arbeit. Über diese Spieler sagt Gerland: Osterhasen. Auf der anderen Seite sind die Spieler, denen die Farbe der Schuhe egal ist, die immer pünktlich sind und die niemals jammern. Diese Spieler respektiert Gerland, für ihn sind sie: okay. In dieser Kategorie gibt es noch ein paar wenige Spieler, für die Gerland mehr empfindet. Das sind die Spieler, die gerne am Kopfballpendel arbeiten.

Joshua Kimmich hat daher in den vergangenen Tagen einen wichtigen Übergang in seiner Karriere geschafft, der Rechtsverteidiger des FC Bayern hat jetzt für alle Tage einen weiteren Förderer gewonnen, Hermann Gerland, den aktuellen Assistenztrainer. Vor dem Spiel am Mittwoch gegen Celtic Glasgow habe er, erzählte Kimmich am späten Mittwochabend, zu Gerland gesagt: "Wir müssten mal wieder ans Kopfballpendel gehen." Sie schafften es nicht. Es wird Gerlands seltene Zuneigung nur weiter gesteigert haben, dass es eigentlich ohnehin nicht nötig war.

Heynckes machte etwas, was Carlo Ancelotti nie gewagt hätte

In einer Bayern-Mannschaft, in der so viele von der Rückkehr von Jupp Heynckes auf die Trainerbank profitieren, nimmt Joshua Kimmich, 22, eine Sonderrolle ein. Um ihn herum stehen Spieler, die plötzlich wieder an sich selbst in Bestform erinnern, allen voran Thomas Müller. Kimmich dagegen spielt einfach weiterhin so, wie er in den ersten Saisonpartien unter Heynckes' Vorgänger Carlo Ancelotti gespielt hat. Er gehört einfach weiterhin zu den besten Spielern des Teams.

Beim 3:0 gegen Celtic hat Kimmich ganz selbstverständlich als Rechtsverteidiger überzeugt, nicht einmal Heynckes vermisst wohl auf dieser Position seinen Triplesieger-Kapitän von 2013, den im Sommer zurückgetretenen Philipp Lahm. Und obwohl Kimmich im Verein erst seit dieser Saison rechts in der Abwehr spielt, war er auch gegen Celtic wieder einer der gefährlichsten Spieler in der Offensive.

Das Führungstor von Müller leitete er mit einer cremigen Flanke auf Robert Lewandowski ein. Das 2:0 erzielte er mit einem überlegten Kopfball, vor dem er so lange in der Luft stand, dass er sich die Schuhe hätte wechseln können (er behielt seine grauen an, was farblich gerade so noch okay ist). Zumindest dieses Tor hatte dann auch der Trainerwechsel beeinflusst. "Der Tiger sagt immer: ,Köpfe den Ball dahin, wo er herkommt'", berichtete Kimmich von einem Ratschlag von Co-Trainer Gerland. Doch das war nur ein Detail am Rande.

Heynckes gönnt Kimmich sogar Applaus

Ancelotti war in seinen Monaten in München kein enthusiastischer Kimmich-Förderer, er stellte ihn halt auf, wenn er mal wieder ein bisschen die Aufstellung durchmischen wollte. Kimmich blieb unbeeindruckt, im Herbst 2016 erzielte er in fünf Partien vier Tore. Ende 2016 stellte Ancelotti ihn dann irgendwann gar nicht mehr auf. Kimmich bat den Trainer daraufhin um ein Gespräch, in dem dieser ihm sagte, dass ihm der Spieler zu wenig die Position gehalten habe. Dass er Tore erzielt hatte, das kritisierte er nicht; aber den Weg dorthin, den verbat er sich ein bisschen. Für Kimmich, der sich ständig selbst hinterfragt, war das schwer nachvollziehbar.

Genauso wie die Trainingsmaßgabe, dass alle, Startelfspieler und Ersatzkräfte, immer gleich intensiv trainieren. Kimmich, das erzählen sie im Verein angetan, engagierte daher einen eigenen Fitnesstrainer. Erst als Klubboss Karl-Heinz Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß Ancelotti sehr bestimmt empfahlen, auf Kimmich als Rechtsverteidiger zu setzen, spürte er das Vertrauen, auf das er lange gewartet hatte.

Ganz unbemerkt ging der Trainerwechsel aber auch an Kimmich nicht vorbei. Jupp Heynckes machte am Mittwoch schließlich etwas, was Ancelotti nie gewagt hatte: Er gönnte Kimmich Applaus, indem er ihn auswechselte, zum ersten Mal in dieser Saison.

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