FC Bayern:"Das war ein Sieg der Mentalität, nicht der Klasse"

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David Alaba, Manuel Neuer und Maskottchen freuen sich über drei Punkte.

(Foto: AFP)
  • Trotz sehr wackliger Schlussminuten gewinnt der FC Bayern 2:1 gegen Bayer Leverkusen, Spieler und Trainer beurteilen die eigene Leistung jedoch selbstkritisch.
  • Javier Martínez verhinderte mit einem Handspiel den Ausgleich von Kevin Volland. Schiedsrichter Fritz entschied nicht auf Rot und Elfmeter.
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Aus dem Stadion von Maik Rosner

Als die Spieler hinterher vor der Südtribüne mit ihren Fans feierten und als "Super-Bayern" besungen wurden, schien die Welt der Münchner am Tag nach der Wahl von Präsident Uli Hoeneß wieder in Ordnung zu sein. Nach zuletzt drei sieglosen Spielen und zwei Niederlagen in Serie hatten sie am Samstagabend ja gegen Bayer Leverkusen 2:1 (1:1) gewonnen und dafür gesorgt, dass der Drei-Punkte-Rückstand auf Tabellenführer RB Leipzig nicht noch weiter angewachsen ist. Doch nach dem äußert knappen und gegen Ende glücklichen Erfolg bestimmten beim FC Bayern neben viel Erleichterung vor allem nachdenkliche Einlassungen die Nachbetrachtung.

"Das war ein Sieg der Mentalität, nicht der Klasse oder klaren Überlegenheit", sagte Innenverteidiger Mats Hummels und bemängelte, dass es zum wiederholten Male an der nötigen Balance gemangelt habe, also an der Abstimmung zwischen Offensive und Defensive. Das hatte auch Hakan Calhanoglu erkannt. "Wir sind eine junge Mannschaft. Dass wir gegen die Bayern den Ball laufen lassen können, ist sehr gut", befand der Mittelfeldspieler, "und dass die Bayern Probleme haben, sieht man daran, dass man nach Ballgewinnen direkt kontern kann." Gemeint war: ziemlich ungestört, ohne Gegenpressing.

Es mangelt an "Leichtigkeit und Sicherheit"

Der mühevolle Erfolg des Meisters stärkte eher die Eindrücke der vergangenen Wochen von fehlender Struktur und Linie, als sie zu mildern. Auch diesmal habe man "harte Arbeit" gebraucht, sagte Torwart Manuel Neuer und befand, es fehle der Mannschaft an "Leichtigkeit und Sicherheit". Das war auch in der Schlussphase zu erkennen gewesen, als Leverkusen nach einem Handspiel von Javier Martínez eigentlich einen Handelfmeter hätte zugesprochen bekommen müssen. Schiedsrichter Marco Fritz entschuldigte sich später, das Vergehen übersehen zu haben. "Da hätten wir uns nicht beschweren können", räumte Neuer ein. "Klare rote Karte und klarer Elfmeter", ergänzte Kevin Volland, dessen Kopfball von der Hand des Spaniers ans Außennetz abgelenkt wurde, statt zum durchaus verdienten 2:2 ins Tor zu fliegen (82.). Zuvor hatten Thiago Alcántara (30.) und Hummels mit seinem ersten Tor für den FC Bayern getroffen (56.). Calhanoglu war zwischenzeitlich der Ausgleich gelungen (35.). "Wir haben Bayern Probleme bereitet, es wäre mehr drin gewesen", sagte Torwart Bernd Leno.

Uli Hoeneß hatte bei seiner Rückkehr ein Spiel gesehen, in das Leverkusen aktiver gestartet war und auch später mutig agierte. Nach nicht einmal zwei Minuten wäre die Mannschaft von Trainer Roger Schmidt sogar beinahe in Führung gegangen, als Admir Mehmedi das Tor mit einem Flachschuss nur knapp verfehlte. Ein Auftakt also, der sich ins Bild der Bayern aus den vergangenen Spielen fügte. Das galt auch für die Bemühungen der Münchner Offensive. Zunächst gelang nur wenig, und wenn Carlo Ancelottis Mannschaft doch einmal aussichtsreich zum Abschluss kam, dann missglückte dieser.

Hoeneß redet von einer "sportlichen Delle"

"Wir haben sportlich im Moment eine Delle, die wir sicherlich bald hinter uns bringen können", hatte Hoeneß nach der Jahreshauptversammlung in kleiner Runde gesagt und schon einmal eine Agenda für die Verfolgungsjagd auf Leipzig ausgerufen: "Wir müssen versuchen, bis Weihnachten dran zu bleiben. Wir müssen alle Kräfte sammeln, damit wir spätestens mit Beginn der Rückrunde alles wieder ins Lot bringen können." Für seinen Ausdruck, Leipzig sei neben Dortmund nun ein zweiter "Feind", den man attackieren und bekämpfen könne, entschuldigte sich Hoeneß am Samstag am Sky-Mikrofon. Der Begriff Feind sei "ein völlig falsches Wort", sagte er, vielmehr handele es sich im Sport um Gegner oder Rivalen. Die Jagd auf den Aufsteiger verläuft nach dem knappen Erfolg gegen Leverkusen allerdings eher in Trippelschrittchen.

Taktische Verbesserungen beim FC Bayern? Nicht zu erkennen

Dass sich die Bayern Leipzig nach einer halben Stunde annähern konnten, hatten sie auch einer Unaufmerksamkeit in der meist gut sortierten Hintermannschaft der Leverkusener zu verdanken. Kimmich kam deshalb an den Ball und legte auf Philipp Lahm zurück. Den Schuss des Münchner Kapitäns konnte Leno zwar noch abwehren, doch Thiago drückte den Abpraller mit der Stirn zur Führung ins Tor. Wirklich Sicherheit gab das 1:0 den Bayern allerdings nicht. Es war sogar so, dass die Gäste nur fünf Minuten später den Ausgleich erzielten und dabei wieder einmal demonstrierten, wie leicht es den Gegner derzeit gemacht wird, Manuel Neuer zu überwinden. Julian Brandt spielte mit einem so schlichten wie schönen Doppelpass Calhanoglu im Strafraum frei, und der türkische Nationalspieler vollendete elegant.

Nur einmal in den vergangenen zwölf Spielen hatten die Bayern kein Gegentor hinnehmen müssen und in den vergangenen sieben Spielen immer mindestens eines. Zuletzt bei FK Rostow waren es sogar deren drei gewesen. Gleich neun Spieler waren nun in die Startelf rotiert. Die von Ancelotti angemahnten Verbesserungen im taktischen Verhalten ließen sich aber noch nicht wirklich erkennen. Der Italiener fand dennoch, die Mannschaft habe eine Reaktion gezeigt, und zumindest Engagement ließ sie es in der Tat nicht vermissen.

Es bedurfte allerdings einer Standardsituation, um die zunehmende optische Überlegenheit in einen Ertrag zu überführen, nachdem Douglas Costa gegen Leno freistehend die bis dahin klarste Torchance vergeben hatte. Kimmichs anschließenden Eckball wuchtete Hummels per Kopf präzise ins kurze Eck (56. Minute). Hoeneß jubelte erleichtert auf der Tribüne, musste aber bis zum Ende um den Sieg bangen. "Es war nicht perfekt, aber wir sind zufrieden mit den drei Punkten", sagte Kimmich später. Und Hummels ergänzte: "Wir konnten die verkorksten Spiele ein klein bisschen gutmachen." Auch die beiden Defensivspieler des FC Bayern klangen in erster Linie erleichtert.

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