FC Bayern:Ancelotti interessiert nur die Rückrunde

Abflug FC Bayern München

Definiert seine Klubs offenbar als Rückrunden-Vereine: Bayern-Trainer Carlo Ancelotti.

(Foto: dpa)

Das ist einerseits eine Kampfansage an die Konkurrenz in der Bundesliga - andererseits aber auch ein Problem für den FC Bayern.

Kommentar von Christof Kneer

Es klingt wie eine Drohung für Arturo Vidal, Douglas Costa und Kingsley Coman und übrigens auch für Carlo Ancelotti. In der Kabine müsse künftig wieder Deutsch gesprochen werden, hat Uli Hoeneß soeben verfügt, das müsse "eine Vorschrift" werden, wer ihr zuwiderhandle, müsse "eben zahlen".

Zum Bedrohungspotenzial dieser Sätze muss man nun aber anmerken, dass Vidal, Costa und Coman inzwischen Tarifgruppen angehören, in denen sich eine kleine Strafgebühr unter Umständen verkraften lässt. Und vermutlich wird es so weit sowieso nicht kommen: Kritiker spötteln ja, dass man für Ancelottis taktische Anweisungen eh nicht so viel Sprache brauche. Diese Kritiker gibt es übrigens auch innerhalb des FC Bayern.

Es ist eine ungewöhnliche Geschichte, die sich beim FC Bayern gerade ereignet. Aus Erfahrung sind die Verantwortlichen eines Fußballklubs ja darauf eingestellt, dass es genau so nicht kommt, wie sie es geplant haben; umso irritierender, dass sich Bayerns neuer Trainer nun als exakt jener Mann herausstellt, den sie erwartet haben. Auf fast schon verstörende Weise bestätigt Ancelotti alle (Vor-)Urteile: Er ist ein gelassener Typ, der Kaugummis und seine linke Augenbraue in einem vermutlich exakt aufeinander abgestimmten Rhythmus bewegen kann; dem es wurscht ist, wenn die Spieler ein anderes Spielsystem fordern, na und, dann kriegen sie es halt; und dem es zumindest auch ein bisschen wurscht ist, wenn seine Elf in der Vorrunde 1:1 gegen Köln oder 2:2 gegen Frankfurt spielt.

Ancelotti will Spiele vor allem dann gewinnen, wenn es ernst wird

"Es ist erlaubt, Fehler im ersten Teil der Saison zu machen. Aber du darfst keine Fehler im zweiten Teil der Saison machen": Das hat Ancelotti nun zum Auftakt des Trainingslagers in Katar gesagt, es war sein Glaubensbekenntnis in zwei Sätzen. In spektakulärer Selbstverständlichkeit räumt dieser Trainer ein, dass ihn die Vorrunde nur interessiert, weil sie anscheinend vom Regelwerk vorgesehen ist und eine Nicht-Teilnahme vermutlich mit einem höheren Bußgeld bestraft würde als ein Kabinengespräch auf Spanisch.

Zumindest in dieser Hinsicht passt dieser Coach ideal zu diesem Klub, in dessen Geschichte dieses Muster auffällt: dass nach stressigen und stressenden Trainern wie Trapattoni, Magath, Klinsmann, van Gaal und Guardiola mal eben ein netter älterer Herr namens Hitzfeld oder Heynckes ums Eck biegt - und Spiele dann gewinnt, wenn es ernst wird, im April, Mai oder Juni.

Ancelottis öffentliches Glaubensbekenntnis darf nun als zweite Kampfansage seiner Bayern-Zeit gelten, die erste war die Körperspannung seiner Elf beim 3:0 gegen Leipzig. Es ist Ancelottis gutes Recht, seine Vereine als Rückrunden-Vereine zu definieren, das ist das, was er kann. Die Aufgabe seiner Vorgesetzten ist es aber, über die Rückrunde hinaus zu denken. Sie wissen jetzt, dass Ancelotti diese überreife Elf nicht weiterentwickeln und zukunftsfähig ausbauen wird, erst recht im Duett mit dem beförderten Assistenten Hermann Gerland, der für vieles steht, nicht aber für die Zukunft.

Der FC Bayern braucht schon jetzt zukunftstaugliche Spielertransfers, das ist das eine. Und irgendwann braucht er wohl auch wieder einen jener etwas anstrengenderen Trainer, die zurzeit in Dortmund oder Hoffenheim trainieren.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: