FC Bayern besiegt Hannover 96:Ins Achtelfinale bugsiert

Thomas Müller, FC Bayern München

Thomas Müller schießt den FC Bayern ins Pokal-Achtelfinale

(Foto: AFP)

Drei Treffer nach Flanken, ein Abstauber: Im Pokal genügen dem FC Bayern die Fertigkeiten des klassischen Fußballes. Trotz einer zwischenzeitlichen Schwächephase gewinnen die Münchner gegen Hannover 96. Zu verdanken haben sie dies vor allem dem kaum berechenbaren Thomas Müller.

Den Fußball-Profis von Hannover 96 werden diese Wochen im September 2013 lange in Erinnerung bleiben. Zweimal binnen kurzer Zeit durften sie nach München reisen zu den neuen Bayern des neuen Trainers Pep Guardiola. Es war die Zeit, da sie den Rahmen bildeten für jene Tage, in denen sich die Guardiola-Bayern nach Wochen des Raupenstadiums entpuppten.

Die Entwicklung begann vorletzten Samstag mit einem noch recht sachlichen 2:0 gegen Hannover (Teil eins), was Sportdirektor Sammer als leidenschaftslos benörgelte. Das Team steigerte sich gegen ZSKA Moskau dann zu einem berauschenden 3:0 in der Champions League und offenbarte später auswärts beim 4:0 in Schalke seine Schlagkraft: mit flexiblen, unberechenbaren Spielzügen, mit überragendem Fußball.

Begleitet wurde die Serie teils von einer typischen Bayern-Debatte - wie viel darf der Sportdirektor nörgeln? - und teils von der typischen Bayern-Atmosphäre, der Oktoberfeststimmung.

2:0, 3:0, 4:0 - es ging dann aber doch nicht ganz in dieser Art weiter. 4:1 (2:1) gewann Guardiolas Team zwar gegen Hannover (Teil zwei) und zog ins Achtelfinale des DFB-Pokals ein. Doch so grandios, wie das Ergebnis nach zwei Toren von Thomas Müller (17., 64.), Claudio Pizarro (27.) und Franck Ribéry (78.) wirkt, war der Sieg nicht. Die Bayern waren lange souverän, verloren aber zwischendurch eine halbe Stunde lang den Faden, und kamen nach Didier Ya Konans Anschlusstreffer (37.) fast in Bedrängnis.

Torschütze Claudio Pizarro sagte danach: "Wenn wir unsere Chancen nutzen, ist es schwer, uns zu halten. Gegen einen großen Gegner können Nachlässigkeiten wie nach dem 2:0 aber tödlich sein." Den Sieg verdankten die Bayern weniger progressiven Taktik-Ideen als klassischen Rezepten - und dazu einem gut aufgelegten Thomas Müller.

Hannover ist zurzeit Vierter der Bundesliga und einige der Bayern bemerkten vorab respektvoll, dass es durchaus einfachere Gegner in der zweiten Pokalrunde gebe. Guardiola sagte zudem, er wolle dieses "Gefühl kennenlernen", das Gefühl des Pokalendspiels von Berlin, und überhaupt, an diesem Mittwoch gebe es im Pokal nichts zu gewinnen, dafür aber alles zu verlieren. Seine Aufstellung verriet dann aber doch eine gewisse Selbstsicherheit. Lahm und Schweinsteiger bildeten wie gehabt das zentrale Duo, ansonsten vertraute der Trainer auf vielen Positionen Spielern, die eher zur zweiten Reihe zählen. Dafür blieben Offensivkräfte wie Franck Ribéry, Arjen Robben und Mario Mandzukic draußen.

Ganz vorne zog Claudio Pizarro, der bald 35-Jährige, in seinem 46. Pokalspiel seine Kreise, auf den Flügeln liefen Xherdan Shaqiri und Thomas Müller, wobei - Müller lief eigentlich wie üblich fast überall.

Kurzzeitiger Kontrollverlust

Der Angreifer war anfangs mit dem neuen System nicht warm geworden, nur im ersten Pokalspiel der Saison hatte er mal drei Tore geschossen, nun also bekam Müller eine weitere Chance, und dass er in Sachen Vielfalt und Unberechenbarkeit einiges beitragen kann, zeigte die 17. Spielminute: Flanke Shaqiri, Ball im Tor - aber wie? Müller hatte sich irgendwie um Innenverteidiger Marcelo herumgeschlichen und den Ball im Fallen mit halber Oberkörper-Drehung in Richtung Tor bugsiert, dies zwar mit dem Ellenbogen, aber wohl ohne Handspiel, denn der Arm war angelegt. Ein Tor, passend zu Müller.

Weil zuvor schon Shaqiri aus kurzer Distanz treffen hätte müssen, darauf Kroos aus 18 Metern mit strammem Schuss an Torwart Zieler scheiterte und Pizarro nach Flanke von Dante per Kopf auf 2:0 erhöhte, schien dieses Spiel wie von selbst seinen Gang zu gehen, und irgendwann dachten sich das wohl auch die Bayern. Sie lösten ihren Zugriff im Mittelfeld, verloren die Verbindung in den Kombinationen und in der Abwehr die Konzentration.

Erst scheiterte Stindl an Manuel Neuer, dann stand es plötzlich 2:1. Ein verlorener Ball war auf Hannovers linker Seite bei Sebastien Pocognoli gelandet, mit dessen Flanke wussten weder Dante noch van Buyten etwas anzufangen, und auch Contento konnte Adressat Ya Konan nicht aufhalten, der aus sieben Metern volley verwandelte.

Auch in der zweiten Halbzeit dauerte es eine Weile, ehe die Bayern die Partie wieder einigermaßen unter Kontrolle bekamen. Bis dahin gab es kaum Chancen und auch wenig Bewegung im Bayern-Spiel. Wer sich allerdings rührte, waren die auf der Ersatzbank. Ribéry, David Alaba und Robben trabten auf und ab, dann kam Ribéry für Pizarro, und wenig später stand es 3:1.

Shaqiri hatte einen Freistoß in den Fünf-Meter-Raum getreten, wo Müller sein rechtes Bein ganz lang machte, im Fallen natürlich, und den Ball ins linke Eck bugsierte. Diesmal aber stand Müller, der die Position Pizarros übernommen hatte, ganz vorschriftsmäßig da vorne.

Es steckten auch ein paar herausgespielte Torchancen in diesem Spiel, zudem Ribérys Abstauber zum 4:1 (78.) nach Abpraller eines scharfen und trotzdem effetvollen Überraschungsschusses von - wem sonst - Müller, und dennoch: dieser Sieg ließ sich auf drei Treffer nach drei Flanken reduzieren. Die Bayern von Pep Guardiola hatten in den Tagen zuvor ihr Potenzial für die ganz großen internationalen Ziele gezeigt. Zum Einzug ins deutsche Pokal-Achtelfinale genügten ihnen die Fertigkeiten klassischer Fußballer.

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