FC Bayern besiegt Hoffenheim:Super-Bayern können noch Dusel

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Am Ende war er doch noch drin: Thomas Müller macht das 2:1 gegen Hoffenheim. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Viele lange Bälle, schlampige Abspiele: Der FC Bayern zeigt in Hoffenheim eine holprige Leistung, gewinnt am Ende dennoch 2:1. Mandzukic und Müller erzielen die Tore. Die bittere Erkenntnis für die Konkurrenten: Guardiolas Bayern haben sogar Dusel-Auftritte im Repertoire.

Von Matthias Schmid

Am Ende des Monats würde Ernst Happel seinen 88. Geburtstag feiern. Der Name des Österreichers begegnet einem in diesen Tagen häufiger. Unter ihm als Trainer gelang dem Hamburger SV zwischen Sommer 1982 und Sommer 1983 eine bemerkenswerte Serie in der Fußball-Bundesliga. 36 Mal traten sie damals in der höchsten deutschen Liga an, 36 Mal verließen sie den Rasen nicht als Verlierer.

Es gab nur wenige Mannschaften, die diesem Rekord seither nahe gekommen wären, der FC Bayern hat ihn jetzt eingestellt - mit dem 2:1-Sieg bei 1899 Hoffenheim durch Tore von Mario Mandzukic (39.) und Thomas Müller (75).

Und Happel hätte Gefallen an den Super-Bayern, wie sie viele angesichts ihrer Erfolge fast ehrfürchtig nennen. Die Hamburger zeigten unter Happel einen ähnlich gepflegten Kombinationsfußball mit reichlich Toren. "Mir ist ein 5:4 lieber als ein 1:0", hat Happel einst gesagt. Perfektionist Pep Guardiola würde es so nie formulieren, der Bayern-Trainer will zwar auch jedes Spiel gewinnen, aber am besten bitteschön ohne Gegentor.

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Ein solches musste er aber in sein Notizbüchlein notieren, als die Münchner plötzlich in Rückstand lagen am Samstagnachmittag. Nach einem Eckball von Kai Herdling ließ Bayern-Torhüter Manuel Neuer den Ball durch seine Handschuhe gleiten. Der Ball lag plötzlich vor dem Hoffenheimer Innenverteidiger Niklas Süle. Der 18-Jährige überlegte nicht lange, sondern drosch den Ball im Fallen über die Line. Die Hoffenheimer führten 1:0.

Und das Tor war nicht einmal überraschend. Die Bayern taten sich unheimlich schwer mit so etwas wie einem geordneten Spielaufbau. Wer die Bayern länger nicht gesehen hatte, der konnte nicht glauben, dass sie in den vergangenen Wochen nicht nur gewonnen, sondern meistens ihre Gegner auch vorgeführt haben.

Vielleicht tut es den Bayern nicht gut, wenn sie mal eine Woche Zeit haben, gemeinsam zu trainieren. In den Tagen vor dem Hoffenheim-Spiel standen nämlich viele Übungseinheiten an der Säbener Straße an. Es gab keine Partie in der Chempions League, die Nationalelf spielte auch nicht. Da war einfach Nichts. Das ist eine neue Erfahrung für die Bayern-Profis, die es gewohnt sind, im Drei-Tages-Rhythmus spielen zu müssen. "Wir haben uns mal körperlich erholen können", sagte Sportdirektor Matthias Sammer vor dem Spiel, um mit einem Lächeln nachzuschieben: "Ob wir es auch mental sind, müssen wir erst noch beweisen."

Als hätte der Sportvorstand hellseherische Fähigkeiten begannen die Bayern so, als hätten sie jeden Abend ein Spiel gehabt. Seltsam gehemmt wirkten sie, der Ball zirkulierte nicht mit der kunstvollen Selbstverständlichkeit der vergangenen Wochen. Es war sogar holprig, was die Bayern zeigten. Viele lange Bälle, schlampige Abspiele - da war wenig Ästhetisches dabei, das Guadiola notieren durfte. "Es war nicht unsere beste Leistung, aber wir haben gewonnen", bekannte der Bayern-Trainer.

Ob es vielleicht daran lag, dass der Spanier Kapitän Philipp Lahm wieder hinten rechts in der Viererkette verteidigen ließ? Für Lahm spielte Javi Martínez im defensiven Mittelfeld. Und auch Mario Götze durfte erstmals von Beginn für Toni Kroos ran. Martínez rannte viel, nur gelang ihm nicht, Struktur und Präzison ins Spiel zu bringen, schon gar nicht Überraschendes.

Es war daher fast bezeichnend, dass der Ausgleich der Münchner das Resultat eines ruhenden Balles war. Franck Ribéry lief an, umspielte die Mauer und traf Mario Mandzukic so geschickt am linken Oberschenkel, dass der Ball die Richtung änderte und schließlich zum 1:1 über die Linie trudelte (39.). "Wir wollten Bayern den Nerv rauben. Und wir haben ihnen tatsächlich das eine oder andere Mal Probleme bereitet", sagte Hoffenheims Trainer Markus Gisdol.

Auch nach dem Wiederanpfiff spielten die Münchner nicht so, als ob sie sich für einen weiteren Bundesligarekord wirklich interessieren würden, obwohl Sammer betont hatte: "Natürlich spielt das eine Rolle, weil das ein wichtiger Bestandteil unserer sportlichen Entwicklung ist. Und die wollen wir nicht einfach herschenken."

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:Götze: "Nicht so prickelnd"

Mit dem Ergebnis ist Nationalspieler Mario Götze zufrieden, mit der Leistung nach dem 2:1-Sieg des FC Bayern in Hoffenheim allerdings nicht. Schalkes Offensivspieler Kevin-Prince Boateng kann nach dem Erfolg bei Hertha BSC die Diskussion um sein Knie nicht verstehen.

Die Stimmen des elften Spieltags

Viel hätte es nicht gefehlt und den Hoffenheimern wäre ein Eintrag in die Annalen der Klubhistorie gelungen. Noch nie hatten sie es geschafft, in der Bundesliga gegen die Bayern zu gewinnen. Ein Bayer schwang sich auf, genau das verändern zu wollen. Kevin Volland, geboren in Marktoberdorf, ausgebildet beim Stadtrivalen 1860 München, spielte mutig und schoss viel aufs Tor, doch Nationaltorhüter Neuer ließ sich nicht ein zweites Mal überrumpeln.

Und die Bayern? Sie machten das, was sie lange Zeit unter Jupp Heynckes und Guardiola gut versteckt hielten, die Fähigkeit nämlich, eine kaum funktionierende Mannschaftsleistung mit einem entscheidenden Tor doch noch erfolgreich zu beenden. Thomas Müller schob nach Zuspiel von Ribéry den Ball im Fallen zum 2:1 (75.) über die Linie, nachdem die Szene im Hoffenheimer Strafraum kurz zuvor eigentlich bereits geklärt schien. Die Super-Bayern haben auch noch die Dusel-Bayern im Repertoire. Für die Konkurrenz ist das eine bittere Erkenntnis.

Würde Ernst Happel noch leben, dann hätte er bestimmt einen guten Wiener Spruch parat, mit viel Schmäh. Ihm blieb es nicht vergönnt auch noch ein 37. Spiel ohne Niederlage zu beenden. Den Bayern wird wohl auch das gelingen. Gegen Augsburg. Im nächsten Heimspiel. Dann haben sie den Rekord für sich alleine. Das ist auch der Anspruch des deutschen Rekordmeisters.

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