FC Bayern bei PSG:Geld schießt drei Tore

Paris Saint-Germain v Bayern Muenchen - UEFA Champions League

PSG-Angreifer Neymar im Duell mit Bayerns Thiago (l.) und Joshua Kimmich.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Benedikt Warmbrunn

Robert Lewandowski zog das Trikot hoch, er wollte seine Gefühle verstecken. Kurz zuvor hatte er aufs Tor geschossen, ein letztes Mal an diesem Abend, in der dritten Minute der Nachspielzeit. Getroffen hatte er nicht. Also verbarg Lewandowski seine Gesichtszüge, wischte den Mund ab. Dann war sein Gesicht wieder zu sehen. Gefühle waren da schon keine mehr vorhanden, am Ende dieses Abends, den Lewandowski und seine Mitspieler sich ganz anders vorstellt hatten.

Das Spiel des FC Bayern am Mittwochabend bei Paris Saint Germain sollte ja ein Gefühl dafür geben, wo die Münchner in dieser bisher so wechselhaften Saison stehen. Doch in dieser Frage konnte diese 0:3 (0:2)-Niederlage nicht weiterhelfen. Der FC Bayern war nicht so unterlegen, wie es das Ergebnis andeutet, er war phasenweise sogar besser. Doch er war nicht abgezockt genug, nicht vor dem Tor, erst recht nicht bei gegnerischem Ballbesitz. Und so reichten Paris wenige Angriffe, um zu zeigen, wie verwundbar der FC Bayern gerade ist. Was zusammengenommen dazu führte, dass der FC Bayern doch mit einem eher schlechten Gefühl in die Nacht ging.

Zu Beginn dieses Abends ging es viel um Carlo Ancelotti, und so wird das wohl auch in den nächsten Tagen bleiben. Der Trainer des FC Bayern hatte eine Aufstellung gewählt, die dadurch auffiel, wer alles nicht dabei war: Mats Hummels. Franck Ribéry. Arjen Robben. Sie alle saßen auf der Bank. Jérôme Boateng saß sogar auf der Tribüne. Ancelotti vertraute im Wesentlichen der Elf, die acht Tage zuvor 3:0 auf Schalke gewonnen hatte; es war das beste Saisonspiel des FC Bayern. "Wir wollen die Mitte zu machen", erklärte Sportdirektor Hasan Salihamidzic vor dem Anpfiff.

Es war eine Aufstellung, der ein riskanter Plan zugrunde lag, gegen die schnellen Pariser Flügelspieler. Doch es war ein Plan, der funktionierte. Zumindest eine halbe Stunde lang. Vor dieser halben Stunde lag aber bereits das erste Gegentor. Und danach folgte sofort das zweite.

"Ich habe so aufgestellt, dass wir die Kontrolle haben", sagte Ancelotti nach dem Abpfiff, "ich denke nicht, dass das das Problem war."

Nach 88 Sekunden liegt der FC Bayern zurück

Es waren nicht einmal 90 Sekunden gespielt, als beides das erste Mal zu sehen waren: die Stärken von PSG, die Schwächen des FC Bayern. Neymar dribbelte an der linken Seitenlinie los, mit viel Tempo, an Thiago vorbei, und schon war er in der Mitte, die ja eigentlich zu sein sollte. Neymar spazierte an Corentin Tolisso vorbei, er passte zwischen Javier Martínez und Arturo Vidal hindurch, zum unbewachten Dani Alves. Torhüter Sven Ulreich kam nicht ganz konsequent raus, die Führung für den Gastgeber. Es waren Lücken in der FCB-Defensive, die sich noch häufiger öffnen sollten in den nächsten 88 Minuten.

"Das war fatal", sagte Niklas Süle, der überraschend in der Innenverteidigung beginnen durfte. "Das darf nicht passieren", sagte Joshua Kimmich, "wir müssen uns auf jeden Fall etwas einfallen lassen."

Es hätte nun schnell ein düsterer Abend für den FC Bayern werden können, doch auf einmal ging das, was Ancelotti sich gedacht hatte, auf. Der FC Bayern diktierte das Geschehen, gelassen bereiteten die Gäste ihre Angriffe vor, spielten ruhig nach vorne, meistens über rechts, über Kimmich. Paris verließ sich in dieser Phase auf die eigene Konterstärke, ausspielen konnten sie diese erst einmal nicht. Stattdessen erspielte sich der FC Bayern einige Strafraumszenen. Martínez scheiterte mit einem Volleyschuss an PSG-Torwart Alphonse Areola (19.), so wie Robert Lewandowski mit einem Kopfball (22.). Nach einer Flanke von Lewandowski verfehlte David Alaba den Ball um wenige Zentimeter (26.), Lewandowski schoss erneut auf Areola (31.).

"Wir haben es nicht geschafft, die Lücken adäquat zu nutzen", sagte Thomas Müller.

Paris hatte in dieser halben Stunde ein paarmal gekontert, einmal sah es gefährlich aus, dann versprang Neymar der Ball; dieses Mal kam Ulreich konsequent heraus (22.). Doch die Konter häuften sich, und sie wurden schneller, direkter ausgespielt. Meistens über den superschnellen Kylian Mbappé. Wie in der 31. Minute.

Der FC Bayern war in der Rückwärtsbewegung wieder arg behäbig. Ein schneller Pass zum superschnellen Mbappé, eine Körperdrehung, und schon sah Mbappé in der Mitte, die wieder nicht zugemacht war, Edinson Cavani. Der schlenzte den Ball von der Strafraumgrenze aufs Tor, diesmal sah Ulreich noch unglücklicher aus, das 2:0.

Bis zur Pause hätte Paris noch erhöhen können. Erst wehrte Ulreich mit dem Fuß einen Schuss von Cavani ab (37.), dann rutschte Thiago gerade noch vor Neymar in eine Flanke hinein (38.). Nach der Pause reagierte Ancelotti, er wechselte. Es kamen aber nicht Ribéry und Robben. Es kamen Kingsley Coman und Sebastian Rudy.

Der FC Bayern hatte mit dieser leicht modifizierten Elf weiterhin mehr Ballbesitz, sie flankten oft, sie hatten eine Ecke nach der anderen, am Ende lautete das Eckballverhältnis 18:1 für die Gäste. Wirklich gefährliche Torchancen hatten sie jedoch kaum noch. Die beste hatte Javi Martínez nach einer Ecke, Thiago Silva klärte kurz vor der Torlinie (50.).

Und Paris konterte.

Dem Gastgeber fehlte dabei vorübergehend die Präzision; Neymar verfehlte das Tor zweimal (50., 54.). Dann dribbelte Mbappé superschnell in den Strafraum hinein (genau: in die Mitte), er hatte viel Platz, er veräppelte Alaba, er schoss ungenau, der Ball prallte von Martínez' Schienbeinschonern ab, und dann war da Neymar, das 3:0 (63.). "Die Balance hat gefehlt", sagte Ancelotti, aber das hat der Trainer schon häufiger in dieser Saison gesagt. Geändert hat sich wenig. Der FC Bayern hatte am Ende wieder häufiger den Ball, er schoss manchmal aufs Tor, als Letzter Lewandowski. Dann wollte dieser sich nur noch verstecken.

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