FC Bayern:Der ewige 28-Jährige

Beim 1:0 in Frankfurt kehrt Tom Starke ins Tor der Münchner zurück - seine Rückkehr steht auch dafür, dass Trainer Jupp Heynckes in den letzten Wochen des Jahres keine Verletzung mehr riskieren will.

Von Benedikt Warmbrunn, Frankfurt

Das mit dem Alter ist zurzeit vielleicht das liebste Thema des FC Bayern. Der Verein reaktiviert einen nach dem anderen aus dem Kreis derjenigen, die sich schon verabschiedet hatten, eigentlich dürften sie im Umgang damit inzwischen routiniert sein. Am Samstag aber war einer sich unsicher, wie alt der Protagonist des Tages sei. Es konnte also nicht um Jupp Heynckes gehen, ganz Fußballdeutschland weiß, das der Trainer 72 Jahre alt ist. Der Protagonist konnte auch nicht Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt sein, der laut Pass 75 Jahre alt ist, auch wenn das keiner glauben mag, der den Arzt rennen sieht.

Der Protagonist des Samstagnachmittags in Frankfurt, sagte Javier Martínez, ein Mann mit viel Insider-Wissen aus der Kabine, sei einerseits "wie ein 50-Jähriger", er meinte wohl das Aussehen. Andererseits, sagte Martínez, sei er auch "wie ein 28-Jähriger", da meinte er wohl den Körper. Einfach war diese Frage nach dem Alter auch nicht, der Protagonist ist schließlich nicht sichtbar gealtert, seit er 2013 die Champions League gewann, mit Heynckes und Müller-Wohlfahrt, die seitdem ebenfalls nicht wirklich gealtert sind.

09.12.2017,  Fussball 1.Liga 2017/18, Eintracht Frankfurt - FC Bayern München

Frühe Entscheidung: Arturo Vidal gelingt in der 20. Spielminute das 1:0 per Kopfball – später entging der Chilene mal wieder knapp der roten Karte.

(Foto: Renate Feil/MIS)

2013 war Tom Starke eben ein sehr 28-jährigerer 32-Jähriger. Möglicherweise war er auch mit 32 schon der 36-Jährige, der er inzwischen ist. Besser nicht ausschließen sollte Martínez, dass Starke schon 2013 der 50-Jährige war, der er auch noch in 40 Jahren sein wird.

Beim FC Bayern konnten sie sich am frühen Samstagabend den Luxus leisten, ein wenig über das Alter nachzudenken. Sie hatten gerade 1:0 (1:0) gegen Eintracht Frankfurt gewonnen, es war ein Spiel, das bald wieder vergessen worden sein dürfte. Im Wesentlichen lieferte die Partie dem FC Bayern drei Erkenntnisse. Die Mannschaft kann auch ein Spiel, das allein von kämpferischen Elementen geprägt ist gewinnen, "und das kann auch für die Zukunft entscheidend sein", sagte Thomas Müller. Außerdem wäre da die Erkenntnis, dass der stets kämpferische Arturo Vidal ein kämpferisches Spiel nutzen kann, um das einzige Tor zu erzielen (20.) sowie um zweimal glücklich einem Platzverweis zu entgehen (5., 54.). Und dann wäre da die Erkenntnis, dass Tom Starke immer noch ein ausgezeichneter Bundesliga-Torwart ist, obwohl er seine Bundesliga-Karriere eigentlich bereits im Sommer beendet hatte.

Achja, außerdem wäre da die Tatsache dass der FC Bayern, der Anfang Oktober noch fünf Punkte Rückstand auf den ersten Tabellenplatz hatte, am 15. Spieltag bereits die sog. Herbstmeisterschaft feiern durfte. Das darf aber nicht weiter als Erkenntnis berücksichtigt werden, angeordnet vom Trainer. "Das ist nicht von Bedeutung", sagte Heynckes, "deshalb schießen wir keine Raketen ab."

Für den Trainer dürfte der beste Aspekt an dieser Herbstmeisterschaft sein, dass sie ein sicheres Zeichen dafür ist, dass die Winterpause nicht mehr fern ist. Heynckes rettet in diesen Wochen seinen ausgedünnten Kader dem Weihnachtsfest entgegen. Gegen Frankfurt setzte er fünf Spieler aus der Startelf beim 3:1 am vergangenen Dienstag gegen Paris zunächst auf die Bank: Mats Hummels, Sebastian Rudy, Corentin Tolisso, David Alaba und Robert Lewandowski. Dass Heynckes im Dezember alles unternimmt, um eine weitere Verletzung zu verhindern, das zeigte sich aber vor allem an der Position des Torwarts.

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Sie könnten Vater und Sohn sein: Tom Starke (rechts), 36, mit Ersatztorwartkollege Christian Früchtl, 17.

(Foto: Renate Feil/imago/MIS)

Sven Ulreich, der zurzeit starke Vertreter des Langzeitverletzten Manuel Neuer, hatte am Freitag das Training abgebrochen, seit Dienstag hatte er leichte Adduktorenprobleme. Am Samstag spürte Ulreich beim Aufwärmen, dass die Beschwerden immer noch da waren. "Ich wollte nicht riskieren, dass er sich einen Muskelfaserriss zuzieht", sagte Heynckes. "Dann gab es einen Augenkontakt, und dann war das Ding entschieden", berichtete Starke. Entschieden war: Er, Starke, spielt.

Der 36-Jährige arbeitet seit diesem Sommer eigentlich als Torwartkoordinator in der neuen Nachwuchsakademie des Klubs; als sich Neuer im September erneut verletzt hatte, kehrte Starke jedoch in den Profikader zurück, als erster Vertreter des Vertreters Ulreich. Seitdem trainiert er vormittags mit den Profis, dann fährt er in die Akademie raus. Bei den Spielen saß er bisher stets auf der Bank.

Am Samstag stand er dann plötzlich in der Startelf, gerechnet hatte er damit nicht, was er als Vorteil sah. "Vielleicht ist es das Beste, dass man nicht viel nachdenken muss." Am Samstag zumindest war es das Beste: Starke blieb fehlerfrei. Zweimal parierte er gegen Ante Rebic (7., 25.), einmal gegen Jetro Willems (40.). "Er hat eine sehr gute, eine fantastische Leistung gebracht", lobte Heynckes. Starke selbst erzählte, dass der Trainer ihm gesagt habe, dass er es gewohnt sei, dass mit ihm die Null stehe. "Damit hat er den Druck nicht kleiner gemacht." Ob Ulreich am Mittwoch gegen Köln wieder spielen kann, ließ Heynckes am Samstag offen.

Und das Alter, spielte es nun eine Rolle? "Tom kannste immer bringen", sagte Thomas Müller, "er hat sogar noch bisschen Power in den Waden. Sprungkraft hat er noch immer, auch wenn die Abschläge nicht mehr ganz so lang sind wie früher." Wie damals, als Tom Starke sich eingerichtet hatte auf ein ewiges Leben als 28-jähriger 50-Jähriger.

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