FC Bayern:Abend der Vernachlässigten

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Der FC Bayern konzentriert sich beim 5:0 gegen Bremen ganz darauf, die eigenen Befindlichkeiten zu pflegen.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Es war ein Abend der kleinen Gesten, es gab Lob, es gab Belohnungen, es gab sogar ein paar kleine ansehnliche Fußballmomente, doch die größte kleine Geste gab es für Mario Götze. 54 Minuten waren gespielt, Götze hatte in allen 54 Minuten mitgespielt, nun lief er zur Ersatzbank. Doch er kam nicht weit. Plötzlich stellte sich ihm Pep Guardiola in den Weg. Der Trainer des FC Bayern hat zu seinem Spieler nicht das leichteste Verhältnis, manchmal weiß er nicht so recht, wohin mit diesem Götze, nun aber wusste er es ganz genau. An seine Brust musste dieser Götze. Und Götze ließ sich brav umarmen, so, als ob ihm diese überraschende Zuneigung überhaupt nicht unangenehm sei.

Eine der ersten kleinen Gesten am Samstagabend war es ja, dass Guardiola Götze überhaupt spielen ließ; zuletzt schaute der Offensivspieler fünfmal nacheinander 90 Minuten lang nur zu. In dieser Bundes- liga-Partie gegen Werder Bremen, die ihre Spannung allein dadurch gewann, dass sie die letzte Partie vor dem Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League am Mittwoch gegen Juventus Turin war, setzte sich Guardiola allerdings ein für die zuletzt Vernachlässigten. Und es gehört auch zur Geschichte dieses Abends, dass der FC Bayern Spiele wie dieses 5:0 (2:0) gegen Bremen zurzeit dazu nutzen kann, um in erster Linie die Befindlichkeiten des eigenen Kaders zu pflegen.

Neben Götze standen Medhi Benatia, Thiago Alcántara, Kingsley Coman und Franck Ribéry wieder mal in der Startelf, später kamen noch die zuletzt ebenfalls regelmäßig übergangenen Rafinha und Sebastian Rode hinzu. Rode hatte in der Liga zuletzt im September länger als eine halbe Stunde gespielt; gegen Bremen spielte er in den 36 Minuten, in denen Götze nicht mehr spielte. Für Rode war es eine Belohnung dafür, dass er sich so klaglos fügt in seine derzeitige Rolle als Bankauffüller. Umgekehrt wurde Robert Lewandowski erst spät eingewechselt, Arturo Vidal, Douglas Costa und Juan Bernat konnten sich 90 Minuten lang erholen, Joshua Kimmich immerhin die letzten 22, und Arjen Robben gehörte nicht einmal zum Kader. Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass Guardiola seine Elf kräftig durcheinander rotiert. Doch gegen Bremen funktionierte dieses Wechselspiel so gut wie schon seit Wochen nicht mehr.

Als ernsthafter Test vor diesem Abend der großen Geste gegen Turin taugte die Partie gegen Bremen zwar nur bedingt; die Gäste gaben sich allenfalls Mühe, nicht allzu sehr damit aufzufallen, dass sie sich nicht sonderlich Mühe gaben. Aber sie stellten sich tief vor das eigene Tor, und das war zumindest eine taktische Ausrichtung, die sie beim FC Bayern auch am Mittwoch von Juventus erwarten. "Es ist das Schwierigste im Fußball, zehn Spieler zu attackieren und dabei keine Konter zuzulassen", erklärte Guardiola. Dass er so gelassen über das Schwierigste sprach, lag auch daran, dass es gerade die zuletzt Übergangenen waren, die dem Spiel gegen Bremen eine gewisse Leichtigkeit gaben. Thiago, zuletzt kaum der Ideengeber vergangener Jahre, traf zweimal (9., 90.). Kingsley Coman rannte auf der rechten Seite mit seinen Fünf-Meter-Schritten durch die Lücken der Bremer Defensive, er bereitete die Tore von Thiago sowie das 2:0 von Thomas Müller vor (31.). Vor Müllers Treffer zum 3:0 scheiterte Ribéry mit einem Volley-Kunstschuss erst an Werder-Torwart Felix Wiedwald, Müller musste nur noch abstauben (65.). "Das war ein bisschen Spaß für uns", sagte Ribéry; das 4:0 erzielte Lewandowski nach einem schwächlichen, verunglückten Rückpass von Bremens Verteidiger Alejandro Gálvez (86.).

Auch Götze hatte an diesem Abend seine Momente, schon vor dieser aufgezwungenen Umarmung. Immer wieder sprintete er über mehrere Meter nach vorne. Oft allerdings bekam er dann doch nicht den Ball. In seinen 54 Minuten war er 7,6 Kilometer gelaufen, für ihn, der sich gelegentlich dem Vorwurf der Pomadigkeit ausgesetzt sieht, war das eine beachtliche Statistik. Guardiola lobte, dass Götze immer richtig laufe, er bezeichnete ihn sogar als einen "speziellen Spieler, weil er den anderen hilft, an den Ball zu kommen", und in dieser Hinsicht hilft er ja tatsächlich schon, wenn er irgendwohin rennt und dann doch ein anderer angespielt wird. Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge dagegen sah diese 54 Minuten nur als einen Anfang, er erinnerte daran, dass Götze "mit einem großen Namen verpflichtet wurde" und verband dies mit einer Anregung: "Es wäre schön, wenn Mario in den zwei Monaten, die jetzt wichtig sind, Bedeutendes dazu beiträgt, dass wir am Ende hoffentlich die eine oder andere Silberware auf dem Tisch stehen haben." Wobei die Größe dieses Beitrags bedeutend davon abhängt, ob Guardiola auch in der Champions League weiß, wohin mit diesem Götze.

Denn vermutlich werden es dann doch wieder andere sein, die ein bisschen Spaß haben dürfen.

© SZ vom 14.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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