FC Barcelona:Die heiligen Kühe resignieren

FC Barcelona: Blass wie ihre Trikots: Barça-Stürmer Lionel Messi (vorne) Luis Suárez nach dem Ende in Rom.

Blass wie ihre Trikots: Barça-Stürmer Lionel Messi (vorne) Luis Suárez nach dem Ende in Rom.

(Foto: Filippo Monteforte/AFP)

Barça scheitert wieder an der Abhängigkeit von Lionel Messi. 330 Millionen Euro für Zugänge scheinen zu wenig zu sein.

Von Javier Cáceres, Madrid

Der fußballerische Katalanismus hat schon bessere Tage als den Dienstag erlebt. Das "symbolische unbewaffnete Heer Kataloniens", wie der FC Barcelona seit den Zeiten des Schriftstellers Manuel Vázquez Montalbán auch genannt wird, ist im Viertelfinale der Champions League krachend am AS Rom gescheitert. Auch der aktuell prominenteste Botschafter der katalanischen Causa, der Fußballtrainer Pep Guardiola, schied mit Manchester City aus der Königsklasse aus. Wenn man sich vor Augen führt, dass Guardiola beharrlich mit einem gelben Schleifchen am Revers an die von Madrid inhaftierten Separatisten erinnert, versteht man die subtile Botschaft besser, die Marca am Mittwoch sendete: "In Europa total gescheitert", schrieb das Sportblatt zu Fotos von Barça und Pep, in schwarzen Lettern auf - so ein Zufall aber auch - gelbem Grund. Der Fußball und Barça waren oft der Quell der Freude der Katalanisten, nun sind sie also abgelöst: von jenem Richter aus Neumünster, der am Ende der vergangenen Woche den von Madrid gesuchten, früheren Präsidenten Kataloniens, Carles Puigdemont, unter Auflagen auf freien Fuß setzte.

Von 17 Toren in der Champions League schoss Messi sieben

Womit wir wieder bei der Champions League wären. Denn sie ist, wie die hohe See oder eben ein Gericht, ein Ort, wo man in Gottes Hand ist. Zumindest gilt das für den FC Barcelona, der so sehr in der Hand des gottähnlich verehrten Lionel Messi ist, dass man in der katalanischen Hauptstadt verstärkt von messidependencia spricht. 17 Tore schoss Barça in der laufenden Champions League; Messi erzielte davon sieben Treffer. Fünf weitere waren Eigentore gegnerischer Teams, die restlichen fünf Treffer gingen auf das Konto von fünf verschiedenen Spielern. Eine solche Abhängigkeit ist schlecht, denn auch für Lionel Messi ist es nicht so einfach, jeden Tag Messias zu sein, und wenn er nicht erscheint, leidet Barça, wie empirisch zu beweisen ist. Mag Barça wie in diesem Jahr auch 330 Millionen Euro für Zugänge ausgegeben haben, ein Gesetz bleibt bestehen: Immer dann, wenn Messi in einer europäischen K.-o.-Runde nicht trifft, fliegt Barça raus: 2007 gegen Liverpool, 2010 gegen Inter Mailand, 2012 gegen den FC Chelsea, 2013 gegen den FC Bayern, 2014 und 2016 jeweils gegen Atlético Madrid, 2017 gegen Juventus Turin, nun also gegen AS Rom. Seit 2015, dem einzigen Champions-League-Sieg Messis in den vergangenen sieben Jahren, ist Barça stets im Viertelfinale gescheitert, und das provoziert: Resignation.

"Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass diese Niederlage nützen könnte; letztes Jahr ist uns etwas Ähnliches passiert", sagte der Mittelfeldlenker Sergi Busquets. Damit nicht genug: Dass man in Rom den 4:1-Vorsprung aus dem Hinspiel ins Klo spülte, verlieh der Pleite eine historische Dimension, sie reicht an die erschütternde Finalniederlage im Landesmeisterpokal gegen Steaua Bukarest von 1986 heran. "An diese Peinlichkeit wird man sich noch lange erinnern", schrieb die Zeitung Sport, die das Synonym-Lexikon plünderte, um Begrifflichkeiten wie "Scheitern" in immer neue Worte zu kleiden.

Die Fallhöhe war ja auch immens: Bis zum Dienstag träumte die Stadt vom "Triple". Nun sind die Titel, die Barça noch erringen kann (den Pokal im Finale gegen Sevilla) oder gewinnen wird (die Meisterschaft ist Barça kaum mehr zu nehmen), nichts mehr wert. "Da müssen wir jetzt durch", sagte der Coach Ernesto Valverde. Ihm wird vorgeworfen, das Team "defensiv und feige" (La Vanguardia) eingestellt und überhaupt zu spät reagiert zu haben. Mit dem ersten Wechsel (Gomes für Kapitän Andrés Iniesta) wartete er bis zur 80. Minute, wenig später traf Kostas Manolas zum 3:0. Zuvor hatten Edin Dzeko (6.) und Daniele De Rossi (58.) für das zwischenzeitliche 2:0 gesorgt.

Dass sich etwas ändern musste, war Barças heiligen Kühen zur Halbzeit klar. Iniesta raunte im Kabinentunnel einem Mitspieler zu: "Wenn wir so weitermachen, verlieren wir die Runde." Dass sich seine Ahnung bestätigte, schmerzte ihn doppelt. Iniesta sagte, dass "dies mein letztes Champions-League-Spiel gewesen sein könnte" - es war der bisher deutlichste Hinweis darauf, dass er Barça am Saisonende möglicherweise verlässt.

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