FC Bayern: Arturo Vidal:"Die Angebote werden täglich höher"

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Bayer Leverkusen verspürt wenig Lust, Mittelfeldrenner Arturo Vidal zum FC Bayern ziehen zu lassen. Einen Wechsel innerhalb der Bundesliga schließt Bayer-Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser weiterhin aus - zumal Vidals Fernziel ohnehin Spanien oder Italien lautet.

Philipp Selldorf

Während seine Kollegen ihre letzte Urlaubswoche genießen, befindet sich Arturo Vidal bei der Arbeit. Mit Chiles Nationalelf bereitet er sich im Trainingslager in Santiago auf die in Kürze beginnende Copa America vor, am Wochenende trug er beim 6:0-Testsieg gegen ein Jugendteam seines alten Klubs Colo Colo ein Tor bei, und wenn er auch viele tausend Kilometer entfernt ist, so sind die Gedanken seiner Arbeitgeber in Leverkusen doch stets bei ihm.

Energisch, erfolgreich: Arturo Vidal. (Foto: REUTERS)

Vidals Zukunft ist bei Bayer 04 das führende Thema der Sommerpause. Gern würde man beim Bundesligazweiten behaupten, die ständigen Spekulationen um den 24-Jährigen seien das Ergebnis der akuten Nachrichtenarmut, doch das wäre unsinnig. "Die Angebote für Arturo werden täglich höher", verlautet aus der Geschäftsstelle. Darüber ist man nicht glücklich - man fühlt sich bedrängt.

Leverkusen braucht Vidal nicht zu verkaufen, der Klub benötigt keine Extraeinnahmen, aber die Dynamik des Falls setzt die Handelnden unter Druck. Zwar hatte Hauptgeschäftsführer Wolfgang Holzhäuser bereits mehrmals mit Entschiedenheit geäußert, den Mittelfeldspieler keinesfalls aus dem bis Juli 2012 laufenden Vertrag freigeben zu wollen, schon gar nicht an den erklärtermaßen interessierten und wie üblich höchst selbstbewussten Konkurrenten FC Bayern.

"Den Anruf können sie sich sparen", hat Holzhäuser am Dienstag auf Befragen versichert und hinzugefügt: "Er wird nicht innerhalb Deutschlands wechseln." Doch die Hintertür für den Ausweg aus dieser Garantieerklärung ist nicht fern, Holzhäuser erwähnt die betriebswirtschaftlich bedingte "Schmerzgrenze", und zumindest inoffiziell ist auch die Rede davon, dass man im ärgsten Notfall auch eine Transferentschädigung aus München entgegennehmen würde.

Dann wäre der Wechsel allerdings "besonders schmerzensgeldpflichtig", heißt es. Was sogar die reichen Münchner abschrecken könnte.

Bisher folgten die Handelsbeziehungen zwischen dem westdeutschen Werksklub und der bayrischen Weltmacht einem ziemlich einseitigen Verfahren. Bayer bildete die Spieler heran, die Bayern nahmen sie dann zur höheren Verwendung in ihre Obhut. So kamen Lúcio und Michael Ballack, Zé Roberto und Robert Kovac in den Süden.

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Der Austausch von Toni Kroos variierte und ergänzte das gängige Muster ebenso wie der Wechsel des Trainers Jupp Heynckes, der sich bei Bayer für die dritte Amtszeit in München empfahl. Nun haben die Leverkusener jedoch keine Lust mehr, ihr wertvollstes sportliches Kapital in Demut weiterzureichen. Dieser in München immer noch etwas unterschätzte Widerstandsgeist beruht vor allem auf den Erfahrungen der vorigen Saison, als Bayer bis zuletzt auf die großen Bayern hat herabschauen dürfen.

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Es hat aber auch mit den Aussichten auf die kommende Spielzeit zu tun. Nach herrschender Expertenmeinung dürften die Münchner in der Liga nicht allzu viele Titelkonkurrenten haben, Bayer 04 besitzt außer Borussia Dortmund noch das größte Zutrauen des Publikums.

Vidal ist einer jener Spieler im jugendlich geprägten Leverkusener Kader, die höhere Ambitionen rechtfertigen. Manager Michael Reschke hat ihn neulich einen "Tabellenspieler" genannt: "Er kann dafür sorgen, dass wir Dritter statt Fünfter werden." Außer durch seinen extremen Aktionsradius fällt Vidal durch eine effektive Balleroberung auf, die jeden Gegner enerviert. Obwohl sein Spiel also besonders aufreibend ist, hatte er im vorigen Jahr teamintern die beste Bilanz aus Treffern und Torvorlagen.

Das ist allerdings nicht nur Trainer Heynckes und dessen neuem Arbeitgeber in München aufgefallen. "Der Andrang, der sich ankündigt, ist mächtig", heißt es. Aus dem wachsenden Kreis der Bewerber schöpft Bayer auch etwas Hoffnung, den kleinen Chilenen zumindest für die kommende Saison halten zu können. Vidals erklärtes Traumziel liegt nämlich nicht in Oberbayern, sondern in Spanien oder Italien.

Ablösefrei im Sommer 2012 zum Beispiel zum FC Barcelona zu wechseln, das wäre eine Perspektive, mit der Bayer den ehrgeizigen Mittelfeldrenner locken könnte. Auch wenn Holzhäuser unter Punkt zwei auflistet: "Wir wollen mit ihm verlängern." Punkt eins lautet übrigens: "Die Bayern werden ihn nicht bekommen."

Anmerkung: In der Bild-Zeitung sagt Arturo Vidal: "Ich will nach München. Jetzt. Ich möchte unbedingt, dass sich die Vereine einigen. Man muss es mir nachsehen, dass ich diese einmalige Chance nutzen möchte. Einer der besten Vereine der Welt will mich verpflichten. Ich habe alles für Leverkusen gegeben, möchte nicht im Streit gehen."

© SZ vom 15.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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